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Morgen ist ein neuer Tag

Morgen ist ein neuer Tag

Titel: Morgen ist ein neuer Tag
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Brötchen und kippte den heißen Kaffee in einem Zug hinunter. Er wagte es einfach nicht, Lina länger anzusehen, denn seine Blicke mußten ihr verraten, wie groß seine Sehnsucht war, in ihren Armen zu liegen.
    »Ich bin ein Schwein«, dachte er einmal in der Mittagspause, als er abseits der Kolonnen auf einem T-Träger saß. »Ich will Lina im Elend lassen und Friedel heiraten, nur, weil diese mir den Kopf verdrehte, mir, dem alles Weibliche in zwölf Jahren fremd geworden war. Verdammt, was bin ich für ein Schuft!«
    Doch wenn er dann am Abend wieder nach Hause kam und Lina gegenüberstand, fehlte ihm der Mut, sich ihr zu eröffnen. Wenn der Prozeß bloß durchkäme, – dann konnte man es im Gerichtssaal tun, ohne sich irgendwie sentimental zu zeigen und sich mit seinen Gefühlen zu demütigen. Dann konnte man hintreten und sagen: »Ja, ich liebe meine Frau genau wie früher! Und wenn sie wieder zu mir will, – ich werde so glücklich sein, wie kein anderer Mensch dieser Welt …«
    Der Gedanke an Friedel machte ihn wieder unsicher. Wie sollte er es ihr sagen? Es würde eine Szene geben, Tränen, vor denen er sich fürchtete, denn er konnte keine Frau weinen sehen, ohne sich der Weichheit seines Herzens bewußt zu sein. Und Friedel würde weinen, das wußte er … Verzweifelt saß er, je näher die acht Tage ihrem Ende rückten, am Tisch und lief durch die lauten Straßen, versuchte, seine Gedanken zu ordnen und einen Ausweg aus dieser Tragödie der Herzen zu finden. Ja, es war schon so … drei Herzen schrien um Hilfe … drei Herzen spielten hier um ihr Glück, und in diesem Spiegel lag ihre ganze Welt, ihre ganze Seligkeit, lag das Wesen des Menschen, wenn er, entblößt aller Schleier, nackt seine letzte und größte Hingabe bot …
    In seiner Gewissensnot rief er Hans Herten an und vereinbarte ein Zusammentreffen in dem kleinen Weinlokal, in dem die Prüfung seines Herzens begonnen hatte.
    Unter dem Vorwand, er müßte noch mit dem Bauherrn einen Detailplan besprechen, blieb er einen Abend von zu Hause fern und saß Hans Herten gegenüber, der ihn stumm musterte.
    »Entschieden?« fragte der Architekt endlich nach langem, lastendem Schweigen. Und als Fritz Bergschulte nickte, schob Herten das Weinglas weg und beugte sich über den Tisch.
    »Und was soll ich Friedel von Ihnen bestellen?« fragte er gespannt.
    »Friedel?« Bergschulte wurde verlegen. »Ja, was sollen Sie ihr sagen? Es hat sich alles anders entwickelt, als ich dachte. Meine Frau – Herr Herten, Sie werden es verstehen – es ist eben meine Frau, nach der ich mich gesehnt habe. Das Andenken an sie hat mir Halt in den Jahren der Hölle gegeben. Ihr Bild trug ich immer in mir, wenn ich zusammenzubrechen drohte. Friedel – sie ist ein liebes, süßes, verführerisches Mädel … aber sie wird mir von Tag zu Tag fremder, je länger ich Lina um mich habe. Friedels Bild verblaßt … und das ist furchtbar … Das wollte ich nicht …«
    Hans Herten nickte zufrieden. »Ich wußte es«, sagte er. »Lieber Herr Bergschulte, ich bin fast doppelt so alt wie Sie. Ich habe 26 Jahre lang eine gute und glückliche Ehe geführt, bis meine Frau bei einem Autounfall starb. Und ich würde heute, wenn es diese Wahl gäbe, auch nur wieder sie wählen, weil ich wüßte, daß ich mit ihr ein sicheres Glück habe. Eine neue Frau ist immer ein Risiko für den Mann …«
    »Wollen Sie es Friedel sagen?« bat Bergschulte unsicher. »Ich gebe zu, ich kann es nicht.«
    »Soll ich sagen, daß Sie zu Ihrer Frau zurückkehren?«
    »Muß es so deutlich sein?«
    »Es gibt nichts Schlimmeres für eine Frau, als von einem Mann aufgegeben zu werden, ohne daß sie weiß, welchen Grund er hat. Frauen sind für Klarheit der Gefühle, diesbezüglich werden sie von uns Männern viel zu oft unterschätzt.«
    »Friedel wird weinen …«
    »In diesem Alter sind Tränen heilsam.« Hans Herten trank seinen Wein. »Ein Mädel, das um ihre erste Liebe weint, wird ihre zweite Liebe um so schöner finden. Das ist ein kleines Geheimnis von dem komplizierten Wesen der Frau: Mit jeder Liebe, die stirbt, wächst die Größe des Gefühls einer Frau. Und Friedel ist noch so jung, sie wird noch öfters weinen und ihr zuckendes Herzchen festhalten. Man lernt den wahren Wert der Liebe erst durch die Entsagung kennen.«
    »Ich danke Ihnen, daß Sie mir diese schwere Aufgabe abnehmen wollen.« Fritz Bergschulte drückte Hans Herten die Hand. Es war ein Händedruck, der mehr war als eine Geste des
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