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Mit 17 setzt man auf die Liebe

Mit 17 setzt man auf die Liebe

Titel: Mit 17 setzt man auf die Liebe
Autoren: Tina Caspari
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wußten alle. Seine spärlichen Haare klebten vor Pomade, und das Hemd unter dem modischen Anzug spannte über dem dicken Bauch. Schweigend schob er Katja ein Formular hin und wies auf eine Stelle unten auf dem Blatt.
    „Da mußt du unterschreiben.“
    Katja zog sich den Vertrag heran und begann ihn zu studieren.
    „Was denn, so wenig?“ fragte sie erschrocken.
    „Na, hör mal! Du bist ja noch nicht mal fertig ausgebildet! Ich kann dich nur als Statistin einstufen. Und dann kriegst du ja schließlich Diäten, wirst umsonst kreuz und quer durch Europa gefahren! Für die Chance müßtest du noch was draufzahlen!“
    „Aber ich...“
    „Nun unterschreib schon, ich hab’s eilig.“
    Katja fühlte, wie eine Welle kalter Wut in ihr hochstieg. Verschaukeln ließ sie sich nicht, da mußte der Typ dort sich eine andere suchen.
    „Ich möchte über diesen Vertrag erst mit Janos reden“, sagte sie kühl und stand auf. „Er hat mich schließlich höchstpersönlich aus Italien geholt, um mir diese Rolle zu übertragen.“
    „Janos Thöldy ist ein großer Künstler, aber vom Geschäft hat er keine Ahnung“, sagte Öslau mit einem unangenehmen Grinsen. „Wenn ich auf ihn hörte, wäre das Unternehmen pleite, ehe es überhaupt begonnen hat.“
    Katja nahm allen Mut zusammen und zwang sich zur Ruhe. „Das ist nicht mein Problem. Unter diesen Bedingungen werde ich hier nicht arbeiten. Im übrigen kann ich den Vertrag gar nicht unterschreiben. Ich bin noch nicht achtzehn. Das muß mein Vater tun.“
    Öslaus Augenlider flatterten.
    „Na schön, dann kann ich nur hoffen, daß dein Vater Geschäftsmann genug ist, um meine Lage zu verstehen. Unter Umständen, wenn ich die Kalkulation jetzt noch mal durchgerechnet habe, kann ich noch ein, zwei Hunderter drauflegen. Aber ich kann nichts versprechen.“
    Katja nahm ihren Vertrag und verließ das Zimmer. Nach diesem Sieg über ihre eigene Furcht fühlte sie sich besser. Sie lief in die Kantine hinunter, holte sich eine Tüte Kakao und hatte gerade noch Zeit sie auszutrinken, bevor die Probe weiterging.
    Am Anfang schien alles gutzugehen, aber dann unterlief ihr zweimal hintereinander ein gewaltiger Patzer, und sie war der Verzweiflung nahe. Janos sagte nichts, aber zwei der anderen Tänzerinnen hinter ihr steckten die Köpfe zusammen und tuschelten. Sie konnte nicht alles verstehen, aber was sie hörte, reichte, um sie in maßlose Wut zu versetzen. Sie redeten über sie. Von jetzt an spannte sie all ihre Kräfte an, und nicht die kleinste Anweisung entging ihr mehr. Sie wuchs über sich selbst hinaus.
    Dafür hatte sie nach der Probe das Gefühl, sich nicht mehr auf den Beinen halten zu können.
    „Das war schon recht gut, Katinka“, sagte Janos. „Kopf hoch, das kriegst du schon hin.“
    „Ach, sei doch ehrlich! Ich schaffe es nie!“ beklagte sie sich weinerlich. „Ich passe hier einfach nicht rein. Die andern sind alle Profis.“
    „Wer hat dir denn den Blödsinn eingeblasen“, sagte Janos ärgerlich. „Jetzt fang bloß nicht an zu spinnen! Hat einer eine dumme Bemerkung gemacht? Ich denke, du bist so hart im Nehmen?“ Er schüttelte ungeduldig den Kopf. „Katja, eins mußt du dir merken: am Theater wird mit harten Bandagen gekämpft. Neid, Verlogenheit, Intrigen, Gehässigkeiten sind unser täglich Brot. Dagegen mußt du dir ein dickes Fell anschaffen! Was hat sie denn gesagt?“
    „Na, irgend etwas wie... ,das hat man davon, wenn man mit Laien auf der Bühne stehen muß’.“
    „Gut, das nächste Mal, wenn sie patzt, sagst du zu deiner Nachbarin ,das hat man davon, wenn man mit Leuten aus der hintersten Provinz auf der Bühne stehen muß’, klar? Und jetzt entschuldige mich, ich werde im Büro erwartet.“
    „Ach ja, über den Vertrag wollte ich auch noch mit dir reden!“ Aber Janos hörte nicht mehr zu; der Beleuchter und sein Gehilfe hatten ihn bereits wieder mit Beschlag belegt.
    Katja zog sich um und fuhr nach Hause.
    „Du siehst schlecht aus, Liebling“, sagte Mami. „Wie lange soll denn das noch so weitergehen?“

    „Ach, das ist wohl bloß die Umstellung“, wich Katja aus. „Ich bin dieses Leben einfach noch nicht gewöhnt. Und die Probenzeit ist sehr knapp für mich, ich muß einiges nachholen.“
    „Na ja, hast du wenigstens vernünftig gegessen?“
    „Hab keinen Hunger. Ich gehe gleich ins Bett.“
    In dieser Nacht konnte sie nicht schlafen. Unruhig warf sie sich von einer Seite auf die andere. Sie war todmüde, aber ihre Beine kribbelten
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