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Rosentraeume

Titel: Rosentraeume
Autoren: Virgina Henley
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die Röcke und liefen wie ausgelassene Fohlen durch die Gärten von Windsor. Sie waren beide siebzehn Jahre alt, beide Waisen, doch da hörte die Ähnlichkeit zwischen ihnen auch bereits auf. Joan war zierlich, mit silberblondem Haar in der Farbe der Mondstrahlen. Sie unterstrich ihr zartes Aussehen noch dadurch, daß sie Rosa oder andere Pastelltöne trug und Perlen in ihr Haar flocht. Aufgrund ihres unschuldigen Aussehens wurde sie niemals zur Verantwortung gezogen für die Streiche, zu denen sie stets bereit war.
    Brianna war eine Schönheit. Ihre reifen Brüste und der sinnliche Mund sagten jedem Betrachter, daß sie mit ihren siebzehn Jahren an der Schwelle zur Frau stand. Ihr Haar hüllte sie mit seiner goldenen Fülle ein, es fiel in glänzenden Wellen über den Rücken und endete in Hunderten seidiger Löckchen. Ein Blick genügte, und man war sicher, sie würde unumstrittenes Ziel der Begierde werden; eine Frau für einen wahren Mann.
    Die beiden Mädchen hielten in ihrem Lauf inne, als sie die Gruppe der Frauen entdeckten, die sich in dem ummauerten Garten am Brunnen versammelt hatten, wo Dame Marjorie Daw sie an jedem Nachmittag in Etikette unterrichtete. Man würde sie wohl kaum für ihr Zuspätkommen bestrafen, weil auch Prinzessin Isabel noch fehlte. Alle königlichen Mündel waren jetzt anwesend, ihr Alter lag zwischen sieben und siebzehn Jahren.
    Die kleine Blanche von Lancaster saß artig auf ihrem Hocker. Auch wenn sie keine Mutter mehr hatte, so war doch ihr Vater Henry, Graf von Lancaster, der dem Regentschaftsrat Edwards Vorstand, bis dieser die Zügel in die eigenen Hände genommen hatte. Und obwohl Blanche eines Tages das riesige Lancaster Vermögen zufiel, so war sie doch blaß und verkrampft. Ihr Mangel an Vitalität ließ sie beinahe ängstlich erscheinen.
    Die drachengesichtige Frau, deren Augen glühten wie Achate, klopfte ungeduldig mit ihrem Stock auf die Steine, während sie auf Prinzessin Isabel wartete. Es war ein außergewöhnlich warmer Nachmittag, und als Dame Marjorie den schwarzen Umhang abnahm, den sie immer trug, zog Joan erfreut die Augenbrauen hoch und warf ihrer Freundin Brianna einen bedeutungsvollen Blick zu, dann schob sie sich ganz langsam zu der Stelle, wo das gute Stück lag.
    Isabel und ihr Gefolge trafen endlich ein, ihr gieriger kleiner Mops folgte ihr kläffend. Sie verteilten sich um den Brunnen herum, während das fette Hündchen die Nähe des Drachens mied und sich statt dessen auf Joans rosafarbenen Rock legte, der stoffreich um seine Trägerin bauschte.
    »Arschkriecher«, flüsterte Joan Elizabeth Grey zu, der besten Freundin von Prinzessin Isabel.
    Das Drachengesicht blickte streng in die Richtung des Geflüsters. Ihre scharfen Augen glitten von der engelsgleichen Joan zu Brianna, die sie tadelnd musterte. Die Birkenrute knallte durch die Luft wie eine Peitsche. Vor Schreck verlor der kleine Hund ein Stück Kot, das um ein Haar auf Joans Rock gelandet wäre. Brianna senkte den Blick, um nicht in lautes Lachen auszubrechen.
    »Meine Damen, ich ermahne euch alle, höflich und demütig zu sein.« Drachengesicht sah Joan und Blanche Zustimmung heischend an. »Eine junge Dame blickt vor sich, mit niedergeschlagenem Blick. Jede von euch befindet sich im Status der Unmündigkeit, bis ihr heiratet. Alle Autorität geht von eurem Herrn aus, und die Pflicht eines Weibes ist es, in Demut und Gehorsam seinem Wort zu lauschen. Unterwerfung ist die beste Art, den Zorn eines Ehemannes zu besänftigen.« Drachengesicht blickte zu Prinzessin Isabel und hoffte, daß einige ihrer Worte auf fruchtbaren Boden fielen. Doch in Wahrheit zweifelte sie ernsthaft daran.
    Joan schüttelte mit schnellen Fingern ein Fläschchen Zitronensaft über den schwarzen Umhang. Sie hatte es für sich besorgt, um die Löckchen an ihren Schläfen zu bleichen; aber sie könnte sich Nachschub holen, aus der Vorratskammer des Schlosses.
    Drachengesicht leierte eintönig weiter: »Es ist die Pflicht einer Ehefrau, Kinder zu gebären und ihre Dienerinnen zu überwachen. Jedoch...« Dame Marjorie hielt inne, um die dramatische Wirkung ihrer nächsten Worte zu verstärken, und stieß dabei mit ihrem Stock auf die Steine. »Ihr werdet nur eine sehr geringe Möglichkeit haben, eine Ehefrau zu werden, wenn ihr es an Anstand mangeln laßt. Ihr müßt zu allen Zeiten euren Körper schicklich bedeckt halten. Niemals dürft ihr zulassen, mit einem Mann allein zu sein, niemals dürft ihr es einem Mann erlauben,
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