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Sechseckwelt 03 - Entscheidung in der Sechseck-Welt

Titel: Sechseckwelt 03 - Entscheidung in der Sechseck-Welt
Autoren: Jack L. Chalker
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Kyrbizmith, ein Sechseck im Süden des Schwarzen Ozeans
    Eine dunkle Straße ist überall gefährlich, aber hier, auf der Sechseck-Welt, in einem nicht-technischen Hexagon, dessen Tagwesen nach Sonnenuntergang buchstäblich in ein Koma verfielen, war das erst recht der Fall. Die Atmosphäre kam dem Durchschnittswert für die südliche Halbkugel so nah, wie das nur ging, und im Gegensatz zu vielen anderen Gegenden konnte hier nahezu jede Rasse existieren. Die Kyrbizmithen waren durch innere Abwehrmechanismen geschützt; man konnte sie nicht einmal berühren und hoffen, gesund und bei Verstand zu bleiben. Aber nichts schützte den Reisenden, der so unbesonnen war, die gut erkennbaren, jedoch unbeleuchteten Wege nach Sonnenuntergang zu benützen.
    Der Tindler war so unbesonnen. Einem Riesen-Gürteltier mit langen Klauenhänden gleichend, die zum Laufen und Greifen benützt wurden, zog er die Straße hinunter, zuversichtlich, daß sein dicker Panzer ihn vor jedem Bewohner eines Nicht-tech-Hex schützen konnte. Sein Sehvermögen bei Nacht würde ihn rechtzeitig auf jede Falle aufmerksam machen.
    »Hilfe! O bitte! Helft mir!«
    Da war sie wieder – eine fremde, schrille Stimme, durch die Dunkelheit gellend. Dem Klang nach war sie von einem Übersetzungsgerät verarbeitet. Der Tindler, selbst ein weitgereister Handelsmakler, benützte eines. Wenn beide Gesprächspartner sie gebrauchten, klangen die Stimmen noch etwas künstlicher.
    »Helft mir! Bitte! So helft mir doch!« flehte die rätselhafte Stimme vor ihm. Der Tindler wurde argwöhnisch. Automatisch vermutete er eine Falle von Räubern, die sich in dieser Gegend angeblich herumtrieben. Schlimmer noch, er fürchtete, unabsichtlich einen der riesigen Bäume berührt zu haben, die überall im ganzen Sechseck dichtgedrängt standen. Das waren die unbeweglichen Kyrbizmither selbst, die sich bewegten, indem sie den Geist miteinander tauschten, und die jedermanns Geist in sich aufsaugten, der sie ohne Erlaubnis berührte.
    Plötzlich sah er es, ein winziges Wesen auf der Straße. Es war über siebzig Zentimeter lang, hatte einen grellroten Pelz mit goldenem Schimmer. Der buschige, fuchsartige Schwanz war fast so lang wie der Körper, der dem eines kleinen Affen glich. Als der Tindler vorsichtig näher kam, gab das Wesen, das von einer Art war, wie er noch nie zuvor eines gesehen hatte, einen stöhnenden Laut von sich; dann sah er, daß eines der Hinterbeine in einem seltsamen Winkel wegstand – fast mit Sicherheit gebrochen.
    Die Masse des Tindlers verhinderte, daß er sich verbarg; der Kopf des kleinen Wesens, der auf dem Boden lag, drehte sich und starrte ihn mit kleinen Knopfaugen aus einem sonderbaren Gesicht an, das dem einer Eule glich, versehen auch mit einem winzigen Schnabel.
    Der Tindler blieb stehen und schaute sich wachsam um. Obwohl er nachts sehr gut sehen konnte, vermochte er außer den mächtigen, ewig stummen Baumwesen nichts zu erkennen. Von ihnen war nichts zu befürchten, solange er auf der Straße blieb.
    Langsam tappte der Tindler auf das verletzte Wesen zu. Von einer so winzigen und zerbrechlichen Erscheinung hatte jemand seines Umfangs wohl nichts zu befürchten.
    »Was ist passiert, Freund?« rief er, bemüht, so besorgt und hilfsbereit wie nur möglich zu erscheinen.
    Das kleine Wesen stöhnte wieder.
    »Räuber, Sir! Diebe und Halunken überfielen mich vor etwa einer halben Stunde, nahmen mir meinen Beutel und alles ab und drehten mir, wie Ihr sehen könnt, das Bein ganz aus dem Gelenk, um mich dann hier allein im Dunkeln sterben zu lassen.«
    Die elende Lage des armen Wesens berührte den Tindler tief.
    »Wartet, vielleicht kann ich Euch auf meinen Panzer heben«, sagte er. »Ihr hättet zwar Schmerzen, aber es ist nicht weit zur Grenze von Bucht und einem Hoch-tech-Hospital.«
    Das kleine Wesen wurde munterer.
    »Oh, ich bin ja so dankbar, guter Sir!« rief es glücklich. »Ihr rettet mir das Leben!«
    Die beiden Augen am Ende der langen, schmalen Schnauze des Tindlers senkten sich auf das kleine Wesen herab.
    »Sagt, wie sahen die Ungeheuer aus, die so etwas tun konnten?« fragte der Tindler, selbst nicht wenig nervös.
    »Es waren drei, Sir. Zwei davon waren riesengroß – und nahezu unsichtbar. Man konnte sie nicht sehen, bis sie sich bewegten.«
    Dem Tindler fiel es ein wenig schwer, das zu glauben, aber das galt ja auch für die Kyrbizmither. Auf der Sechseck-Welt war alles möglich.
    »Und das dritte?« fragte der Tindler. »War es anders
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