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'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)

'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)

Titel: 'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)
Autoren: Michael Linnemann
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diesem Moment, als er von ihr wissen wollte: „Konntest du den Schützen sehen?“
    „Leider nicht. Dabei habe ich meinen Garten sorgfältig von hier aus kontrolliert. Und als ich schließlich draußen war, muss der Kerl schon über alle Berge gewesen sein. Allerdings bin ich mir gar nicht so sicher, ob es sich wirklich nur um einen einzigen Täter handelt.“
    Thomas nickte bedrückt, ehe er wieder auf das Mädchen hinabblickte. Nach kurzer Zeit grübelte er: „Warum wurden ihr die Ohren abgeschnitten? Was hat es damit auf sich? Soll dieser Akt eine Art Bestrafung darstellen? Hat sie etwas gehört, das sie nicht hätte hören sollen?“
    Nora konnte seine Fragen nicht beantworten. Sie konnte sich partout keinen Reim auf diese Täterhandlung bilden. Während sie mit den Schultern zuckte, sah sie im Augenwinkel einen fettleibigen Kriminaltechniker von draußen auf die Terrassentür zuschlurfen. Der Dicke stellte sich mit seiner Halbglatze vor die zerbrochene Scheibe und teilte den beiden mit: „Schubert hat etwas entdeckt, das Sie beide sich einmal ansehen sollten. Das dürfte Sie sehr interessieren.“ Mit seiner linken Pranke zeigte er in die Richtung der Apfelbäume.
    „Wir kommen sofort“, versicherte Nora ihm, woraufhin er sich schon wieder zum Rasen zurückbegab.
    „Die Jugendliche ist sicherlich über den Acker gekommen“, wandte Nora sich zunächst wieder an Tommy. „Die Erdespuren an ihrem Körper sprechen eindeutig dafür. Sie ist zwischen den Apfelbäumen hindurch gelaufen, über meinen Rasen gespurtet und zur Terrasse gehetzt. Dann hat sie die Scheibe eingeschlagen und ist in mein Wohnzimmer gestürzt.“
    „Klingt plausibel. Auffällig daran ist, welch hohes Risiko der Täter auf sich genommen hat, als er das Mädchen bis in deinen Garten verfolgte. Immerhin hätte er von deinen Nachbarn gesehen werden können.“
    „Nein, das stimmt nicht. Denn die Köhlers, meine einzigen direkten Nachbarn, sind derzeit im Urlaub in der Toskana. Und das Grundstück von deren Nachbarn, den Buschs, liegt fast vierzig Meter von hier entfernt. Selbst wenn sie zur Tatzeit am Fenster gestanden und zu mir herüber geschaut haben sollten, wage ich zu bezweifeln, dass sie etwas Hilfreiches hätten erkennen können.“
    „Wir sollten sie trotzdem befragen. Jeder noch so kleine Hinweis könnte schließlich von Nutzen sein. Eventuell hat sogar ein Anwohner von der gegenüberliegenden Straßenseite etwas gesehen.“
    Nora hob zurückhaltend die Achseln. Sie hegte diesbezüglich keine allzu großen Hoffnungen.
    Nach einer längeren Phase der Stille setzte Tommy einen Fuß vor den anderen und deutete seiner Kollegin an, ihm in den Garten zu folgen. „Dann lass uns mal herausfinden, welche Entdeckung die Kriminaltechniker draußen gemacht haben.“

5
    Obwohl es erst kurz nach acht am Morgen war, begann die Sonne bereits eine spürbare Kraft zu entwickeln. In Kürze würden sich erste Schweißtropfen auf jedermanns Haupt gebildet haben und 120000 Einwohner müssten hilflos akzeptieren, dass ihre Universitätsstadt im Süden Niedersachsens tatsächlich den bisher wärmsten Tag des Jahres vor sich hatte. Glücklich schätzen konnte sich folglich jeder, der eine Klimaanlage in seinem Haus und einen Pool in seinem Garten besaß. Leider war Nora nicht mit diesem Luxus gesegnet. Allerdings war es weniger die aufkommende Hitze, die ihr zusetzte, sondern vielmehr ihr Gewissen. Der Mord an dem Mädchen war schließlich in ihrem Garten, in ihrem Haus verübt worden. Den beklemmenden Anblick der Sterbenden würde sie so schnell nicht wieder aus ihrem Gedächtnis verdrängen können. Ganz von selbst fragte sie sich, wie sie anders hätte reagieren müssen.
    Hätte ich das Mädchen von der Tür wegziehen müssen? Hätte ich den Mörder im Garten rechtzeitig sehen müssen?
    In diese Bedrücktheit versunken, schritt sie stillschweigend mit Tommy durch ihren Garten. Der übergewichtige Kriminaltechniker von vorhin stieß wieder zu ihnen und begleitete sie zu den Apfelbäumen. Gemeinsam traten sie zwischen diesen hindurch, um sich nebeneinander vor einem Acker zu positionieren, der siebzig Meter breit und hundert Meter lang war.
    Mehrere Vertreter der Spurensicherung knieten in regelmäßigen Abständen auf der Erde. Sie untersuchten die Abdrücke zweier Fußspuren, die aus südwestlicher Richtung auf Noras Grundstück zuführten. Deren Beginn befand sich vor einem einsamen Einfamilienhaus mit weißer Fassade und rotem Satteldach, das
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