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Morgen ist ein neuer Tag

Morgen ist ein neuer Tag

Titel: Morgen ist ein neuer Tag
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sie nicht, daß Sie von mir etwas anderes erfahren als schärfste Ablehnung«, setzte er hinzu.
    Und plötzlich zeigte sich auch die langersehnte Reaktion bei Dr. Kämmerer. Er nickte zustimmend.
    »Das ist ja unglaublich, was Sie sich geleistet haben, Herr Schrader!« fuhr Dr. Bornewasser fort.
    Was sich Heinrich Korngold geleistet hatte, trat in den Hintergrund. Bezeichnend war, daß Dr. Bornewasser schon nicht mehr ›Herr Rechtsanwalt‹ sagte, sondern nur noch ›Herr Schrader‹.
    »An Ihrer Stelle, Herr Schrader, wüßte ich, was ich zu tun hätte, ehe ich von anderen dazu gezwungen würde, entsprechende Schritte zu unternehmen.«
    Dr. Kämmerer nickte lebhaft. Das gab Herrn Bornewasser Anlaß, zur juristischen Hochform aufzulaufen.
    »Die Verhandlung«, verkündete er kurzerhand, »wird ausgesetzt. Es ist klar, daß Herr Schrader das Mandat, das er hier wahrgenommen hat, niederlegen muß. Zum nächsten Termin wird er als Zeuge geladen.«
    Die Entscheidung wurde demnach noch einmal verschoben. Gefallen waren aber schon die Würfel – gegen Heinrich Korngold.
    Ein halbes Jahr später.
    Dick verschneit liegt an diesem Januartag die Stadt Minden. Auf der Weser treiben kleine Eisschollen. Am Ufer entlang geht ein Ehepaar mit seinem langaufgeschossenen Sohn, einem Schüler, spazieren.
    Der Mann bleibt stehen, die anderen zwei mit ihm. Er blickt über die weiße Pracht und sagt: »Schön ist das …«
    »Findet ihr nicht auch?« fragt er Frau und Sohn.
    »Wunderschön«, pflichtet die Gattin bei. Der Sohn freilich meint: »In Rußland wart ihr allerdings anderer Meinung, erzählst du doch oft.«
    Sie gehen weiter.
    »Wann kehren wir um?« fragt der Junge. »Ich habe Hunger.«
    »Denkst du denn nur ans Fressen?« antwortet lachend der Alte.
    »Habt ihr doch auch im Lager, Vater.«
    »Das war was anderes, mein Junge«, seufzt Fritz Bergschulte.
    Sie drehen um und gehen nach Hause.
    Lina ist wieder Frau Bergschulte. Peter hat wieder seinen richtigen Vater. Fritz Bergschulte besitzt wieder Frau und Kind. Eine glückliche Familie.
    »Manchmal kommt's mir vor, als ob alles nur ein wüster Traum war«, sagt Lina.
    »Manchmal glaubte ich schon nicht mehr, daß die Gerechtigkeit siegen wird«, erwidert Fritz, ihr Mann.
    Lina drückt sich an ihn, haucht ihm von der Seite einen Kuß auf die Wange und sagt: »Sie hat aber gesiegt, sie siegt immer!«
    Es ist gut, daß der Sohn, der schon zehn Schritte vorausgeeilt ist, das nicht hört. Er würde sonst todsicher erklären: »Soso, die Gerechtigkeit. – Und hätte sie auch gesiegt, wenn Frau Kämmerer nicht Selbstmord verübt hätte? Hätte Herr Kämmerer dann auch seine Stiftung gegründet? Hätte Herr Schrader dann auch seinen Beruf sausen lassen können? Wäre Korngold dann auch überführt worden?«
    Fragen, die sich Fritz und Lina nicht stellen. Nur Peter tut das, ein typischer Vertreter der heutigen Jugend. Aber auch er wird älter werden und lernen, damit aufzuhören, hinter dem Guten, dem Positiven, das geschieht, immer das Negative zu suchen, dem es oft entspringt.
    Zu Hause, nach dem Essen, sitzen Lina und Fritz am Fenster und blicken hinaus auf den Garten. Sie haben wieder eine kleine, gemütliche Wohnung. Unaufhörlich schneit es. Dick rieseln die Flocken lautlos vom Himmel – ein weißer Vorhang, hinter dem sich die Natur verzaubert und wiederkehrt wie eine Botin aus dem Märchen. Die mit Tannengrün abgedeckten Rosenbeete schneien zu, die Äste der Bäume biegen sich unter der weißen Last, der kleine Pavillon im Garten hat einen schimmernden Helm auf, als sei er aus kostbaren Diamanten erbaut.
    Und unaufhörlich, lautlos fallen die dicken Flocken.
    »Es ist schön, unser Leben«, sagt Fritz leise und legt den Kopf auf Linas Schulter. »Gerade die kleinen Dinge sind es, die es so liebenswert machen. Wie wenig wußten wir z.B. daß es herrlich ist, Kopf an Kopf den fallenden Flocken zuzuschauen. Ob unsere Herzen einst um Hilfe riefen, weil wir das Leben noch gar nicht kannten? Weil wir fremd in eine Welt hineingeworfen waren, die wir nicht verstanden und deren Schattenseiten uns den Blick ins Glück verdeckten?«
    Er öffnet das Fenster, greift hinaus in die Flocken und zieht die flache Hand zurück.
    Dicker Schnee liegt auf ihrer Innenfläche. Kristalle von verschwenderischer, weißer Pracht.
    Rasch schwinden sie. Die Wärme der Hand, des Lebens, ist ihr Tod. Sie schmelzen dahin, ihre Schönheit verblaßt, zerfließt zu wenigen Tropfen farblosen Wassers.
    »Alles
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