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Land der Sehnsucht (German Edition)

Land der Sehnsucht (German Edition)

Titel: Land der Sehnsucht (German Edition)
Autoren: Tamera Alexander
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Prolog
    Paris, Cimetière de Montmartre
    17. Juli 1870

    Véronique Eveline Girard legte eine weiße Rose auf das Grab ihrer Mutter. Sie beugte sich tief hinab und flüsterte: „Falls meine Worte dich irgendwie erreichen können, Maman – ihre Hand zitterte auf dem kühlen Marmorstein –, muss ich dir sagen, dass ich das, worum du mich bittest, nicht tun kann. Deine Bitte kostet mich zu …“
    Eine ungewöhnliche Kälte fuhr mit einem eisigen Finger über ihren Rücken. Véronique spürte, dass sie nicht mehr allein war. Sie richtete sich auf und drehte sich langsam um.
    Die durch Wind und Wetter nachgedunkelten Grabsteine auf dem Cimetière de Montmartre säumten in unterschiedlicher Höhe den ihr vertrauten Pflasterweg. Viele Reihen von alternden, verblichenen Grabsteinen drängten sich neben den verschlungenen Fußwegen. Die Sommersonne bahnte sich hartnäckig einen Weg durch die Blätter über ihr und warf gedämpfte Schatten auf die weißen und grauen Marmorsteine.
    Aus dem Augenwinkel sah sie eine Bewegung und drehte den Kopf.
    Hinter einem jahrhundertealten Grabstein saß eine Katze, deren Fell die Farbe von kalter Asche in einem offenen Kamin hatte.
    Véronique seufzte lächelnd. „Dann bin ich also doch nicht allein hier. Du bist das Racaille, das Gesindel, das hier herumschleicht.“
    Die Katze unternahm keine Anstalten zu verschwinden. Sie starrte Véronique nur an, während ihr Schwanz im langsamen Takt eines nur mäßig interessierten Tieres schlug. Katzen waren in Paris weit verbreitet, und sie waren gern gesehen. Sie halfen, die Mäuse- und Rattenplage einzudämmen.
    „Dieser Kater ist nicht das einzige Racaille, das sich hier herumschleicht, Mademoiselle.“
    Véronique fuhr beim Klang der Stimme, die ganz nahe zu sein schien, zusammen, erkannte aber ihren tiefen Klang sofort. „Christophe Charvet …“ Obwohl sie insgeheim für seine Gesellschaft dankbar war, setzte sie einen strafenden Blick auf, bevor sie sich umdrehte. Sie wusste, er wäre enttäuscht, wenn sie das nicht täte. „Warum kannst du es nicht lassen, dich immer so anzuschleichen?“ Sie schnaubte leicht. „Wir sind beide längst keine Kinder mehr.“
    Zerknirschtheit lag in seinen Augen, aber auch ein Anflug von Schabernack. Er nahm ihre Hand und führte sie an seine Lippen. „Mademoiselle Girard, seien Sie versichert, dass es viele Jahre her ist, seit Sie für mich ein Kind waren.“ Eine verspielte Förmlichkeit begleitete seinen Tonfall, obwohl sein Gesicht einen vertrauteren Ausdruck annahm. Véronique erinnerte sich an diesen Blick, hatte aber gedacht, dass sie diese Phase längst hinter sich gelassen hätten. „Bei der geringsten Ermutigung Ihrerseits, Mademoiselle …“
    „Christophe …“ Sie schaute ihn direkt an, da sie ahnte, was jetzt kommen würde, es aber gerne verhindern wollte.
    Eine sanfte Entschlossenheit lag in Christophes Gesicht. „Bei der geringsten Ermutigung Ihrerseits, Mademoiselle, würde ich noch einmal versuchen, das Herz der Frau, die ich als junges Mädchen so leicht erobern konnte, zu gewinnen.“
    Sie sah ihn an, war aber nicht wirklich überrascht, dass er dieses Thema ansprach. Besonders jetzt, da ihre Mutter gestorben war. Was sie jedoch ein wenig überraschte, war ihr plötzlicher Wunsch, ihm tatsächlich Hoffnungen zu machen.
    Sie kannte Christophe, seit sie beide fünf Jahre alt gewesen waren und gemeinsam nackt durch den Springbrunnen vor Monsieur Marchands Anwesen gesprungen waren. Bei der Erinnerung, wie streng die Strafe für diesen unerlaubten Streich ausgefallen war, verkniff sie es sich, über ihren Reifrock zu streichen. Solche Eskapaden hatten sich bis in ihrer beider Jugendjahre fortgesetzt, als sie, nachdem sie ihre Pflichten eilig erledigt hatten, hierher gelaufen waren, um die endlosen Verstecke an diesem stillen Ort auszukundschaften.
    Damals hatte sie Christophe verehrt. Er jedoch hatte sie erst viel später mit ähnlichen Augen gesehen, aber bis dahin waren ihre Gefühle für ihn längst erloschen gewesen und es gab keine Hoffnung, sie wieder zum Leben zu erwecken.
    Sie wiederholte erneut seinen Namen. Dieses Mal sanfter. „Du weißt, dass du mein bester Freund bist …“
    Seine dunkle Braue schoss in die Höhe. „Bester Freund …“ Er verzog das Gesicht. „Genau diese Worte will ein Mann von einer Frau hören, die er anbetet.“
    Sein Sarkasmus entlockte ihr ein Schmunzeln. Aber sie war sicher, dass seine Traurigkeit wegen ihrer Ablehnung nur von kurzer Dauer
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