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Nur für eine Stunde?

Nur für eine Stunde?

Titel: Nur für eine Stunde?
Autoren: Judith Arnold
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einzubrechen!”
    “Riechst du nichts? Es hat bei dir gebrannt.”
    “Wie bitte?”
    “Also … na ja, ein Brot hat gebrannt. Im Ofen.” Er zeigte zur Spüle.
    Sie blickte hin und zog eine Grimasse. “Oh. Künstlerpech”, murmelte sie und beförderte den verkohlten Klumpen mitsamt der Backform in den Abfalleimer. Blake stellte fest, dass ihr knackiger kleiner Po ihre Jeans wirklich hübsch ausfüllte. Sie trug ein helles Sweatshirt, und ihr Haar war windzerzaust.
    Da sie jetzt nicht mehr bewaffnet war, wagte Blake, näher zu treten. Sie drehte sich wieder zu ihm, und er dachte, was für ein schönes Gesicht sie hatte. Nicht von der perfekten Ebenmäßigkeit der Frauengesichter auf den Modemagazinen, aber dennoch schön. Ein Gesicht, das ihn ewig verfolgen könnte, wenn er es zuließe.
    “Du hast mir einen Mordsschrecken eingejagt. Ich dachte, ein Einbrecher wäre im Haus. Einfach meine Tür zu zertrümmern, also wirklich! Warum hast du das getan?”
    “Weil ich dachte, es brennt bei dir.” Er lieferte ihr den kompletten Bericht, den er mit einer Notlüge abschloss. “Ich hatte hier in der Nähe zu tun und bin rein zufällig durch deine Straße gefahren. Ein Einbrecher – wieso hast du das eigentlich gedacht? Du kennst meinen Wagen, und das ist nun wirklich kein alltägliches Modell.”
    “Den Wagen hab ich nur vage bemerkt, als ich von meiner Radtour zurückkam. Ich war viel zu irritiert von Lucys Gebell, weil es von der Veranda kam. Sie war ja im Haus, als ich wegfuhr.”
    “Du hast also ein Brot in den Ofen geschoben und eine Radtour gemacht. Und dann beschimpfst du mich noch, weil ich einen Brand verhindert habe? Andere Leute würden mich einen Helden nennen. Aber na ja, lassen wir das. Wie geht’s dir denn so?”
    “Gut. Und wie geht’s dir?”
    Er zuckte mit den Schultern. “Der neue Buchhalter ist lange nicht so gut, wie du es warst, aber wir kommen klar.” Er wollte sie küssen. “Hast du einen anderen Job gefunden?”
    “Ja. Es läuft okay. Ich kann mich nicht beklagen.”
    Was bedeutete, dass sie alles andere als zufrieden war. Komm zurück, hätte er fast gesagt, uns geht’s beiden mies, lass uns das mit der Liebe vergessen und nach oben in dein Zimmer gehen, wo ich das Gefühl hatte, schon einmal gewesen zu sein, und wir werden uns lieben.
    “Ich geh dann wohl besser wieder”, erklärte er stattdessen und hätte sich für seine Feigheit einen Tritt geben können. Bevor er Martha kennengelernt hatte, wäre ihm das nicht passiert, aber vor ihr war sowieso alles anders gewesen.
    Marthas Herz hämmerte noch, als Blake lange fort war. Sie war eine Niete, sie machte alles falsch. Das schief und krumm verknotete Machwerk in der Kommodenschublade erinnerte eher an ihr derzeitiges Leben als an einen kunstvoll geknoteten Gürtel. Das total verhunzte Seidentuch konnte sie höchstens als Wischlappen benutzen, und nun dies – eine verräucherte Küche statt eines duftenden Brots im Backofen.
    Wie hatte sie nur so hässlich zu Blake sein können? Sie hätte sich für sein Eingreifen bedanken müssen, schließlich hatte er Lucy das Leben gerettet und ihr Haus vor dem Abbrennen bewahrt. Er war wirklich ein Held. Aber statt ihm zu danken, hatte sie ihn beschimpft. Und beschwindelt. Sie hätte ihm sagen sollen, dass es ihr nicht gut ging, dass der Winter eine schrecklich düstere Zeit gewesen war, dass sie die einsamen Spaziergänge am Strand gehasst hatte, dass ihr neuer Job beim Steuerberater viel zu wenig einbrachte und sie tödlich langweilte. Sie hätte ihm von ihrem Plan erzählen sollen, sich selbstständig zu machen, um über der neuen Aufgabe ihre Sehnsucht nach ihm zu betäuben. Sie hätte ihm gestehen müssen, dass sie ihn Tag und Nacht vermisste. Dass sie mit ihm zusammen sein wollte, zu seinen Bedingungen. Ohne große Worte von Liebe, ohne Erwartungen an die Zukunft, glücklich im Hier und Jetzt.
    Aber all das hatte sie nicht gesagt. So wenig sie für kreative Hobbys taugte, so wenig konnte sie für die Leidenschaft leben. Das Einzige, was sie gut beherrschte, war die Arbeit mit Zahlen und das Befolgen starrer Regeln. Sie war eben nichts als eine stille, unscheinbare Buchhalterin.
    Aber ihre geordnete Sicherheit hatte sie verloren – seit jener magischen Stunde im Oktober war in ihrem Leben nichts mehr so, wie es gewesen war. Der Gedanke, jenes Geschenk könnte ihr ganzes Leben für immer verändert haben, war erschreckender, als nach Hause zu kommen und eine aufgebrochene Tür
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