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Der Vampir

Der Vampir

Titel: Der Vampir
Autoren: Carter Brown
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ERSTES KAPITEL
     
    D ie Nacht lag lauernd über der
kümmerlichen Landschaft wie ein riesiger Raubvogel. Die Burg bildete eine
finstere Silhouette gegen den von Blitzen durchzuckten Hintergrund des
dunkelbewölkten Himmels. Nur ein schwaches Licht schien von dem obersten
Dachfenster herab, wo Lady Cynthia ihre einsame, schreckensvolle Nachtwache
hielt. Bei näherer Betrachtung entpuppte sich Lady Cynthia als eine
ausgeblichene Blondine in einem halb durchsichtigen weißen Gewand, das gerade
nicht ganz den Anblick ihres Körpers von den Schultern bis zu den Füßen
enthüllte, was ihren plumpen Brüsten entschieden zum Vorteil gereichte. Der
schwache Laut flatternder Flügel war zu hören, und Lady Cynthia fuhr heftig
zusammen und schien dann vom offenen Fenster förmlich angezogen zu werden,
während aus ihren von Mascara umgebenen Augen das schiere Entsetzen funkelte.
Als das Geräusch lauter wurde, krampften sich ihre Hände um ihre Brust (die
linke), und sie rollte hilflos die Augen. Der Schatten einer gigantischen
Fledermaus lauerte draußen vor dem Fenster, und dann löschte ein blendender
Blitz für ein paar Sekunden alle Einzelheiten aus; und als man wieder etwas
sehen konnte, war die Fledermaus verschwunden. Stattdessen stand ein
dunkelhaariger Mann mit bleichem Gesicht in einem langen schwarzen Umhang da.
    »Du !« keuchte Lady Cynthia und wich drei Schritte zurück.
    »Meine Geliebte !« sagte der Mann mit tiefer, hohl klingender Stimme.
»Selbst aus dem Grab habe ich deinen Ruf gehört. Komm !« Er trat einen Schritt auf sie zu, die Arme weit ausgebreitet. »Noch eine letzte
Umarmung, und wir werden für alle Zeiten vereint sein !«
    »Nein, nein!« Ihre Augen
rollten, während sie zu schwanken begann. »Lieber möchte ich sterben !«
    »Komm !« Er rollte seinerseits die Augen und lächelte, wobei er ein einmaliges Wolfsgebiß entblößte. »Einmal und noch einmal werde ich
deinen Hals küssen und...«
    Sie drehte sich, um
wegzulaufen, aber seine Klaue hatte sich bereits in ihre Schulter gekrallt. Mit
dem Mut der Verzweiflung brachte sie noch einen weiteren Schritt zuwege, und es
gab einen plötzlichen reißenden Laut, als sich das weiße Gewand von ihrem
Körper trennte. Der Vampir sah verwirrt drein, während er dastand, das
zerrissene Kleidungsstück in den Klauen, während Lady Cynthia zweimal
stolperte, dann ihr Gleichgewicht wiedererlangte und im Glanz ihres trägerlosen
Büstenhalters und eines gestreiften Strumpfbandhöschens dastand.
    »Du verdammter Lustmolch«,
sagte sie verbittert. »Du bist imstande und vergewaltigst ein Mädchen noch vor
der Kamera .« Ihre rechte Hand ballte sich zur Faust
und holte aus, aber der Film brach ab, bevor ich die Möglichkeit hatte, zu sehen,
ob sie auch traf.
    Boris Slivka schaltete den Projektor ab und knipste die Lichter des kleinen Vorführungsraums
an.
    »Sehen Sie, Towarischtsch ?« Seine Stimme klang noch trauriger als zuvor. »Was haben
wir uns da aufgeladen ?«
    »Sagen Sie mir eins«, brachte ich
mit erstickter Stimme hervor. » Slivka und Baker — das
Produzenten-Autoren-Team, das große Komödienteam des Fernsehens! Wie, zum
Teufel, kommen wir dazu, unsere Finger in eine Gruselserie zu stecken ?«
    »Ich will es Ihnen erklären«,
brummte Boris. »Wir hatten doch diese großartige Idee mit den wilden
Komödienserien. Nicht? In den Fernsehstationen wurden sechs Episoden gesendet,
und Trendex hat die Beliebtheit der Sendung in
Dezimalwerten ausrechnen müssen. Nicht wahr? Sagen Sie mir, Towarischtsch ,
was das für den Auftraggeber bedeutet ?«
    »Okay, es ist ihm also in die
Glieder gefahren«, knurrte ich. »Aber ich begreife nach wie vor nicht...«
    »Ich werde Ihnen noch etwas
sagen«, beharrte er. »In unserer Branche bedeutet das, daß die Namen Slivka und Baker in den Dreck gezogen werden. Dreck?« Er
lachte humorlos. »In der Mülltonne landen wir! Drei Monate lang blickten die
Leute in andere Richtung, wenn sie uns kommen sahen. Und dann fand unsere
furchtlose Agentin Selma Bruton diesen Carlton, der für den internationalen
Verleih eine Gruselserie drehen will, und er hat sogar das Geld dazu. Mehr
noch, er braucht ein Produzenten-Autoren-Team; und er hat kein Wort darüber
gehört, was uns in der letzten Saison zugestoßen ist .«
    »Wer hat dieses hysterische
Machwerk verbrochen, das wir eben gesehen haben ?« fragte ich.
    »Das frühere
Produzenten-Autoren-Team, das für ihn gearbeitet hat, Larry.« Boris grinste
bedächtig. »Deshalb
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