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Milchschaum

Milchschaum

Titel: Milchschaum
Autoren: Mehler
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Fanni.
    Rosies Familie wird sich hüten, es an die große Glocke zu hängen!
    So was lässt sich nicht lang verheimlichen. Außer …
    Außer sie ist schon wieder freigelassen worden. Du solltest dich einschließen, Fanni!
    »Haben die Kinder von sich hören lassen?«, fragte Hans brummig.
    »Sie kommen über die Feiertage«, antwortete Fanni. »Vera mit der ganzen Familie und Leni.«
    Hans Rot wurde lebendig. »Und Leo?«
    Fanni seufzte. »Kein Platz mehr für ihn«, murmelte sie.
    »So weit kommt’s noch«, schrie Hans, »dass wir keinen Platz hätten für eins der Kinder! Leo kann ja im Wohnzimmer auf der Couch schlafen oder in deinem Arbeitszimmer, das benutzt du doch sowieso nie.«
    Fanni musste sich zwingen, nicht laut zu lachen, als sie sich vorstellte, was Leo für ein Gesicht ziehen würde, käme ihm einer mit dem Ansinnen, im Wohnzimmer auf einer Klappmatratze zu campieren oder im Arbeitszimmer zwischen Leitzordnern, alten Zeitschriften, Fotoalben und Kästen mit Diapositiven.
    Hin und wieder, wenn sich Leo dazu durchringen konnte, ein Wochenende in Erlenweiler zu verbringen, dann wollte er zumindest in seinem alten Zimmer wohnen und online eine ständige Verbindung zu World of Warcraft halten.
    »Gut«, antwortete Fanni, weil sie wusste, dass Gegenargumente bei Hans nicht fruchteten. Wenn es um seine Prinzipien ging, dann war Fannis Mann stur wie ein Erdrutsch. »Gut, gut, ruf du ihn heute Abend an.«
    »Der Leo kommt, das garantier ich dir«, verkündete Hans und gewann zusehends an guter Laune. Geschäftig schob er den leeren Teller zurück und stand auf. »Wir sollten heute ein bisschen später Abendbrot essen. So gegen sieben vielleicht. Dann kann ich vorher noch zum Getränkemarkt fahren.« Er begann, an den Fingern aufzuzählen: »Weißbier, Krombacher Pils für mich, Beck’s für Bernhard, Cola für Vera …«
    Fanni fing an, den Tisch abzuräumen.
    Gegen halb zwei klingelte das Telefon. Hans war eine Viertelstunde zuvor mit einer langen Getränkeliste in der Hosentasche zurück ins Büro gefahren.
    Fanni kniete vor dem Schlafzimmerschrank und suchte die Handtücher mit den Schlümpfen für Max und Minna heraus, blau für Max, rosa für Minna. Sie sprang auf, rannte in den Flur und hob ab. Sprudels Stimme klang abgehackt. Rauschen, Motorgeräusche.
    Er telefoniert vom Wagen aus!
    »Fanni!«, rief er. »Ich bin unterwegs. Komme vom Polizeipräsidium in Straubing. Können wir uns treffen? In zwanzig Minuten? An der Kreuzung bei der Martinskirche? Auf dem kleinen Parkplatz gegenüber von diesem Chinarestaurant?«
    »Ja«, rief Fanni zurück. »Ja, Sprudel. Ecke Eggerstraße. Zwanzig Minuten.«

22
    Fanni ließ ihren Wagen vor dem Chinarestaurant stehen und stieg in Sprudels Mietwagen um. Sprudel reiste von Genua aus immer mit dem Flugzeug an und mietete sich in München einen Wagen, den er bei seiner Abreise dort wieder zurückgab.
    Was wenn Sprudel das Saller-Anwesen behält und monatelang hierbleibt?
    Das Mietwagen-Problem wird sich dann wohl am leichtesten lösen lassen.
    Bevor Sprudel losfuhr, bedachte er Fanni mit einem Lächeln, das ihre Körpertemperatur bedenklich nahe an die Fiebergrenze trieb.
    »Wollen wir ein Stück laufen?«, fragte sie.
    Sprudel bog in die Ruselstraße ein, kreuzte die Graflinger und lenkte auf die linke Spur hinüber, die auf den Ulrichsberg zuführte.
    »Dreitannenriegel?«, schlug er vor.
    Fanni nickte. »Von Rohrmünz aus.«
    Die Wanderung würde eine gute Stunde dauern. Zeit genug, um alles über das Verhör von Rosie Hübler zu erfahren. Zwischen Rohrmünz und dem Dreitannenriegel würde heute niemand unterwegs sein, denn in den höheren Lagen um Deggendorf gab es noch immer ein paar Schneefelder. Die hielten Spaziergänger und Radfahrer ab, für die Langläufer waren sie nicht mehr groß genug.
    Während Sprudel die Straße nach Rohrmünz hinaufkurvte, sagte er: »Ich soll dir beste Grüße von Marco übermitteln – und seine Hochachtung.«
    Fanni wurde rot. »Hat Rosie …?«
    Sprudel lächelte kryptisch. Er bog in den Feldweg hinter dem Dorfwirtshaus ein und stellte den Wagen auf dem dafür ausgewiesenen Schotterplatz neben dem Weg ab.
    Er stieg aus, öffnete den Kofferraum und nahm seine Wanderschuhe heraus. Fanni wartete schweigend, bis er die Schuhe gewechselt hatte. Sie selbst trug bereits Wanderstiefel und hatte einen kleinen Rucksack umgeschnallt, in dem Regenjacke und Mütze verstaut waren. Treffen mit Sprudel hießen meist Stock und Stein und lange
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