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Mit 17 setzt man auf die Liebe

Mit 17 setzt man auf die Liebe

Titel: Mit 17 setzt man auf die Liebe
Autoren: Tina Caspari
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daß er so brüllen konnte.
    „Ihr da drüben, was ist das für ein Hühnerhaufen! Iris, du standest zwei Meter weiter rechts! Helga, Marion, vorrücken! Janet, Katja, ausgleichen. Herrgott noch mal, das müßt ihr doch selber sehen, schlaft nicht ein! Musik ab! Und eins und eins und eins zwei drei... tam... tataram... ja sehr schön so, weiter... tam-tam-tataram... Helga, Marion, wo bleibt ihr denn, da müßt ihr längst vorn sein! Ja, hab ich’s denn hier nur mit Hirnlosen zu tun! Weiter. Nein! Wie oft soll ich euch das noch erklären! Jim, geh auf die Bühne, zeig’s diesen Vollidioten noch mal! Jimmy! Verdammt, wozu habe ich einen Assistenten, wenn er nie da ist! Na los, auf die Bühne! So, das Ganze noch mal von vorn!“
    Die Mädchen gingen mechanisch auf Anfangsposition. Das hier war nichts Besonderes, das gehörte zum Probenalltag. Nur Katja zitterte innerlich vor Angst, sie könnte jetzt einen Fehler machen. Sie nahm all ihre Kraft zusammen, und es ging alles gut, aber am Ende der Probe war sie den Tränen nahe.
    „So, Pause“, sagte Janos. „Um zwei machen wir weiter. War ganz gut jetzt. Ist doch komisch, daß man euch immer erst anscheißen muß, damit ihr funktioniert.“
    Die Mädchen verließen gleichmütig schwatzend und lachend die Bühne, zogen sich große Pullover oder dicke Sweatshirts über die verschwitzten Trikots, rubbelten sich die nassen Gesichter mit ihren Handtüchern ab und wanderten zur Kantine hinüber, um sich einen Joghurt, eine Tüte Milch oder eine belegte Semmel zu holen. Katja lief in die Garderobe, kauerte sich auf ihren Stuhl und verbarg das Gesicht in ihrem Handtuch. Sie war so fertig, daß sie weder Hunger noch Durst spürte.
    „Du bist auch neu in der Truppe, ja?“
    Es war Janet, die kleine Amerikanerin, die sie ansprach.
    „Ja.“
    „Wo bist du vorher gewesen? Du bist gut!“
    „Danke!“ Katja lächelte unter Tränen. Das Lob in diesem Augenblick war ein Geschenk des Himmels. „Ich bin noch nirgends gewesen - wenn du ein Engagement meinst. Ich bin Schülerin von Janos.“
    „Oh, daher. Er nimmt dich ganz schön ran, du kannst dich freuen.“
    „Meinst du?“
    „Hier, magst du?“ Janet hielt ihr ein großes Stück Schokolade hin. „Mit Honig und Nüssen und Traubenzucker. Ist gut für die Kondition.“
    „Danke. Wo kommst du her?“
    „Aus Connecticut. Mein Vater ist Amerikaner, meine Mutter Deutsche. Sie war Tänzerin. Wenn ich stöhne, sagt sie immer: ,Hättest eben was Vernünftiges lernen sollen.’ She’s right, but... na ja, es ist sowieso zu spät. Und manchmal ist es auch schön. Ich liebe es, und ich hasse es.“
    „Ja, ich glaube, so geht es mir auch“, sagte Katja nachdenklich. „Das heißt, im Moment weiß ich gar nicht, was ich eigentlich fühle. Liebe ich das Tanzen? Hasse ich es? Es ist alles so fremd.“
    „Tourneen sind das Schlimmste. Wenn du an einem Theater bist, dann ist das wie ein Zuhause“, erklärte Janet. „Es gibt Freundschaft und Streit wie in einer Familie. Einen Tag einen Erfolg, alle feiern, alle sind fröhlich, fallen sich um den Hals und lieben sich, und dann wieder: Krach, Probleme, Hetzerei, Anstrengung, und alle hassen sich. Aber man weiß, wo man hingehört. Tournee - da gehen sich alle auf die Nerven. Jeder will was für sich rausholen, die andern sind ihm egal. Du wohnst in miesen Hotels, hast nicht genug Geld, um in ein gutes Restaurant zu gehen, und arbeitest so viel, daß du kaum weißt, in welcher Stadt du gerade bist. Zwischendurch schaukelst du im Bus durch die Gegend, bist unausgeschlafen und wünschst die andern auf den Mond oder noch weiter weg.“
    „Und warum machst du es dann?“ fragte Katja unsicher.
    „Soll ich stempeln gehen? Ich hab ja nichts anderes. Bei Janos dabeigewesen zu sein, ist gut fürs Image. Vielleicht finde ich hinterher ein Engagement. Sonst muß ich zurück nach Amerika. Ich möchte gern in Europa bleiben.“
    In diesem Augenblick tauchten drei der Gruppentänzerinnen auf, sie hielten ihre Verträge in der Hand und machten nicht gerade glückliche Gesichter.
    „Du sollst ins Büro kommen, deinen Vertrag unterschreiben, Katja!“ rief ihr ein Mädchen zu. „Jetzt gleich.“
    Katja fühlte sich nicht besonders wohl, als sie das Büro des Tournee-Managers betrat. Sie hatte so einen Vertrag noch nie zu Gesicht bekommen und wünschte sehnlichst, Petra wäre jetzt hier gewesen. Die kannte sich in solchen Dingen besser aus.
    Ottmar Öslau, der Manager, war ein unangenehmer Typ. Das
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