Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Roter Herbst - Kriminalroman

Roter Herbst - Kriminalroman

Titel: Roter Herbst - Kriminalroman
Autoren: Gmeiner-Verlag
Vom Netzwerk:
brauchen können, sind Märtyrer.«
    Schmidt nickte. Baader, Ensslin und Raspe waren tot. Nur die ebenfalls in Stammheim einsitzende Irmgard Möller hatte mit vier Messerstichen in der Herzgegend überlebt.
    Die Nachricht vom Selbstmord der drei Inhaftierten hatte ihn in der Nacht vom 17. auf den 18. Oktober erreicht. Ein konsequentes Ende, hatte er damals gedacht. Er war erleichtert gewesen, doch dann, am 19. Oktober, hatte man die Leiche von Hanns Martin Schleyer gefunden. Seine Entführer hatten ihn erschossen. Als Reaktion auf die Stürmung des Flugzeuges Landshut.
    Im Grunde hatten der Bundeskanzler und die Frauen und Männer seines Stabes bereits zu diesem Zeitpunkt gewusst, dass der Kampf weitergehen würde.
    Unmittelbar nach dem Tod der RAF-Leute wurden Gerüchte laut, dass es dabei nicht mit rechten Dingen zugegangen sei. Es wurde von Isolationsfolter und sogar Mord gesprochen. Wer diese Gerüchte in die Welt gesetzt hatte, war nicht nachzuvollziehen, doch wurde allein damit klar, dass die Auseinandersetzung der RAF mit den Staatsorganen der BRD in eine neue Phase gehen würde.
    Dieser Kampf wurde auch über die Medien ausgetragen. Für die war der RAF-Terror in den Jahren zuvor ein beherrschendes Thema gewesen, was im Übrigen dazu geführt hatte, dass sich die Angst vor neuen Anschlägen in der Bevölkerung stark verbreitet hatte. Die Situation sollte sich in den folgenden Jahren noch deutlich verschärfen. Straßensperren, Personenkontrollen und schwer bewaffnete Polizisten gehörten in immer stärkerem Maße zum Alltagsbild. Innerhalb weniger Jahre hatte sich damit die Atmosphäre in Westdeutschland und West-Berlin in gravierender Weise verändert.
    Für viele aus der linken Szene, aber auch für weite Teile sozialdemokratischer und liberaler Kreise, hatte die Bundesrepublik begonnen, sich in einen hochgerüsteten Polizeistaat zu verwandeln. Ein kalter, blutig roter Herbst war ins Land gezogen, der die Menschen frösteln ließ. Die Aufbruchsstimmung der 60er-Jahre war damit unwiederbringlich vorbei, war Vergangenheit geworden, und …

    … natürlich gab es eine ganze Reihe von Menschen, die mit dieser Entwicklung nicht ganz unzufrieden waren …

    Das Gespräch im Büro des ehemaligen Bundeskanzlers fand zu einem Zeitpunkt statt, der wohl den Höhepunkt einer politischen Entwicklung darstellte und irgendwo, angesiedelt zwischen banalen Anfängen und groteskem Ende, seinen Platz hat.

    Und obwohl es damals wie heute den Anschein hat, als könne man die Grenze zwischen Opfern und Tätern klar ziehen, gibt es doch Zweifel, ob Wahrheit und Lüge ebenso klar voneinander zu scheiden sind.
    Letztlich fehlen die Aussagen der Beteiligten, die genauere Einblicke in die Abläufe von damals geben könnten. Denn was damals galt, gilt noch heute:
    ›Keiner spricht mit Bullen. Kein Wort.‹
    Dieses Schweigegebot hat die Zeit überdauert.

Erstes Buch

    Wahrlich, keiner ist weise,
    Der nicht das Dunkel kennt,
    Das unentrinnbar und leise
    Von allem ihn trennt.

    aus: H. Hesse, Im Nebel

    Vor undenklicher Zeit, so wollen es die Menschen der Gegend wissen, versank im schwarzen Moor ein großes Dorf, weil die Einwohner von ihrem sündhaften Leben nicht ablassen wollten …
    An die Stelle dieses Dorfes trat ein unergründlich tiefer, schwarzer See, der nach und nach bis auf wenige schwarze Löcher von einer dichten Moordecke überzogen wurde.

    In der Tiefe des Moores jedoch ist das Leben noch nicht erstorben; denn wenn die Bewohner des versunkenen Ortes nach ihrer Kirche eilen und reuevoll dort um Erlösung beten, dann braust es im Moore gewaltig, und schwarzes, schlammiges Wasser gärt aus den sogenannten ›Teichen‹ …
    Und in nächtlicher Stunde schweben die Seelen der dort Versunkenen als Irrlichter über dem Moor.

    Ja, und manchmal hören Wanderer, die am Rande des Moores lauschen, die Glocken der Dorfkirche läuten und den Dorfhahn aus der Tiefe krähen …

    Volkskundliche Überlieferung

1
    Sein Blick ging in die unendliche Weite, die sich vor ihm erstreckte. Langsam und ohne Eile ließ er ihn zum Horizont schweifen, bemüht, die Grenze zu erahnen, die die Erde vom Himmel schied. Wo begann der Himmel, dachte er. Wo hörte die Erde auf? Er blinzelte ein bisschen, kniff die Augen zusammen. Wo fing die Hoffnung an? Ob es diese unerschütterliche Grenze zwischen Zeit und Ewigkeit überhaupt gab? Wo war sie denn nur, diese Grenze. Wieder strengte er seine Augen an. Dort in der Ferne vielleicht, irgendwo
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher