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Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition)

Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Thomas Raab
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Alaska und der Schweiß
    Angenommen, der 59-jährige Tierliebhaber Hans-Peter, Konditor seines Zeichens, schwärmt, während er jeden Morgen durchgeschwitzt in weißem Beinkleid und ärmellosem Rippleibchen seine backfrischen Butter-Croissants à 450 Kilokalorien aus dem dampfenden Ofen zieht, von nichts anderem als einem Aktivurlaub im frostigen Norden und seine angetraute Sonnenanbeterin Henriette schenkt ihm zum anstehenden Sechzigsten eine gemeinsame zweiwöchige Hundeschlittentour durch Alaska, dann kann das getrost als Liebe bezeichnet werden.
    Geht es allerdings auf eine Kreuzfahrt in die Südsee, ist es nicht so abwegig, wenn im Hirn des lieben Hans-Peter der Gedanke kein unausgefeilter bleibt, seiner Henni, Großmeisterin der Tiefkühlkost, im Hinblick auf den nahenden Hochzeitstag eine Kompakt-Küchenmaschine zum Schneiden, Raspeln, Reiben, mit Mixaufsatz, Teigknete-Funktion und Emulgierbesen einzupacken.
    Nichts ist vorhersehbar, nicht das Wetter, nicht die Geodynamik und schon gar nicht der Mensch, Letzterer am allerwenigsten. Da kann der eine mit dem anderen ein noch so vertrautes Nahverhältnis pflegen, bleibt doch jeder für sich ein Mysterium, ein Zauberkasten, eine Büchse der Pandora, immer für Überraschungen gut.
    Willibald Adrian Metzger kann ein Lied davon singen:
    »Hände hoch!«, dringt es forsch an sein Ohr, und, nein, es steht weder ein praktischer Arzt zwecks Abhörens vor ihm, ein Schneider zwecks Maßnehmens hinter ihm, noch steht er zwecks Abnehmens in einer Gymnastik-Einheit.
    Geschwitzt wird trotzdem – und so geschwitzt, ohne auch nur einen Finger zu rühren, hat er in seinem bisherigen Dasein überhaupt noch nie.
    »Kidnapping nennt man das!«, quält er sich ein paar Worte über die salzigen Lippen, blickt in den Lauf einer Pistole und versteht es einfach nicht: Wozu um Himmels willen muss ein Waffenträger seinem Opfer auch noch den Gegenstand der Bedrohung in einem Abstand von maximal 20 Zentimetern unter die Nase reiben oder gar auf dieselbe pressen, wenn zur Einschüchterung so ein gezücktes Schießeisen doch absolut reicht.
    In völliger Selbstaufgabe schließt er die Augen, nicht sicher, ob es neben dem Schweiß auch Tränen sind, die seine Wangen benetzen, und geht sie gedanklich noch einmal durch, die Vergangenheit. Eine Vergangenheit, die weit zurückliegt und deren Logik sich ihm erst seit vorgestern zur Gänze erschließt. Die Zukunft ist eben kein Wunschkonzert, und sie kann warten, sie kann sich die größten Gemeinheiten schön in der Hinterhand aufbewahren, jederzeit nach Belieben aus dem Ärmel schütteln und in Hochgeschwindigkeit aus verborgenen Ecken herausschießen lassen wie die Ameisen im Frühling.

Kolumbus und die Currywurst
    Die Ameise: Organisiert, hartnäckig und vor allem höchst effektiv, schleppt sie ein Leben lang ohne Unterlass und Rücksicht auf Verluste Masse weit über ihrem eigenen Körpergewicht von A nach B, dagegen waren die gigantischen Reisebewegungen ägyptischer Gesteinsbrocken das Freizeitvergnügen diverser Heimwerker oder Hobbygärtner. Wozu also aufregen, wenn der Mensch irgendwo weit weg vom Schuss ein paar Löcher in der Wüste, der Erde, dem Meeresgrund oder in Wohnhäusern samt deren Insassen hinterlässt, um es sich anderswo gutgehen zu lassen, oder von irgendwo Sand herbeikarrt, um andernorts ein kleines Badeparadies aufzuschütten. Meine Güte! Was so ein mickriger Sechsfüßler darf, darf ein hochentwickelter Zweibeiner schließlich schon lang.
    So also steht der Polizeibedienstete Josef Krainer gemeinsam mit seinem Kollegen Gerhard Kogler am Südufer des städtischen Baggersees und sieht, wo einst noch Wiese war, seine Schuhe nicht mehr. Weich ist der sich zwischen Leder und Socken schmiegende Sand, deutlich lesbar das Schild: Süßwasser-Fidschi, unübersehbar die vor Josef Krainer ausgehobene Grube.
    Genüsslich beißt er in sein Frühstück und greift zum Telefon:
»So, ich bin jetzt vor Ort, also w…

Wer hier spricht? Josef Krainer spricht hier. Speichern Sie sich endlich meinen Namen ein, verdammt noch mal, am besten unter K wie Kojak oder Kolumbo …

Hab ich Sie jetzt richtig verstanden: Ob ich weiß, wer Amerika entdeckt hat? Sie, Kollege Schulze, waren’s jedenfalls nicht, da bin ich siche…

Aha! Kolumbus schreibt man mit K, Kolumbo mit C. Na wunderbar, danke für die Deutschstunde! Aber was wunder ich mich über jemanden, der hochoffiziell K wie Klugscheißer im Pass stehen hat …

Ich weiß
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