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Die Stunde des Adlers (Thriller)

Die Stunde des Adlers (Thriller)

Titel: Die Stunde des Adlers (Thriller)
Autoren: Markus A. Will
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Prolog
    Kraftlos steht von Hartenstein auf, schleppt sich zur Theke und greift nach dem Handy. Im Hinterzimmer erblickt er den tonlos laufenden Fernseher: »Bundesbankpräsident Claus Victor Dohm ermordet« blinkt die Breaking News tiefrot ein. Baron Dr. Hanns-Hermann von Hartenstein sackt in sich zusammen. Seit Tagen hat der große schlanke Mann kaum etwas gegessen. Die Betäubung, der Gewaltmarsch, jetzt der Mord an seinem Freund – für den Bundesbanker ist das zu viel. Alles, aber auch alles ist verloren!
    Seit Mitternacht lief »Operation D-Day« – die streng geheime Wiedereinführung der D-Mark in Deutschland. Nach Dienstanweisung der Deutschen Bundesbank war die frische Liquidität verpackt: Scheine und Münzen nach Wert geordnet in Säcken, mit Siegel und zwei Unterschriften versehen – vom Pfennig bis zum 1.000-D-Mark-Schein. Das musste ordentlich, aber auch möglichst schnell ausgebucht werden. Laster für Laster, Charge für Charge, 60 tonnenschwere Lkws pro Stunde. Wenn es neues Geld gab, sah das nicht viel anders aus als eine allgemeine Mobilmachung. Und die D-Mark war eine sehr scharfe Waffe in diesem Währungskrieg mit den anderen Eurostaaten.
    Nach jeder ausgebuchten Zehner-Charge schloss sich das schwere Bunkertor. Draußen gliederten sich dann die schwer bewaffneten Begleitfahrzeuge ein. Erst wenn das innere Panzertor zu und die Begleitung parat war, rollte die besicherte Charge auf der großen Anlage an das schwere Außentor. Nie waren beide Tore gleichzeitig offen. Einmal runter vom Bunkergelände hielten die Kolonnen bis zum Ziel aus Sicherheitsgründen nicht ein einziges Mal an. Motorräder mit Blaulicht machten den Kolonnen jede Straße frei. Die Codes mit ihren Fahrbefehlen waren eindeutig. So war der Plan, immer wenn es neues Geld gab, immer nach einem Wochenende. Neues Geld kam immer montags.
    Zentralbereichsleiter von Hartenstein kannte den Geheimplan und den nicht minder geheimen Ort genau: Einige Male, wenn die Deutsche Bundesbank zu D-Mark-Zeiten den Wechsel einer kompletten Serie an Mark und Pfennig geübt hatte, war er »Bundesbankpräsident ÜB«. Er hatte geheime Wochenendsitzungen geleitet, manche sogar im Rahmen ganzer Nato-Übungen, in den gut ausgestatteten Kammern des Bunkers übernachtet, sich mit dem Bundessicherheitskabinett abgestimmt und dann – immer um Mitternacht von Sonntag auf Montag – den streng geheimen ÜB-Code für das Manöver gegeben.
    Die Bundesbank nannte diese Übungen »Die Stunde des Adlers«– in Anlehnung an den Bundesadler auf der Mark. Seit der Einführung des Euro hatte es das aber nicht mehr gegeben. Von Hartenstein zählte zu den wenigen Top-Bundesbankern, die wussten, dass die Deutsche Bundesbank sicherheitshalber eine Serie mit Mark und Pfennig gebunkert hatte. Trotz Friedens in Europa hatte ja auch jedes Land weiter sein eigenes Militär, und die Bundeswehr würde im Falle des Falles auch auf Waffen zurückgreifen können und nicht mit Wattebäuschchen werfen.
    »Unglaublich«, flüsterte von Hartenstein vor sich hin, je näher sein Lkw der Abfertigung rückte. Hunderte von solchen tonnenschweren Lastern mit Abermilliarden an frischen Scheinen und Münzen warteten geduldig in einer endlosen Schlange. Truck an Truck, fast alle mausgrau, reihten sich auf der tunnelartigen Hauptstraße des Bunkers zur Abfertigung am schweren Panzertor auf. Als Bundesbanker kannte er das alles, wusste, dass jede Zehner-Charge genau zehn Minuten brauchte, um drinnen abgefertigt zu werden. Immer wenn seine Charge wieder ein Stück vorfahren konnte, ruckelte es. Das hielt den völlig übermüdeten von Hartenstein wach. Vier oder fünf Tage mussten die Markigen ihn hier interniert haben. In seinem unrasierten Gesicht hatte der Dreitagebart gerade begonnen, in ein zotteliges Gewuchere überzugehen.
    Widerstand war zwecklos, die Operation lief, von Hartenstein wollte nur noch raus. Er hatte verloren. Für sich, für Deutschland und für Europa; denn für ihn war immer klar, dass Europa den Euro brauchte. Wie viele Diskussionen er darüber gerade mit Schülern geführt hatte. Wie oft er jungen Menschen zu erklären versucht hatte, dass Europa viel mehr war als ein Wirtschaftsraum. Dass es um eine europäische Identität ging. Und dass es auch um Frieden in Europa ging.
    In den letzten Wochen hatte er alles darangesetzt, um diese verdammte Operation D-Day noch zu verhindern. Allein hatte er zuletzt gegen die ganze markige Bewegung gekämpft. Und dies, obwohl Triple H,
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