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Morgen ist ein neuer Tag

Morgen ist ein neuer Tag

Titel: Morgen ist ein neuer Tag
Autoren: Heinz G. Konsalik
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riß er einen Brief vom Amtsgericht Minden auf und überflog die kurze amtliche Mitteilung.
    »Endlich!« sagte er laut. Es war wie eine Befreiung, die er empfand. Eine Entscheidung, ganz gleich nach welcher Seite, nahte.
    Am 3. Juli Termin in Sachen Bergschulte wegen Aufhebung der Todeserklärung, teilte das Gericht mit. Diese Hürde mußte ja als erste genommen werden, um damit automatisch auch die Voraussetzung für die Überwindung der zweiten zu schaffen, um also Linas zweite Ehe (mit Korngold) zu löschen und ihre erste (mit Bergschulte) Wiederaufleben zu lassen.
    Geladen wurden vom Gericht als Zeugen: Lina Korngold, verw. Bergschulte; Max Schmitz; Paul Ermann; die Eheleute Franz und Emma Stahl. Die Hauptfiguren, um die sich alles drehen würde, waren natürlich Fritz Bergschulte und Heinrich Korngold mit ihren Anwälten.
    Bemerkenswert war das ›verw.‹ bei Linas Personalien – ein Triumph des Amtsschimmels. Solange die Todeserklärung für Fritz Bergschulte noch nicht aufgehoben war, galt Lina in Bürokratentexten als ›verw. Bergschulte‹, obwohl der für tot erklärte Mann der Witwe höchst lebendig herumlief.
    Aus Dortmund hatte Dr. Schrader einen Tag vorher eine beruhigende Antwort bekommen. Fritz Bergschulte schrieb ihm, daß er seinen Antrag auf Einstellung des Verfahrens gegen Korngold zurückziehe und ihn bitte, nach wie vor das Verfahren zu betreiben. Paul Ermann, den Dr. Schrader sofort nach Erhalt dieses Schreibens anrief, grunzte nur und wiederholte den Satz, mit dem man ihn nach Dortmund geschickt hatte:
    »Cherchez la femme …«
    Dr. Schrader griff jetzt wieder zum Telefon. Er wählte die Nummer seines Kollegen Dr. Penzolt, den er fragte: »Haben Sie auch schon die Mitteilung des Gerichts erhalten?«
    »Soeben.«
    »Dann geht's also los.«
    »Wollen Sie es sich denn nicht doch noch anders überlegen und von Ihrem Mandat zurücktreten?«
    »Das geht nicht, die Gerechtigkeit muß siegen.«
    »Sie sind sich aber im klaren darüber, daß ich danach trachten muß, Ihren Sieg zu verhindern?«
    »Das ist Ihre Pflicht als Anwalt Korngolds.«
    »Aber Sie können mich in Ihren Strudel mit hineinreißen.«
    »Wieso?«
    »Sie haben mich in Ihr Spiel eingeweiht. Ich hätte längst zur Anwaltskammer laufen müssen, um diese gegen Sie zu mobilisieren. Statt dessen stecke ich mit Ihnen gewissermaßen unter einer Decke.«
    Dr. Schrader räusperte sich, ehe er sagte: »Ich verstehe nicht, von was Sie sprechen, Herr Kollege. Welches Spiel soll ich treiben? In was habe ich Sie eingeweiht?«
    »Herr Kollege, machen Sie keine Witze. Sie haben mir erzählt, wie Sie den Korngold aufs Kreuz gelegt haben.«
    »Iiiich?! Sie träumen, Herr Kollege! Ich habe Ihnen ein Mandat vermittelt, das ich selbst nicht übernehmen konnte, einzig und allein wegen Arbeitsüberlastung nicht. Nur das habe ich zu Ihnen gesagt, kein anderes Wort. Ist Ihnen das klar, Herr Kollege?«
    Dr. Penzolt schwieg eine kurze Pause, lachte dann leise und sagte: »Ja.«
    Nachdem er also aus dem Schneider war, wie man so schön sagt, fragte er schließlich: »Wie stellt sich inzwischen eigentlich Ihre Frau zu der ganzen Geschichte?«
    »Sie spricht nicht mehr mit mir und hat einen Schreibmaschinenkurs belegt, um notfalls auf eigenen Beinen stehen zu können.«
    Kopfschüttelnd beendete Dr. Penzolt das Gespräch.
    In Dortmund hatte sich in diesen Tagen vieles ereignet und manches verändert.
    Nach dem ersten Abend blieb Lina bei Fritz, ohne daß dieser es zeigte, wie sehr ihm ihre Gegenwart schon gefiel. Nach wie vor kam er brummend nach Hause, aß das Abendessen ohne viele Worte, las stumm die Zeitung und legte sich dann auf sein altes Sofa. Aber er hatte seit dem Tage, an dem Lina bei ihm war, immer ein sauberes Hemd, gestopfte Strümpfe, ein vernünftiges Mittagessen im Henkelmann, abends sogar eine Flasche Bier oder eine gute Zigarre … und er nahm dies alles hin, wortlos, verschlossen, als wäre ihr Hiersein eine Last und jener Augenblick eine Befreiung, an dem die acht Tage vorbei sein würden.
    Des Nachts aber, wenn Lina in ihrem Bett schlief und ihr blonder Lockenkopf in den Kissen lag, stand er vor ihr und konnte sich nicht losreißen von diesem Bild. Er küßte ihre seidenweichen Haare, er streichelte ihr über die Wangen und deckte einmal mit leisem Schauer ihre Brust zu, die bei einer drehenden Bewegung bloß geworden war.
    Wenn der Morgen kam, war er wie gerädert, mißgelaunt und störrisch, brummte sein »Guten Morgen«, aß sein
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