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'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)

'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)

Titel: 'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)
Autoren: Michael Linnemann
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    Göttingen, 5. August 2011
    Es waren nur zwei Wörter, aber sie zerrissen Nora Feldt das Herz in ihrer Brust. Vollkommen zerrüttet ließ die 37-Jährige sich auf einem Stuhl an ihrem Küchentisch nieder und schüttelte den Kopf. Dabei blickte sie betrübt auf den Schleier des Dampfes, der sich von ihrer heißen Tasse Kaffee zur Decke emporhob.
    „Wieso?“, fragte sie ihren Lebenspartner Timo mit erstickter Stimme. „Wieso musstest du ausgerechnet das sagen? Du weißt genau, wie sehr mir dieses Thema zu Herzen geht. Ich kann noch nicht darüber reden. Dazu fehlt mir die Kraft.“
    D ie Hauptkommissarin trocknete eine Träne in ihrem rechten Augenwinkel. Dann fuhr sie sich durch ihr hochrotes Gesicht und schluchzte auf. Und das, obwohl sie noch vor fünf Minuten der festen Überzeugung gewesen war, dass ein wundervoller fünfter August vor ihr läge. Ein sonniger Tag, an dem sie nichts aus der Fassung bringen könnte. Ein Tag der Freude. Ein Tag des Glücks.
    Sie hatte sich geirrt.
    „Es … es tut mir leid. Die Wörter sind mir einfach so herausgerutscht. Ich wollte dich nicht verletzen. Das musst du mir glauben“, murmelte Timo zurückhaltend. Es gehörte nicht zu seinen Stärken, Entschuldigungen laut auszusprechen. Schließlich zeugten diese seiner Meinung nach von Schwäche und musste deshalb unter allen Umständen vermieden werden. Aber in diesem Augenblick wurde selbst ihm, der niemals freiwillig über ‚Gefühle und solche Dinge’ sprach, mehr als deutlich bewusst, welchen Schaden er mit seinen vorherigen Worten angerichtet hatte. Und er schämte sich dafür. Sehr sogar.
    „Es war nicht meine Absicht, ihn zu erwähnen“, fuhr er fort. „Meine Gedanken waren woanders. Ich konnte nicht -“
    „Ist schon gut“, unterbrach Nora ihn, da ihr einziger Wunsch darin bestand, so schnell wie möglich auf ein anderes Thema zu sprechen zu kommen. Aus diesem Grund räusperte sie sich nun auch und teilte ihm mit möglichst fester Stimme mit: „Laut Wettervorhersage soll das Thermometer heute auf sechsunddreißig Grad klettern. Das wäre mit Abstand der wärmste Tag des Jahres.“
    Sie hoffte, dass Timo auf diese Information eingehen würde. Doch anhand ihrer Reglosigkeit erkannte er, dass seine Wörter ihr Herz wie brennende Pfeile durchlöchert hatten.
    Wie viel Schmerz und Leid bloße Wörter anrichten können, ging ihm durch den Kopf. Wie schnell eine angenehme Atmosphäre in das genaue Gegenteil umschlagen kann.
    Während er überlegte, wie er Noras Wut und Enttäuschung besänftigen konnte, wanderten ihre Gedanken vierzig Sekunden zurück. Zu einem Zeitpunkt, als die Welt noch gänzlich in Ordnung gewesen war, als sie noch fröhlich gelächelt hatte:
    Mit einem breiten Grinsen war Timo an diesem Freitagmorgen um Punkt sieben in die Küche gekommen. E r hatte sich zu Nora an den Tisch gesetzt, ihr einen Kuss auf die Stirn gedrückt und lauthals verkündet: „Ich wünschte wirklich, ich könnte es ändern, aber heute werde ich aufgrund einer wichtigen Besprechung erst spät aus der Bank heimkommen. Wann das genau sein wird, kann ich leider nicht sagen. Das hängt davon ab, wie vertrauenswürdig dein Mann auf die oberen Herren wirkt.“
    Schon war es passiert. Es waren nur zwei Wörter gewesen. Doch sie änderten alles.
    Angespannt biss Nora sich nun auf die Unterlippe. Als drängten die Wände langsam aber stetig auf sie zu, verspürte sie einen inneren Druck auf sich lasten. Timos bloße Anwesenheit schien ihr die Luft zum Atmen zu rauben. Zum ersten Mal, seit sie ihn kannte, fühlte sie sich in seiner Gegenwart unbehaglich.
    Fraglos war ihr bewusst, dass sich keine böswillige Absichthinter seiner Äußerung verborgen hatte. Er würde niemals vorsätzlich etwas von sich geben, das sie kränken oder gar verletzen könnte. Aber die beiden Wörter ‚dein Mann’ riefen in ihr all die schrecklichen Erinnerungen hervor, die sie mit ihrem Ex-Gatten Max durchlebt hatte.
    Seit nunmehr zwei Jahren führte sie eine glückliche Partnerschaft mit Timo Lechner. Zwei Jahre, in denen er bedingungslos zu akzeptieren schien, dass sie nicht über ihren Ex-Mann sprechen wollte. Er wusste lediglich, dass Max vor sechs Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen sei. Ein Betrunkener hätte ihm auf der Weender-Landstraße die Vorfahrt genommen und anschließend Fahrerflucht begangen. Bis heute sei der Kerl nicht geschnappt worden.
    Das hatte Nora ihm jedenfalls erzählt.
    Seitdem war Max ein Tabuthema zwischen ihnen
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