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Rosenfolter

Rosenfolter

Titel: Rosenfolter
Autoren: Friederike Schmöe
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Prolog
     
    Die Schließanlage war ausgeklügelt.
Hochtechnologie, voll elektronisch. Der Zeigefinger im schwarzen Handschuh glitt
von links nach rechts über das Tastenfeld. Zwei von sechs Kontrollleuchten sprangen
auf grün.
    »Jetzt der zweite!«
    »Ja-ha!« Er wusste,
dass das Anwesen durch drei Codes geschützt war und er kannte alle Ziffern. Er hatte
ein unglaubliches Zahlengedächtnis. Wenn ihn allerdings jemand antrieb, reagierte
er gereizt. Seine Hände begannen in den Handschuhen zu schwitzen. Es waren leichte
Handschuhe, beste Qualität, keine Gummiwürste, die seinen Tastsinn blockiert hätten.
Sein linker Zeigefinger tippte die nächste Kombination. Wieder zwei rote Lämpchen
weniger und zwei grüne mehr. Das hier war so simpel.
    Zwar mochte es
neugierige Nachbarn geben. Doch die Villa war von einem Garten umgeben, hohen Buchen,
einer Hecke. Sensationsgeilen Blicken waren Grenzen gesetzt.
    Die letzte Kombination.
Er stemmte seine freie Hand in die Hüfte. Sechs Zahlen. Er hatte von all diesen
Nummern geträumt, sie aufgesagt, unter der Dusche, auf dem Klo, hatte nachts den
Wecker auf drei Uhr gestellt und schlaftrunken die Ziffern heruntergerasselt.
    Der Bewohner war
nicht zu Hause. Das hatten sie 100 Mal überprüft. Er war ein paar Tage in Zürich.
Hatte es geheißen. Was er dort wollte, konnte man sich denken.
    Die letzten beiden
Leuchtdioden sprangen von rot auf grün. Es klickte sanft, beinahe unhörbar. Er schob
die Tür auf. Sie waren drin.
    Eine der beiden
Taschenlampen streikte, und das war ein Fehler, ein Problem, ein böses Omen. Es
war einfach unprofessionell! Hatten sie die Lampen vorher nicht getestet? Beinahe
begannen sie zu streiten, fanden aber dennoch den Raum – zweite Tür rechts von der
Diele aus – und den Safe genau an der beschriebenen Stelle. Sie hebelten ihn mit
brutaler Gewalt aus der Wand und wuchteten ihn auf den Sackkarren. Draußen hörte
er die Hunde kläffen.
    Darüber hatten
sie am längsten gestritten. Wie sie die Köter außer Gefecht setzen würden. Am Ende
tat es ein Ultraschallgerät. Eines, das es auf dem freien Markt nicht zu kaufen
gab.
    Sein schweißnasses Shirt klebte an seinem Rücken fest. Außer einem Loch in
der Wohnzimmerwand – wenigstens vermutete er, dass die minimalistisch eingerichtete
Bude eine Art Wohnzimmer war – hinterließen sie nichts. Keine Fingerabdrücke, keine
Visitenkarten, keine DNA-Spuren. Sie betraten nicht einmal ein anderes Zimmer. Nur
Diele und Wohnzimmer. Neben der Haustür befand sich der Kasten mit dem Computer,
der die Videoüberwachung steuerte. Er brach ihn auf, fand den Reset-Knopf unten
links und drückte. Dann unterbrach er die Stromversorgung.
    Sein Wagen parkte
in der Schützenstraße, sie mussten einmal um die Ecke. Der Sackkarren machte schmatzende
Geräusche auf dem Asphalt, als die Villa längst dunkel hinter ihnen lag. So ein
blödes Grinsen legte sich auf sein Gesicht. Unmöglich zu unterdrücken.
    Er hatte die Schließanlage
zurückgesetzt und aktiviert, nachdem sie das Haus verlassen hatten.
    Finito.
    Er lachte leise,
als sie den Safe ins Auto hievten. Einsteigen, den Zündschlüssel drehen und Gas
geben war eins. Erst jetzt begann sein Herz zu hämmern. Er riss sich die Maske vom
Gesicht.
    »Pass doch auf!«,
kam es vom Beifahrersitz.
    Er hatte tatsächlich
das Steuer ein Stück verrissen.
     
    Eine halbe Stunde später luden sie
in der Nähe von Pommersfelden den Safe aus. Der Kroate brauchte zwei Stunden, bis
er die Kiste offen hatte, und vom Stahl war dann nicht mehr viel übrig.
    500.000 Mäuse!
    Sie konnten die
Provision an die Frau zahlen, die ihnen den Tipp gegeben und den Code verraten hatte.
    Kaum zu glauben,
dass das hier sein erster Bruch überhaupt war. Klar, er hatte das eine oder andere
Ding gedreht. Aber Einbruch war neu auf der Liste. Er konnte stolz sein.
    Zwei Sachen waren
im Safe, mit denen er nichts anfangen konnte. Notizen, handschriftlich, unleserlich.
Dazu Zeichnungen. In einer Metallbox fand er irgendwelche Krümel, die er nicht mal
näher ansah. Er schleuderte die Papiere und die Box in die Mülltonne auf dem Hof
des Kroaten. Im Osten färbte sich der Himmel hellrosa.
    Der Kroate bekam
5.000. Für den Tipp mussten sie 50.000 berappen. Das war fair. Sie hatten 445.000
übrig und teilten. 222.500 für jeden. Ein derart irres Geschäft hatte er noch nie
gemacht.
    Die Welt bekam
ein neues Gesicht.
    Selbst wenn er
seine latenten Probleme mit einem Mal aus der Welt schaffte, hatte er locker
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