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'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)

'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)

Titel: 'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)
Autoren: Michael Linnemann
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Garten. Doch erneut wirkte die gesamte Umgebung friedlich. Erneut konnte die Ermittlerin keinen Menschen erspähen. Erneut war alles ruhig.
    Deshalb trat Nora nach mehreren Sekunden wieder zwei Schritte vor. Obgleich sie genau wusste, dass es klüger wäre, auf die Verstärkung zu warten, trieb sie ein innerer Drang nach draußen. Sie musste herausfinden, ob der oder die Mörder noch immer in der Nähe waren. Sie musste es wissen. Ihre Neugier und Anspannung besiegten die Vernunft. Folglich betrat sie nun mit vorgestreckter Waffe die Terrasse.
    Draußen kniete sie sich unverzüglich hin, um sich als Zielscheibe so klein wie möglich zu machen. Anschließend kontrollierte sie die Umgebung wie ein Luchs.
    Zu ihrer Beruhigung geschah nichts. Weder ertönte ein vierter Schuss noch erblickte Nora einen unerwünschten Gast.
    Aus diesem Grund erhob sie sich allmählich wieder und schritt auf ihren Rasen, wobei sie die Büsche und Sträucher weiterhin mit Argusaugen überprüfte. Während sie sich den Apfelbäumen am Ende des Gartens näherte, bildete sich ein Schweißfilm auf ihrer Stirn. Hingegen wurde ihr Mund immer trockener.
    Unsicher schritt sie die einzelnen Büsche ab, achtete auf jede kleine Bewegung, sah immer wieder zu den Bäumen.
    Als sie diese nach kurzer Zeit erreichte, erkannte sie mit Gewissheit, dass sie momentan die einzige Person in ihrem Garten war. Weit und breit war niemand zu sehen. Der oder die Mörder des Mädchens waren bereits verschwunden.
    Das Grundstück ist sicher!
    Nachdem Nora auch den Acker sowie die Straße vergeblich abgesucht hatte, steckte sie ihre Waffe ebenso erleichtert wie betrübt in den Hosenbund, begab sich zurück in ihr Wohnzimmer und kniete sich neben den Leichnam des Mädchens. Dabei fokussierte sie die Bandage mit den blutigen Flecken. Von immenser Neugier getrieben, wickelte sie den Stoff langsam ab. Lage für Lage legte sie frei. Eine nach der anderen.
    Als sie die Bandage nach wenigen Augenblicken vollständig entfernt hatte, federte sie prompt zurück. Den Blick auf den Kopf der Jugendlichen gerichtet, hoffte sie inständig, sich diesen grässlichen Anblick lediglich einzubilden.
    Doch was sie sah, war traurige, unfassbare Realität.

3
    „Wenn ich mir das Opfer so betrachte“, begann Gerichtsmediziner Prof. Dr. Markus Horn zehn Minuten später, „dann würde ich schätzen, dass sie zwischen sechzehn und achtzehn Jahren jung ist.“
    Der 54-Jährige kniete in Noras Wohnzimmer. Er befand sich direkt vor der weiblichen Leiche, die unverändert vor der Terrassentür auf der Decke lag, und schaute mit einem Blinzeln zu der Kommissarin empor. Zugleich schob er seine Nickelbrille auf den Ansatz seiner Hakennase zurück.
    Nora stand hinter der Couch und ergab sich in Schweigen. Als einzige Reaktion auf Horns Bemerkung nickte sie matt - ein schwaches Zeichen der Zustimmung.
    „Die diversen Risse und Einschnitte in der Haut deuten darauf hin, dass sie vor ihrem Tod über einen längeren Zeitraum gefoltert wurde. Vermutlich über mehrere Stunden hinweg. Die Schnitte wurden ihr zweifellos mit einem sehr scharfen Messer zugefügt. Womöglich mit einem Skalpell.“ Horn lenkte seinen Blick auf den Kopf des Mädchens und besah sich die beiden klaffenden Löcher, an deren Positionen einmal die Ohren gewesen waren. Zwar hatte die Blutung inzwischen gestoppt, aber der schauderhafte Anblick des Gemisches aus Knorpel- und Hautmasse ließ ihn noch immer nach Luft schnappen. Offensichtlich hatte selbst er in seiner 24-jährigen Berufslaufbahn noch keine solch entsetzliche Entdeckung machen müssen.
    „Der Täter hat bei den Schnitten neu angesetzt“, stellte er fest. „Die Wunden an beiden Ohren weisen grobe Zacken auf. Das spricht dafür, dass der Mörder die Ohren nicht mit geübten chirurgischen Schnitten entfernt hat. Entweder verfügt er nicht über die dazu nötige Kenntnis oder er war zu gehetzt, um professionell arbeiten zu können.“
    Nora reagierte noch immer nicht. Sie konnte sich die abscheuliche Tortur, die das Mädchen vor seinem Tod durchlebt haben musste, nicht einmal im Ansatz vorstellen. Die Jugendliche musste Höllenqualen durchlitten haben, nur um wenig später kaltblütig von ihrem Peiniger erschossen zu werden.
    Eine feine Welt, in der wir leben.
    „Sind Ihnen eigentlich diese Striemen aufgefallen?“, wollte Horn von ihr wissen.
    Nora ließ ihren Blick zu den rot-bläulichen Wunden an den Handgelenken des Mädchens schweifen. Nach einer kurzen Zeit der
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