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Milchschaum

Milchschaum

Titel: Milchschaum
Autoren: Mehler
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nichts ge…«, begann Fanni. Sie brach ab, weil sie merkte, dass Sprudel in den Wald horchte.
    »Ich geh ihnen ein paar Schritte entgegen«, kündigte er an und wandte sich ab. Fanni sah ihm nach.
    Im nächsten Augenblick traf Rosies Stiefelabsatz auf ihre Schläfe.

21
    »Nein«, sagte Fanni. Sie legte alle Kraft, die sie aufbringen konnte, in ihre Stimme.
    Sprudel drückte sie an sich. »Meinst du …?«
    »Krieg ich hin«, unterbrach ihn Fanni, »zum Wagen gehen, einsteigen, nach Hause fahren. Krieg ich hin.«
    Sprudel schob sie sanft auf den Trampelpfad, der durch das Waldstück weiter abwärts führte, flacher nun und leichter begehbar. Er nahm ihr Gesicht in die Hände, gab ihr einen Kuss, dann ließ er sie los.
    Laufen! Schritt – Schritt – Schritt!
    Fanni folgte dem Kommando, das von einem tief gelegenen Plätzchen in ihrem Hirn aus rief.
    Fünfzehn Minuten später stand sie vor ihrem Wagen.
    Öffnen!
    Fanni fand den Schlüssel in ihrer Hosentasche, schloss auf und warf sich auf den Fahrersitz.
    Der Zündschlüssel wollte verflucht noch mal nicht ins Zündschloss. Fanni atmete durch, zielte und stieß ihn hinein. Dann umklammerte sie das Steuerrad mit beiden Händen, krampfte die Finger um den Kunststoff, bis sie blutleer waren und nicht mehr zitterten.
    Zündschlüssel drehen! Gang einlegen! Gas geben!
    Fanni gehorchte.
    Blinker! Links und rechts schauen! Abbiegen!
    Die Ampel an der Birkdorfer Kreuzung nicht übersehen!
    Fanni schaffte es, an der roten Ampel anzuhalten und bei Grün wieder loszufahren.
    An der Abzweigung nach Erlenweiler ließ sie ganz nach Vorschrift einen entgegenkommenden Wagen vorbei, bevor sie links abbog.
    Fanni fand ihre Zufahrt und traf in ihre Garage. Dort stellte sie den Motor ab, blieb sitzen und starrte durch die Windschutzscheibe auf die blaue Papiertonne, die an der Wand stand.
    Aussteigen!
    Hans Rot. Er wird mir ansehen, dass etwas passiert ist. Ich kann nicht …
    Hans ist noch nicht zurück, sonst stünde sein Wagen in der Zufahrt!
    Stimmt. Fanni ächzte, als sie sich aus dem Wagen hievte.
    Fix jetzt, Frau Praml könnte lauern!
    Fanni presste den Hausschlüssel zwischen Daumen und Zeigefinger, hastete zum Haus, zielte mit dem Schlüssel ins Schloss und drehte ihn so heftig, dass Metall aufkreischte.
    Sobald die Tür aufsprang, hechtete Fanni über die Schwelle. Sie warf die Haustür mit einem Knall hinter sich zu. Der Luftzug ließ Fichtennadeln und Waldbodenkrümel aus ihrer Kleidung regnen.
    Runter mit dem Zeug!
    Fanni schlüpfte aus der Jacke, stieg aus der Hose, wickelte die Kleidungsstücke zu einem Knäuel und klemmte es unter den Arm. Mit einer Hand fegte sie die Nadeln und Erdbröckchen auf dem Boden grob zusammen. Das dabei entstandene Häufchen nahm sie mit.
    Als sie in die Diele trat, sah sie, dass der Anrufbeantworter blinkte. Sie quetschte das Kleiderbündel fester unter den Arm und drückte auf die Abspieltaste.
    Unter Rauschen und Surren gab Hans Rot bekannt, dass es später werden würde, sehr spät vermutlich. Einer der Kegelbrüder hatte …
    Fanni hörte nicht mehr zu.
    Sie ließ sich in den Sessel neben dem Telefon fallen. Unter ihrem linken Arm klemmte das Kleiderbündel, in der rechten Hand hielt sie mit Fichtennadeln gespickte Erde.
    Rosie Hübler hatte sie umbringen wollen. Gerade eben, vorhin, keine halbe Stunde war inzwischen vergangen, oder doch?
    Was zum Henker spielen ein paar Minuten hin oder her für eine Rolle?
    Sprudel hatte ihr das Leben gerettet. Zweimal! Das erste Mal, als Rosie all die Steine im Abhang auf sie herunterprasseln ließ und, weil keiner traf, dann selbst herunterschlitterte, um Fanni mit einem Astknüppel zu erschlagen.
    Sprudel muss den Krach gehört haben, sinnierte Fanni, das Poltern, das die Steine verursacht haben. Er ist dem Lärm nachgegangen und hat eben noch gesehen, wie Rosie mit ihrem Prügel den Abhang hinuntersprang.
    Sprudel ist hinter Rosie her und hat sie eingeholt – in letzter Sekunde.
    Das hätte ihn selbst beinahe das Leben gekostet.
    Wenn dir Hans Rot damals das Pfefferspray nicht aufgedrängt …
    Kurz darauf musste mich Sprudel ein zweites Mal vor Rosie retten. Sie hatte bereits wieder ausgeholt, mit ihrem Stiefel.
    Fanni erhob sich matt. Sie schlurfte ins Badezimmer, warf das Dreckhäufchen, das sie die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte, in den Mülleimer und klappte den Behälter für die Schmutzwäsche aus dem Badezimmerschrank. Jacke und Hose fielen hinein. Pullover, Socken,
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