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Neun Zehntel (Deutsch) (German Edition)

Neun Zehntel (Deutsch) (German Edition)

Titel: Neun Zehntel (Deutsch) (German Edition)
Autoren: Meira Pentermann
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glatt. Es waren nirgendwo Falten zu sehen.
    Aiden gab ihm ein Taschenmesser. „Stocher einfach etwas drin rum“, schlug der Junge vor.
    Nachdem er einige kleine Löcher in das Material geschnitten hatte, entdeckte Leonard etwas im unteren Teil seines Schlafsacks. Hundertdollarscheine. In Natalias Schlafsack waren sie ebenfalls versteckt. Leonard und Natalia durchwühlten die Schlafsäcke und zählten das Geld.
    Wicker grinste. „Damit solltet ihr erst mal ziemlich gut über die Runden kommen.“
    „Gut“, sagte Chester. „Die Neulinge sind finanziell abgesichert. Lass uns unser Geschäft abschließen.“ Er ging zur Vordertür. „Ich schmeiß den Generator an.“
    Einen Moment später war von irgendwo hinter dem Gebäude ein Brummen zu hören. Chester kam zurück und ging in den hinteren Teil der Hütte. Wicker und Russ folgten ihm. Neugierig schloss sich Leonard ihnen an und überließ es Natalia, das Geld zusammenzusammeln und in seinen Rucksack zu stecken.
    Chester blieb vor einer großen Holztür mit mehreren Schlössern stehen. Er zog einen Schlüsselbund aus seiner Tasche und öffnete die Tür, indem er für jeden Riegel einen anderen Schlüssel benutzte. Die Tür ging mit einem Knarren auf. Chester betätigte einen Lichtschalter und eine Fünfundsiebzig–Watt–Birne ging an und spendete genügend Licht, um den neun Quadratmeter großen, fensterlosen Raum zu erhellen.
    Es verschlug Leonard den Atem. Gewehre und Schrotflinten hingen an der linken Wand und den hinteren Teil des Raumes füllten vier Waffenschränke aus. Auf der rechten Seite reichten Regale gefüllt mit Büchern vom Boden bis zur Decke. Der Raum schien sowohl als Bücherei als auch als Waffenlager zu dienen.
    Leonards Begleiter gingen hinein. Chester ging schnurstracks auf einen Schrank in der hintersten Ecke zu. Eine leichte Duftwolke aus Rauch und Schießpulver wehte in den Flur, sodass Leonard zögerte, bevor er über die Türschwelle ging. Nachdem er eingetreten war, sprang er plötzlich erschrocken zurück. Rechts von ihm waren zwei Raketenwerfer sicher an der Wand befestigt.
    Er hatte es also wirklich ernst gemeint.
    Chester reichte Russ eine halbautomatische Pistole. Das dunkle Holzmuster am Griff verlieh der Waffe eine klassische Note. Russ drehte sie in seiner Hand, zog den Schlitten zurück und sah hinein. Dann ließ er das leere Magazin hinausschnellen und prüfte den Federmechanismus.
    „So gut wie neu“, prahlte Chester. „Eine fantastische Pistole für Schießübungen.“
    Russ nickte. „Danke, Ches‘. Sie ist perfekt.“
    Wicker nahm Russ vorsichtig die Waffe aus der Hand, steckte das Magazin wieder hinein und ließ den Schlitten zurückschnappen. Sie zielte in die Ferne und am Visier entlang. „Fühlt sich gut an in kleinen Händen. Laura wird sie lieben.“
    Während sie sich weiter unterhielten, ging Leonard hinüber zur Büchersammlung. Ein Buchregal enthielt Bände über Schusswaffen und das Jagen und zusätzlich Bücher über die Luftfahrt und Flugzeuge. Bis unter die Decke ragten Regale mit Texten zu Politik, Wirtschaft und Geschichte. Leonard fielen einige Buchrücken mit dem Wort Stasi im Titel ins Auge, Chester hatte jedoch auch Bände über die Sowjets und Nazis, ebenso wie über Mao, Stalin und andere verabscheuungswürdige Diktatoren, die gekommen und gegangen waren, gesammelt. Er fuhr mit dem Daumen die Buchrücken auf dem nächsten Regal entlang und bemerkte einen Autor namens Hayek und fragte sich, ob der Labrador nach ihm benannt worden war. Alle Bücher waren abgenutzt und einige hatten Wasserschäden. Andere schienen aus einem Feuer gerettet worden zu sein. Leonard schnupperte. Der muffig–rauchige Geruch kam von den Bücherregalen und nicht von den Waffenschränken.
    „Brauchst du etwas Nachtlektüre?“, fragte Chester, als er neben Leonard erschien.
    „Ich… nein. Ich hab nur geguckt.“
    Chester seufzte. „Es täte der Welt gut, wenn sich mehr Leute mit diesen Büchern befassen würden.“
    „Hast du sie alle gelesen?“
    „Die meisten. Manche stammen aus den Ruinen unseres Hauses. Andere aus der Summit County Bücherei, die eingestürzt, aber nicht ausgebrannt war. Ein paar hab ich hier und da zusammengetragen.“
    „Und einige hab ich für ihn in Junction gefunden“, fügte Wicker hinzu und schien leicht verärgert darüber, dass er vergessen hatte, sie zu erwähnen. Dann überkam sie ein Schauer. „Es fühlt sich seltsam an, in das verlassene Haus eines anderen zu gehen und einfach
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