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Rosentraeume

Titel: Rosentraeume
Autoren: Virgina Henley
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gehofft, eine Illustration der Legende von St. Georg und dem Drachen, die sie sorgfältig aufgeschrieben hatte, zu Ende malen zu können. Resigniert seufzend folgte sie Dame Marjorie, die mit kerzengeradem Rücken auf ihre eigene Wohnung hinter den Zellen der Mönche zustrebte.
    Joan von Kent trippelte voller Schuldgefühl ihrer Freundin nach. Sie sah, wie Brianna das Drachennest betrat, und wußte, daß sie ihren ganzen Mut zusammennehmen mußte, um einzuschreiten. Joan reckte sich zu ihrer ganzen Größe von einem Meter dreiundfünfzig und klopfte entschlossen an die Tür. Als sie geöffnet wurde, schob sie sich in das Zimmer. Sie wagte es nicht, Brianna anzusehen, gleich platzte sie heraus: »Dame Marjorie, ich bin schuld an diesem bösen Streich...«
    Das ältliche Fräulein herrschte sofort Brianna an: »Das ist doch wohl die Höhe! Lady Joan von Kent in diese Sache hineinzuziehen ist unverantwortlich.« Sie wandte sich wieder an Joan. »Meine Liebe, zu einer solch noblen Geste kann man Euch nur beglückwünschen. Das ist sicherlich das königliche Blut in Euch, nehme ich an. Aber diesmal wird Lady Bedford die Konsequenzen für ihre verwerflichen Taten persönlich auf sich nehmen müssen.«
    Joan wußte, es hatte keinen Zweck zu streiten. Sie machte alles nur noch schlimmer für Brianna. Als sie sich umwandte, um zu gehen, wurde sie von der Freundin mit einem dankbaren Lächeln belohnt, das ihr das Herz erwärmte.
    Brianna hatte sich in diesem Augenblick dazu durchgerungen, sich von Dame Marjorie nicht unterkriegen zu lassen. Noch ehe sie die Hand ausstreckte, um die Schläge mit dem Birkenstock über sich ergehen zu lassen, würde sie sie herausfordern, von Frau zu Frau. »Dame Marjorie, wir wissen doch beide, daß ich diesen Streich nicht ausgeheckt habe. Prinzessin Isabel hat mich absichtlich falsch beschuldigt, aus reiner Bosheit. Aber da Ihr die königliche Prinzessin nicht bestrafen könnt und Joan von Kent wegen ihres königlichen Blutes nicht gern zur Rechenschaft ziehen wollt, bleibe nur noch ich übrig.« Aus Briannas Augen blitzte spöttisches Lachen. »Wenn Ihr dennoch das Bedürfnis habt, Euren Ärger an mir auszulassen, bitte sehr.« Sie streckte beide Hände aus, und Dame Marjorie wußte sofort, daß Brianna von Bedford sich absolut nichts aus ein paar Schlägen mit einem Birkenstock machte. Die Dame entschied sich für eine hinterlistigere Strafe. Voller Abscheu blickte sie auf die Farbflecke auf Briannas Händen.
    »Der Teufel schafft Arbeit für untätige Hände. Die Flecken an Euren Fingern lassen mich glauben, daß Ihr Eure Zeit töricht verschwendet an nutzlose Unternehmungen. Eure Hände sollten eine Nadel führen. Es ist eine Schande, seine Zeit zu verschwenden, wenn im königlichen Haushalt so viele Gewänder gebraucht werden.«
    Doch in der Tat hatten die Königin und ihre Damen genau das Gegenteil verfügt. Sie hatten Lady Bedford von ihren Nähpflichten befreit, damit sie ihr von Gott gegebenes Talent nutzen konnte. Brianna schwieg klugerweise.
    Die vertrocknete alte Jungfer wurde nur noch wütender, als sie die hohen Brüste und die goldenen Locken des Mädchens betrachtete. »Ich werde der Königin raten, Euch mit einem älteren Mann zu verloben, der Euch mit eiserner Hand überwacht.«
    Briannas Herz sank.
    »Ihr könnt gehen, Bedford.«
    Briannas Stimmung hob sich ein wenig.
    »Geht gleich in die Kapelle und beichtet Eure Sünden Bruder Bartholomew.«
    Nun sank Briannas Herz abermals. Sie würde an der Abendandacht teilnehmen und warten müssen, bis der Gottesdienst zu Ende war, ehe sie beichten konnte.
    Der Tag war schon zu Ende, ehe Brianna schließlich Zuflucht in ihrem Zimmer fand. Mit jedem Schritt, den sie tat, plante sie Rache. Sie würde dem Drachen, den sie malte, das Gesicht von Dame Marjorie verleihen!
    Die Schwester ihrer Mutter, Adele, die sie aus Bedford als ihre Anstandsdame begleitet hatte, öffnete ihr die Tür. Sie sah nicht häßlich aus, aber Briannas Mutter war die Schönheit der Familie gewesen. Adele hatte Sommersprossen und Haar in der Farbe von Stroh. Sie hatte sich damit abgefunden, eine alte Jungfer zu werden, obwohl sie erst neunundzwanzig Jahre zählte. »Oh, mein Lämmchen, wo bist du nur gewesen? Jemand war hier und hat großen Schaden angerichtet, während ich in der königlichen Kinderstube die neugeborene Prinzessin begrüßt habe.«
    Brianna lenkte ihre Blicke sofort zu ihrem Arbeitstisch unter dem bleiverglasten Fenster. Ihre Pergamente waren
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