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Meister Antifer's wunderbare Abenteuer

Meister Antifer's wunderbare Abenteuer

Titel: Meister Antifer's wunderbare Abenteuer
Autoren: Jules Verne
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Umkreise.
    Nichts… immer nichts!
    Als er wieder nach dem Deck herunter kam, trat Zambuco mit dem Notar an der Seite zu ihm und fragte besorgt:
    »Nun, Kapitän, das Eiland Nummer Vier?…
    – Ist nicht in Sicht.
    – Bist Du Dir wegen Deiner Berechnung sicher? setzte Meister Antifer mit halb spöttischer Stimme hinzu.
    – Ganz sicher, lieber Onkel.
    – Nun, Herr Neffe, dann muß man annehmen, daß Du noch keine ordentliche Beobachtung auszuführen verstehst….«
    Der junge Kapitän fühlte sich tief verletzt, und da sich seine Stirn schon röthete, suchte ihn Enogate durch einen bittenden Wink zu besänftigen.
    Gildas Tregomain glaubte dazwischentreten zu müssen und richtete das Wort an den alten Felukenführer.
    »Grappa?… begann er.
    – Zu Ihrem Befehl.
    – Wir suchen hier nämlich ein Eiland….
    – Si, Signor.
    – Liegt denn kein Eiland in dieser Gegend des Meeres?…
    – Ein Eiland?…
    – Ja.
    – Ein Eiland, wie Sie es nennen?
    – Ja doch, ein Eiland… er fragt Dich nach einem Eiland! wiederholte Meister Antifer mit den Achseln zuckend. Verstehst Du, so ein hübsches, kleines Eiland… ein Info… Insa… ein Inselchen!…. Verstehst Du mich denn nun endlich?
    – Entschuldigen Sie, Excellenz!… Eine kleine Insel ist es, die Sie suchen?
    – Ja wohl… rief Gildas Tregomain. Gibt es hier eine solche?
    – Nein, Signor.
    – Nein?…
    – Nein…. Doch es gab einmal eine… ich habe sie selbst gesehen und bin sogar daran ans Land gegangen!

    – Da ans Land gegangen?… wiederholte der Frachtchiffer.
    – Die ist aber verschwunden….
    – Verschwunden?… schrie Juhel auf.
    – Si, Signor… seit einunddreißig Jahren… bei der heiligen Lucia!…
    – Und welches Eiland war das? fragte Gildas Tregomain die Hände ringend.
    – Tausend Kutter und Schuten, Frachtfuhrmann, rief Meister Antifer, das war das Eiland oder vielmehr die Insel Julia!«
    Die Insel Julia!… Da dämmerte Juhel plötzlich ein Licht auf.
    In der That, die Insel Julia oder Ferdinandea oder Hothan oder Graham oder Nerita – nenne man sie nun, mit welchem Namen es beliebt – diese Insel war an der vorliegenden Stelle am 28. Juni 1831 aufgestiegen. An ihrem damaligen Vorhandensein war gar kein Zweifel zulässig. Der neapolitanische Kapitän Carrao hatte sich in der Nähe befunden, als der unterseeische Ausbruch, der sie erzeugte, stattfand. Der Fürst Pignatelli hatte die Feuersäule beobachtet, die aus der Mitte der neugebornen Insel wie ein Stück Kunstfeuerwerk als leuchtende Garbe emporschoß. Der Kapitän Irton und der Doctor John Davy waren Zeugen dieser merkwürdigen Erscheinung gewesen. Zwei Monate lang konnte man die mit Schlacken und warmem Sande bedeckte Insel betreten. Der Meeresgrund war es, den hier plutonische Kräfte bis über die Wasseroberfläche hinauf gedrängt hatten.
    Im December 1831 hatte sich das Felsengewirr wieder gesenkt; die Insel war verschwunden und auf dem Meere ringsum keine Spur davon weiter zu entdecken.
    In dieser so kurzen Spanne Zeit hatte ein unglücklicher Zufall Kamylk-Pascha und den Kapitän Zô nach diesem Theile des Mittelländischen Meeres geführt. Sie suchten ein unbekanntes Eiland und, wahrhaftig! ein solches war das hier, das im Juni jenes Jahres aufgetaucht und im December wieder versanken war. Jetzt lag der kostbare Schatz gegen hundert Meter tief unter dem Wasser!… Jene Millionen, die der Reverend Tyrcomel hatte ersäufen wollen… hier hatte die Natur das Moral verbessernde Werk vollbracht und es war nicht mehr zu fürchten, daß sie sich zum Nachtheil der Welt auf dieser verbreiteten!…
    Hier müssen wir aber mittheilen, daß der Meister Antifer die Sachlage schon vorher kannte. Als ihm Juhel vor drei Wochen die Lage des Eilands zwischen Sicilien und der Insel Pantellaria mittheilte, wußte er gleich, daß es sich um die Insel Julia handelte. Als junger Seefahrer war er häufig genug in die hiesige Gegend gekommen, und wußte von dem zweifachen Vorgange im Jahre 1831, bei dem ein ephemeres Eiland emporgestiegen war, das jetzt längst wieder dreihundert Fuß tief unten lag. Einmal sich darüber richtig klar, hatte er, nach einem Wuthanfalle ohne gleichen, endgiltig darauf verzichtet, den Schatz Kamylk-Paschas zu heben. Aus diesem Grunde hatte er auch nie von einer letzten Fahrt zu dessen Aufsuchung gesprochen. Und wenn er Gildas Tregomain’s Drängen nachgab und sich in die Unkosten für eine neue – nutzlose! – Reise stürzte, so geschah das aus Eigenliebe,
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