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Rosenfolter

Rosenfolter

Titel: Rosenfolter
Autoren: Friederike Schmöe
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und wirtschaftlich. Nach über fünf Jahren auf Verbrechersuche
und im Personenschutz sehnte sie sich nach etwas Neuem. Etwas Erfrischendem. Nicht,
dass sie ihren Job aufgeben wollte. Aber sie sehnte sich danach, irgendwas auszuprobieren.
Eine Art Selbstlabor. Zudem schien es ihr immer unbefriedigender, zur Miete zu wohnen.
Allein, ohne Hardo. Sie stellte sich vor, eine der Wohnungen, um die sie sich ab
jetzt kümmern würde – sofern sie den Vertrag unterschrieb – an Hardo zu vermieten.
Eine andere würde sie für sich selbst nutzen. Sie wären zusammen, aber mit dem nötigen
Freiraum.
    Hardo selbst fand
die Vorstellung, dass Katinka sich ein Haus mit sechs Mietwohnungen, das noch dazu
dringend hergerichtet werden musste, ans Bein binden wollte, geradezu beängstigend.
Vor allem, da die Noch-Eigentümerin selbst nicht darin wohnte, sondern eine Villa
im Haingebiet ihr Zuhause nannte.
    Beamter! Katinka
atmete tief durch. Stets auf Sicherheit aus. Beständigkeit. Kein Unternehmergeist.
    Ihre Beziehung
zu Hauptkommissar Harduin Uttenreuther, dem Leiter der Bamberger Mordkommission,
war in einem ruhigen Fahrwasser angekommen. In einem ein bisschen zu ruhigen, nach
Katinkas Geschmack. Ihre Liebe hatte einen leichten Grauschleier abbekommen. Es
lag nicht an der Gewohnheit. Es lag am Stillstand.
    Außerdem waren sie viel zu häufig getrennt. Beide hatten sie abnorme Arbeitszeiten,
wenn es hart auf hart kam. Wenigstens hatte Hardo begriffen, dass Katinka nicht
fortwährend in fürchterlicher Gefahr schwebte. Zurzeit befasste sie sich hauptsächlich
mit Wirtschaftsfällen, und die waren im Grunde genommen langweilig. Sie fanden vorwiegend
auf Papier statt, und wenn man die nötigen Beweise zusammentrug und die Delinquenten
damit konfrontierte, gaben sie sofort alles zu. Kein Mumm! Katinka grinste. Sie
stand auf und ging. Was für ein Frühling. Warm, sonnig – das verhieß keinen guten
Sommer. Aber nach dem dreimonatigen Dauergrau mal eine Abwechslung.
    Sie schlenderte
durch die Theatergassen Richtung Schillerplatz, als ihr Handy klingelte. Bernd Wellmann,
der Makler.
    »Frau Palfy? Machen
Sie sich nicht die Mühe, herzukommen.«
    »Bitte, was?«
    »Frau Roose ist
…«
    »Sie sagen mir
jetzt nicht, sie hätte es sich anders überlegt.«
    »Ach, i-wo. Bloß:
Sie kann nicht kommen.«
    »Warum das?« Katinka
überfiel die entsetzliche Vorstellung, Frau Roose, Noch-Eigentümerin ihres Traumobjekts,
sei plötzlich gestorben. Sie war weit über 80 und nicht unbedingt in einem Zustand,
den man als sportlich fit beschreiben könnte.
    »Sie ist gestürzt
und hat sich den Arm oder den Fuß gebrochen. Sie wird gerade im Klinikum behandelt.«
    Den Arm oder den
Fuß – genauer ging es nicht. Katinka hasste unklare Angaben. »Das heißt …«
    »Das heißt, sobald
sie einigermaßen okay ist, machen wir beide uns mit den ganzen Papieren auf ins
Klinikum und erledigen alles dort. Keine Frage.«
    Dem brennt’s aber unter den Nägeln, dachte Katinka. Ratlos legte sie auf.
Knochenbrüche in dem Alter kamen immer mal vor. Sie ging langsam nach Hause, das
sich – noch – in der Herzog-Max-Straße befand. Innenstadtnah auf der Insel zwischen
Regnitz und Kanal. Ihr Beetle stand dort. Sie hatte ihn von einer Freundin geerbt.
Aber es wurde Zeit, dass sie den Wagen abstieß. Er war einfach unpraktisch.
    Einer Eingebung
folgend zückte sie die Autoschlüssel und fuhr zum Klinikum. Fragte nach Linda Roose.
Fuhr mit dem Fahrstuhl, klopfte an die Tür, trat ein.
    Zwei alte Damen
lagen in ihren Betten, und auf den ersten Blick sahen sie beide gleich aus. Dünn,
zerbrechlich, gelb im Gesicht. Sie dämmerten vor sich hin und beachteten Katinka
nicht.
    Ruhiggestellt.
    Frau Roose lag
in dem Bett am Fenster. Katinka zog sich einen Stuhl heran. In ihrem Zustand war
Frau Roose tatsächlich nicht unterschriftsfähig. Allein deshalb, weil ihre rechte
Hand in Gips lag.
    »Misstrauen Sie
Herrn Wellmann?«
    »Wie bitte?« Katinka
blinzelte. War diese dünne Stimme tatsächlich von Frau Roose gekommen?
    »Hätte ja sein
können, dass er das Haus einem anderen unterjubeln will. Bei den Maklern weiß man
nie.« Die alte Dame kicherte leise.
    »Na ja, das mag
ein Gedanke gewesen sein, aber ich wollte vor allem wissen, wie es Ihnen geht!«
    »Wird wieder werden.
Das Handgelenk musste operiert werden. Ich bin müde.«
    »Dann lasse ich
Sie lieber in Ruhe, Frau Roose.«
    »Nein, bleiben
Sie!«
    Katinka musterte
das magere Gesicht der alten Frau, die ein wenig
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