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Mit 17 setzt man auf die Liebe

Mit 17 setzt man auf die Liebe

Titel: Mit 17 setzt man auf die Liebe
Autoren: Tina Caspari
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und steckten die Nase in ein Papier, das eine von ihnen in den Händen hielt.

    „Eine Unverschämtheit!“ sagte das Mädchen neben ihr. „Und dafür sollst du dich am Ende noch bedanken! Aber so sind sie alle. Ich möchte wissen, wozu wir eine Gewerkschaft haben. Anfängervertrag, das ist doch ein Witz! Ich möchte wissen, was die Herren anfingen, wenn man sie mal zwingen würde, von dem bißchen Geld zu leben. Aber da ködern sie dich damit, daß du angeblich so viel sparst, weil du ja noch deine Diäten kriegst. Und die reichen nicht mal für eine warme Mahlzeit am Tag!“
    „Wenn du kein Star bist, kannst du überhaupt nichts machen. An den großen Theatern vielleicht. Aber diese Sorte von Gastspiel-Unternehmen...vergiß es! Die jammern dir so lange vor, daß sie an der Inszenierung ganz sicher pleitegehen, weil sie dabei draufzahlen müssen, daß du ihnen am Ende am liebsten noch was schenken würdest.“
    „Ohne Gage aufzutreten, das könnte ihnen so passen. Aber dieser Ottmar ist auch ein ganz gerissener Kerl, das habe ich schon von Kollegen gehört. Bei dem mußt du aufpassen!“
    „Stimmt. Der Henry aus Hamburg, kennst du den? Der hat ein Dreivierteljahr auf die letzte Gagenzahlung warten müssen. Erst als er mit dem Anwalt gekommen ist, war das Geld plötzlich da.“
    „So sind sie doch alle. Sie versuchen es eben. Und selber gönnen sie sich alles und wohnen im besten Hotel der Stadt.“
    „Klar. Weil sie sonst nicht kreditwürdig sind!“
    Die Mädchen lachten. Dann sprachen sie über andere Dinge. Das heißt - eigentlich sprachen sie immer über das gleiche, stellte Katja fest. Über Kollegen. Über Schuhe und Kleidung. Über Kosmetik und Frisuren, Schlankheitstips und Fitneß-Rezepte. Vor allem aber über Theater. Theater, an denen sie waren, Theater, von denen sie träumten, Choreographen, die sie haßten, Choreographen, die sie bewunderten. An den Kollegen ließen sie selten ein gutes Haar, auch die größten Stars wurden einer unbarmherzigen Kritik unterzogen.
    Die Pause zog sich in die Länge; die Männer auf der Bühne waren in Streit geraten, die Stimmen wurden laut und aggressiv.
    Die Mädchen sprachen jetzt über den Urlaub. Was machte man als Tänzerin im Urlaub? Man besuchte Workshops, Ferienkurse bei Lehrern, bei denen man sonst keine Gelegenheit hatte zu arbeiten. Oder man gab selbst Unterricht, um das schmale Gehalt aufzubessern. Man fuhr zum Vortanzen an Theatern, an denen man gern engagiert worden wäre, oder arbeitete verbissen daran, den eigenen Stil zu verbessern.
    Ob sie je ein Buch lasen? Ins Kino gingen oder eine Ausstellung besuchten? Ob sie ein Familienleben hatten, Freunde besuchten, bei denen über andere Dinge gesprochen wurde als über Theaterklatsch? Vermutlich nicht. Wenn man Berufstänzer war, dann war man es total, wenig anderes hatte da Platz. Man war auch viel zu erschöpft, das wußte Katja nun aus eigener Erfahrung. Morgens Training, dann Probe und abends Vorstellung; da fühlte man sich so leer und ausgepumpt, daß man zu kaum einem klaren Gedanken mehr fähig war. Man mußte besessen sein von diesem Beruf, um das ein Leben lang aushalten zu können. Ein Leben lang? Zwanzig Jahre vielleicht, dann war man zu alt, körperlich fertig, wenn man Glück hatte, konnte man dann Unterricht geben, irgendwo eine kleine Ballettschule aufmachen. Oder man blieb am Theater, als Hilfskraft des Ballettmeisters, überwachte das tägliche Training, unterrichtete die Eleven. Nur die wenigsten schafften es bis in Spitzenpositionen, wurden selbst berühmte Leiter einer Truppe oder tanzten auch mit über fünfzig noch als hochbezahlte Solisten auf den großen Opernbühnen.
    „Alles auf die Bühne, schnell, Mädchen, es geht weiter. Wir sind spät dran!“
    Wie sie diesen Inspizienten haßte. Schon dieser überhebliche Blick, diese Verachtung, wenn er sie vor sich herscheuchte wie eine Schar Gänse. Nur wenn Janos in seine Nähe kam, dann buckelte er und raspelte Süßholz, daß es nicht zum Aushalten war. Dann spielte er sich auf, als ginge ohne ihn überhaupt nichts an diesem Theater.
    Janos war gereizt, das spürte Katja sofort.
    „Zweiter Akt, erste Szene noch mal bitte. Los Kinder, stellt euch auf, wir haben keine Zeit. In zwei Wochen ist Premiere. Und Konzentration bitte! He! Was ist da los? Ruhe hinter der Bühne, verdammt noch mal! So kann ich nicht arbeiten! Wir haben genug Zeit verloren! Haltet eure Privatgespräche gefälligst draußen!“ Katja hatte gar nicht gewußt,
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