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Mit 17 setzt man auf die Liebe

Mit 17 setzt man auf die Liebe

Titel: Mit 17 setzt man auf die Liebe
Autoren: Tina Caspari
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und zuckten vor Nervosität, und ihr Kopf dröhnte, als hätte man ihn in eine Wäschetrommel gesteckt. Sie stand auf, ging ans offene Fenster und atmete ein paarmal tief ein. Drüben bei Funkes war alles dunkel. Wenn Klaus jetzt da wäre, wäre sie einfach über den Rasen gelaufen und hätte Steinchen an sein Fenster geworfen, bis er ihr aufgemacht hätte. Und dann hätten sie reden können.
    Katja ging leise in die Küche; sie aß wahllos aus dem Kühlschrank, was sie fand: ein paar Scheiben Wurst, eine Tomate, einen Rest kalter Kartoffelsuppe, dann legte sie sich wieder ins Bett. Bald darauf fiel sie in einen unruhigen, von wirren Träumen begleiteten Schlaf.
    Die Probe am nächsten Tag lief unerwartet gut. Trotzdem empfand Katja ein Gefühl entsetzlicher Leere in sich. Es wurde kaum gesprochen; alle schienen nur das eine Ziel zu haben, die
    Probe durch keine Unaufmerksamkeit, keinen Fehler in die Länge zu ziehen. Aber es war kein Gefühl, kein Feuer in dem, was sie da taten, mechanisch liefen Bewegungen und Gänge ab, der Funke wollte nicht überspringen. Lag es an der Musik? An der Choreographie? Oder war es einfach noch zu früh, war man noch zu sehr auf den technischen Ablauf konzentriert, als daß die Freude am Tanz sich hätte Bahn brechen können?
    Vielleicht liegt es ja auch an mir, dachte Katja. Vielleicht empfinde nur ich diese Kälte, diese Lähmung!
    Trotzdem arbeitete sie mit äußerster Anspannung. Erst als Janos rief: Schluß für heute Kinder! Danke schön! fühlte sie sich krank vor Erschöpfung.
    Zu Hause legte sie sich in die heiße Badewanne, zur Entspannung hatte Mami Melissenöl ins Wasser geschüttet, das tat gut. Als Mami dann noch mit einer Tasse Suppe kam und sie fütterte wie ein Baby, rollten Katja dicke Tränen über das Gesicht.
    „Da hast du dir wohl ein bißchen viel vorgenommen“, sagte Mami bedrückt.
    Katja schloß die Augen.
    „Ja“, sagte sie. „Zu viel.“
    Sie duschte kalt und legte sich auf ihr Bett. Stundenlang dachte sie nach. Als sie aufstand, war es fast Mitternacht. Mami, Papi und die Geschwister schliefen bereits fest. Nur Hermann stand torkelnd auf und folgte Katja ins Wohnzimmer, er legte seinen dicken Kopf auf ihre Füße, als sie sich neben das Telefon setzte, und schlief sofort ein. Katja wählte Janos’ Nummer.
    „Janos? Hier ist Katja. Verzeih, daß ich dich so spät noch störe, aber ich muß dich sprechen! Ich schaffe es nicht.“
    „Quatsch. So einen Tiefpunkt hat jeder mal, das geht vorüber, Katja-Mädchen. Du bist Spitze, glaub mir!“
    „Darum geht es nicht, Janos. Ich habe nachgedacht. Bitte versuch mich zu verstehen. Als du mich mitten in der Nacht am Gardasee abgeholt hast, da hatte ich gar keine Möglichkeit, nein zu sagen. Ich hatte ja keine Zeit, zu überlegen, ob es richtig war, was ich tat. Ich hab dir einfach blind vertraut, daß du schon wüßtest, was für mich richtig ist und... ein bißchen war ich natürlich auch geschmeichelt. Aber in diesen drei Tagen ist mir so vieles klargeworden. Ich weiß jetzt, daß dies nicht das Leben ist, das ich führen kann. Das ich führen möchte. Ich liebe den Tanz über alles, aber...“
    „Aber alles dafür aufgeben kannst du doch nicht. Die Schule, die Familie, Klaus, deine Freunde. Mach dir nichts draus, Katinka, ich habe es geahnt. Seit gestern schon. Vielleicht war es einfach zu früh für dich. Es ist meine Schuld. Jetzt schlaf, ich versuche, einen Ersatz zu finden. Ich sage dir morgen früh Bescheid.“
    „Bist du böse?“
    „Na klar, und wie!“ Janos lachte. „Ich werde ab sofort ,Sie’ zu dir sagen, und wenn du mir zufällig auf der Straße begegnest, werde ich dir die Zunge rausstrecken!“
    „Gute Nacht, Janos. Danke!“

Der Turm von Pisa lacht sich schief

    „Du bist noch nicht auf der Probe?“
    Davor hatte sie sich am meisten gefürchtet. Vor den neugierigen Fragen der Familie. Vor ihren verständnislosen Blicken, wenn sie gestand, daß sie das Handtuch geworfen hatte und die Tournee nicht mitmachen würde. Wo sie doch so viel erzählt hatte. Wo sie so stolz gewesen war. In der Nachbarschaft sprach man davon, daß Janos ihr nachgefahren war, um sie für sein Ballett zurückzuholen.
    Katja holte tief Luft. Es half alles nichts, sie mußte es hinter sich bringen. Sie sah Mami fest in die Augen, von ihr hoffte sie am ehesten verstanden zu werden.
    „Ich habe Janos heute nacht angerufen und ihm gesagt, daß ich die Rolle wieder abgebe. Ich schaffe es nicht. Ich habe eingesehen,
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