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Milchschaum

Milchschaum

Titel: Milchschaum
Autoren: Mehler
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Er nimmt jedes Wort, das sie sagt, unter die Lupe. Rosies Alibis werden noch mal genauestens überprüft. Und einen Schnitzer hat Rosie bereits gemacht.«
    Fanni hob erstaunt den Blick vom holprigen Weg und sah Sprudel an.
    »Sie ist heute Vormittag plötzlich ärgerlich geworden. Sie würde sich, hat sie gekreischt, von niemandem was ans Zeug flicken lassen. Von ihrem Neffen nicht, von dem Erbschleicher nicht und von einer verrückten Erlenweilerin, die dafür bekannt ist, dass sie den ganzen lieben langen Tag nichts tut als Kriminalromane zu lesen –
    Von Frau Praml in Umlauf gebracht?
    – schon gar nicht. Vor Fanni Rots Verdächtigungen sei doch niemand sicher, behauptet Rosie.«
    Fanni schnappte nach Luft. »Damit hat sie verraten, dass sie uns belauscht hat – in der Hütte, gestern, als wir darüber geredet haben, dass sie es war.«
    Sprudel legte den Arm um ihre Schultern. »Ja, das hat sie«, sagte er ruhig und nahm Fanni fester in den Arm. »Marco lässt Rosie Hübler keine Ruhe mehr«, versicherte er ihr. »Rosie wird einen Fehler nach dem anderen machen, und dann schnappt die Falle zu. Besonders im Fall Winzig wird die Sache mit dem Alibi ein Übriges tun. Rosie war zur Tatzeit auf dem Friedhof, das kann Togo-Franz bezeugen. Dass sie zu spät zum Leichentrunk kam, wird sich zudem nachweisen lassen.«
    Sie blieben auf dem kleinen Parkplatz in Rohrmünz vor Sprudels Wagen stehen.
    »Marco klopft die Hübler weich, du wirst sehen.«

23
    Am Gründonnerstag um fünf vor zwölf gab Rosie Hübler zu, Pfarrer Winzig getötet zu haben.
    Marco hatte ihr mit der Originaltatwaffe – dem Engel vom Böckl-Grab – vorgeführt, wie sie dem Pfarrer den Schädel einschlug.
    Er hielt die Figur am linken Flügel gepackt und zielte auf den Hinterkopf eines am Boden knienden Menschen. Als Opfer hatte einer seiner Kollegen einspringen müssen.
    Während Pfarrer Winzigs Double – von Marco inzwischen für tot erklärt – noch im Kotau auf dem Boden des Vernehmungszimmers kauerte, brach Rosies Widerstand zusammen.
    Sie begann zu reden und hörte bis drei Uhr nachmittags nicht mehr auf damit.
    Rosie hatte eine Menge zu berichten: über die Undankbarkeit von Pfarrer Winzig, über die Dummheit von Elsie, über die Beschränktheit von Elsies Sohn, über die Frechheit des Erbschleichers, über die Begriffsstutzigkeit von Togo-Franz, über die Hochnäsigkeit von Fanni Rot, über alles und jeden.
    Nach und nach bestätigte sie all das, was Fanni und Sprudel herausgefunden hatten.
    Um Viertel nach drei drückte der Haftrichter Marco die Hand, wünschte ihm frohe Ostern und ließ Rosie Hübler in eine Zelle sperren.
    Am Mittwoch nach Ostern wurde Pfarrer Winzig beerdigt. Rosies Geständnis hatte bewirkt, dass seine Leiche freigegeben und nach Birkdorf überführt werden konnte.
    Die Trauerfeier hielt der neue Seelsorger der Gemeinde. Pünktlich zu den Feiertagen hatte er sein Amt angetreten, und kurz darauf war Togo-Franz abgereist. Fanni fragte sich, ob die Zeit des Gastpriesters in Birkdorf abgelaufen war oder ob Togo-Franz einfach genug hatte von Niederbayern.
    Fanni stand zwischen Leni und Hans Rot auf dem Friedhof inmitten der Trauergäste.
    Leni und Marco hatten tags zuvor an ihren Arbeitsstellen um Urlaub nachgesucht. Leni war dann noch bis Mitternacht im Labor geblieben, um ihre Versuchsreihe abzuschließen. Frühmorgens war sie nach Erlenweiler gefahren. Und morgen wollte sie mit Marco verreisen – Madrid, Barcelona, Sevilla.
    »Du musst doch nicht mit zur Beerdigung kommen«, hatte Fanni zu ihr gesagt. »Es reicht, wenn Papa mich dazu zwingt.«
    Aber Leni hatte geantwortet, dass sie sich diese Veranstaltung auf keinen Fall entgehen lassen wollte.
    Sie kam voll auf ihre Kosten. Soeben hielt ein Stadtrat aus Deggendorf (der mit dem Hang zur Stilblüte) seine Rede. Er dankte dem neuen Birkdorfer Pfarrer und dem »heruntergekommenen Pfarrer von Greising« für die Gestaltung des Trauergottesdienstes.
    Leni presste beide Fäuste auf den Mund und lief dunkelrot an. Hans Rot trat einen Schritt hinter Fanni und flüsterte über ihre Schulter in Lenis Ohr. Fanni konnte hören, was er sagte: »Der Stadtrat will sagen, dass der Greisinger Pfarrer extra zur Beerdigung nach Birkdorf heruntergekommen ist.«
    Leni hatte die Augen zugekniffen. Unter ihren Fäusten drang ein Schnorchellaut hervor.
    Fanni trat ihr auf den Fuß.
    Und dann konnte Fanni nicht mehr anders, sie musste schräg nach rechts über zwei Grabsteine hinweg
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