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Meister Antifer's wunderbare Abenteuer

Meister Antifer's wunderbare Abenteuer

Titel: Meister Antifer's wunderbare Abenteuer
Autoren: Jules Verne
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der Lösung des Problems hatte sich nicht das geringste verändert.
    Am 15. October befanden sich Enogate und Juhel vor dem Frühstück in ihrem Zimmer. Es war etwas kalt. Im Kamin loderte ein lustiges Feuer.
    Die junge Frau, deren Hände in denen Juhels lagen, sah ihren Gatten schweigend an. Als sie seine gedrückte Stimmung bemerkte, sagte sie, um ihn auf andre Gedanken zu bringen:
    »Lieber Juhel, begann sie, Du hast mir ja während Eurer unglücklichen Reise oft geschrieben. Ich habe Deine Briefe aufgehoben und lese sie immer und immer wieder.
    – Sie erwecken in uns nur traurige Erinnerungen, mein Herz…
    – Ja wohl… und doch achtete ich darauf, sie aufzubewahren… und das wird auch stets der Fall sein. Diese Briefe haben mir aber nicht alles sagen können, was Euch begegnete, und die Reise selbst hast Du mir niemals ins einzelne eingehend geschildert. Willst Du mir heute davon erzählen?
    – Was könnte das nützen?
    – Es wird mir Vergnügen bereiten! Ich denke mir da, ich wäre mit Dir zu Schiffe… in der Eisenbahn… unter der Karawane…
    – Ja, mein Herzblättchen, da brauchten wir aber eine Karte, um Dir unsre Kreuz-und Querzüge Punkt für Punkt zeigen zu können?
    – Nun, da steht ja eine Erdkugel… Genügt sie nicht dazu?
    – Vollkommen.«
    Enogate holte von Juhels Schreibtisch eine mit Metallfuß versehene Erdkugel und stellte sie auf den Tisch vor dem Kamin.
    Da Juhel sah, daß es Enogate Vergnügen bereiten würde, setzte er sich neben sie, drehte ihr und sich an dem Globus die Seite mit Europa zu und sagte, indem er den Finger über Saint-Malo aufsetzte:
    »Nun denn, vorwärts!«
    Die beiden einander genäherten Köpfe berührten sich, und es ist wohl nicht zu verwundern, wenn zwischen den verschiedenen Punkten dieser Reiseroute dann und wann ein Kuß ausgetauscht wurde.
    Mit dem ersten Satze sprang Juhel von Frankreich nach Aegypten, wo Meister Antifer und seine Begleiter nach Suez gekommen waren, dann glitt sein Finger über das Rothe Meer und den Indischen Ocean und hielt im Staate des Imans von Mascat an.
    »Ah, Mascat!… Das liegt also hier, sagte Enogate, und das Eiland Nummer Eins wohl nahe dabei?
    – Ja, natürlich ein Stück draußen im Golfe!«
    Durch eine Drehung des Globus gelangte Juhel dann nach Tunis, wo sie den Banquier Zambuco abgeholt hatten. Er überschritt das ganze Mittelmeer, verweilte ein wenig in Dakar, durchschnitt den Aequator, ging an der Küste Afrikas herunter und hielt wieder über der Ma-Yumbabai an.
    »Hier liegt wohl das Eiland Nummer Zwei? fragte Enogate.
    – Ganz recht, mein Frauchen.«
    Nun mußte er wieder längs Afrikas hinauf, ganz Europa übergleiten und über Edinburg stehen bleiben, wo sie mit dem Reverend Tyrcomel in Berührung gekommen waren. Sich endlich nach Norden wendend, ruhte der Finger der beiden Gatten auf den verlassenen Felsen von Spitzbergen.
    »Hier ist also das Eiland Nummer Drei! rief Enogate.
    – Ja, meine Liebe, das Eiland Nummer Drei, wo uns von dieser großen dummen Reise die ärgste Enttäuschung erwartete!«
    Die Erdkugel betrachtend, saß Enogate ganz still und stumm da.
    »Wie ist Euer Pascha aber darauf gekommen, sagte sie, diese drei Eilande eins nach dem andern zu wählen?
    – Das wissen wir eben nicht und werden es ohne Zweifel niemals wissen!
    – Niemals?…
    – Und doch müssen jene drei Eilande, wenn dem letzten Document zu glauben ist, durch irgend ein geometrisches Gesetz mit einander verbunden sein… Da ist auch das Wort »Pol«, das mir Kopfschmerzen macht…«
    Während er so sprach und sich sozusagen auf Fragen, die er schon oft aufgeworfen, selbst antwortete, versank Juhel in eine Art Träumerei. In diesem Augenblick schien es, als ob er mit allen Kräften seines Geistes arbeitete, um das dunkle Geheimniß zu enthüllen.
    Während er darüber nachsann, hatte sich Enogate dem Globus genähert und ergötzte sich daran, mit dem Finger der ganzen Linie, die ihr Juhel bezeichnet hatte, nachzugleiten. Ihr Zeigefinger ruhte dabei zuerst auf Mascat, dann war er, einen Bogen beschreibend, nach Ma-Yumba gekommen, nachher, unter Verlängerung desselben Bogens, hinauf nach Spitzbergen, und wenn sie den gleichen Bogen noch weiter folgte, führte er sie nach dem Punkte der Abreise zurück.
    »Ei sieh, rief sie lächelnd, das giebt ja einen Kreis… Ihr seid rundherum gefahren…
    – Rund herum?…
    – Ja… bester Freund… Einen vollen Kreisbogen… eine Rundreise..
    – Rundreise!« rief Juhel.
    Er hatte sich
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