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Im Auge des Falken (Regelence-Serie) (German Edition)

Im Auge des Falken (Regelence-Serie) (German Edition)

Titel: Im Auge des Falken (Regelence-Serie) (German Edition)
Autoren: J.L. Langley
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    Prolog
     
     
    26. Januar 4811, Planet Englor, Moreal, eine Lichtung am Rand von Hawthorne Manor
     
    Ein vertrocknetes Blatt wirbelte über die Spitze seines glänzenden schwarzen Stiefels, als er den rechten Fuß anhob. Nathaniel hätte einfach zu Hause bleiben sollen... scheiß auf die Ehre. Es war doch nur ein Missverständnis gewesen, ein Unfall. Und jetzt würde er einen hohen Preis dafür zahlen. Er würde sterben.
    »Sechs.«
    Nate schluckte hart und atmete tief durch, während er seinen sechsten Schritt machte. Die kühle Morgenbrise strich durch seine dunkelbraunen Haare und wehte ihm eine zu lange Strähne ins Gesicht. Er blinzelte und schüttelte den Kopf, damit sie wieder nach hinten rutschte, und wünschte im gleichen Moment, er hätte es nicht getan. Sein Kopf schmerzte immer noch von dem heftigen Saufgelage, dem er in der Nacht zuvor gefrönt hatte. Wenn er das hier durch irgendein Wunder überleben sollte, würde er nie wieder einen Tropfen Alkohol anrühren.
    »Sieben.« Baron Whites Stimme tönte scharf über das Rascheln der Blätter und die Geräusche der Pferde. Vielleicht wirkte das aber auch nur durch die besonderen Umstände so. Oder vielleicht war es der Kontrast zu der friedlichen Lichtung.
    Mit vernebeltem Hirn und einem Körper, der auf Autopilot lief, bewegte sich Nate weiter. Er blinzelte zum Horizont, der hinter den kahlen Bäumen zu erahnen war, wo die Sonne den Himmel langsam mit ihrer Morgenröte überzog. Wann war er das letzte Mal so früh auf gewesen, um einen Sonnenaufgang zu sehen? Er konnte sich nicht erinnern, aber das Wissen, dass dies vielleicht seine letzte Gelegenheit dazu war... Sein sorgenfreies Leben als Erbe des Duke of Hawthorne erschien ihm plötzlich verschwendet.
    Vom Rand der Lichtung erklang ein Räuspern, als sich die Stimme des Barons erneut erhob.
    »Acht.«
    Nathaniel marschierte einen Schritt weiter. Wie hatte er nur glauben können, dass der Viscount auf die Stimme der Vernunft hören würde? Daniel Bradford, Viscount Hargrove und Erbe des Marquis of Oxley, war schon immer ein Hitzkopf gewesen.
    Obwohl ihre Väter die engsten Freunde waren und Nate und Daniel sich praktisch von Geburt an kannten, hatten sie sich nie wirklich gemocht. Als Kinder waren sie Rivalen gewesen. Als Erwachsene ignorierten sie sich die meiste Zeit. Bis gestern Abend. Gestern Abend waren sie zu erbitterten Feinden geworden.
    »Neun.«
    Er schloss die Augen und setzte einen weiteren Fuß vor den anderen. Die antike, terrestrische Pistole wog schwer in seiner Hand. Er wollte das nicht. Die Anschuldigung, die ihn hierher gebracht hatte, war falsch, aber sein Alibi würde ihn nicht weniger belasten. Alles in ihm schrie danach, das Feld zu räumen und zu verschwinden. Er würde als Feigling dastehen, aber wenigstens würde er die nächsten zwanzig Jahre noch erleben. Und was noch wichtiger war: Er würde seinen Vater nicht enttäuschen.
    »Zehn. Feuer!«
    Nathaniel fuhr herum und wusste dabei genau, was er tun musste. Er konnte Hargrove nicht umbringen. Wenn Nate überlebte, würde sein Vater ihn mit Sicherheit enterben. Er mochte ein verschwenderischer Nichtsnutz sein, aber er verehrte seinen Vater und in dessen Augen zu versagen, war das Schlimmste, was Nate sich vorstellen konnte. Sogar schlimmer als der Tod. Er zielte schräg über Daniels Schulter.
    Ein Schuss hallte über die Lichtung und plötzlich fuhr ein rasender Schmerz durch seine Seite. Er zuckte zurück und sein Finger krümmte sich reflexartig um den Abzug. Daniels blaue Augen weiteten sich, sein Kiefer klappte nach unten und er starrte auf seine Brust hinunter, wo sich ein roter Fleck auf seinem braunen Gehrock ausbreitete.
    Er sah wieder zu Nathaniel auf und brach mit kalkweißem Gesicht zusammen wie eine Marionette, der jemand die Fäden durchgeschnitten hatte.
    Der laute Schrei einer Frau durchbrach die Stille. Victoria, Hargroves Verlobte, stürzte auf die Lichtung und warf sich auf den Viscount.
    Oh Himmel, was habe ich getan? Wie erstarrt stand Nate da und hielt nach einem Lebenszeichen seines Gegners Ausschau.
    Jemand kam auf Nate zugerannt. »Oh Scheiße, Nate!« Jared.
    Nur am Rande nahm Nathaniel den Tumult um sich herum wahr. Die Pistole entglitt seinen tauben Fingern. Mit einem dumpfen Geräusch fiel sie ins tote Gras. Er starrte auf Hargroves leblosen Körper, der zum Teil von Victorias blauem Reitkostüm verdeckt wurde, und versuchte, den Mann allein durch seine Willenskraft wiederauferstehen zu lassen.
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