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Mattuschkes Versuchung

Mattuschkes Versuchung

Titel: Mattuschkes Versuchung
Autoren: Rolf Ersfeld
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mochte sie nicht mit bloßen Füßen betreten. Die Lichtverhältnisse waren so miserabel, dass sie zum Arbeiten lieber in der Uni blieb.
    Den engen Raum teilten sie mit einem Aquarium, Ricks einzigem Hobby, in dem bunte Fische munter umherschwammen und gierig nach den Futterplättchen schnappten, die er alle zwei Tage hineinstreute. Rick hatte alle mit ihr bekannt gemacht, die Brautrock-, Trauermantel- und Schlusslichtsalmler, die flinken, leuchtenden Neons, Panzer- und Antennenwelse und seine auserkorenen Lieblinge, die Boesemans Regenbogenfische, die in den Morgenstunden ihre prächtigen Farbenspiele besonders intensiv zeigten. Über lebend gebärende Zahnkarpfen, Feuerschwänze und Skalare, die er früher gehalten hatte, wurde sie ebenso informiert, wie über den obligatorischen Teilwasserwechsel, pH-Werte, Karbonathärte, Javamoos oder die Weißpünktchenkrankheit, die ihre Mitbewohner seuchenhaft befallen könnte. Oft erwachte sie nachts vom ungewohnten Gurgeln der Filteranlage. Die Fische waren seine Freunde, ebenso schweigsam, verlangten keine Konversation, seine bloße Anwesenheit genügte. Trat er an das Wasserbecken, schwammen sie an die Frontscheibe wie zur Begrüßung und erwarteten die Fütterung. Ihnen konnte er sein Herz ausschütten, sie stellten keine Fragen, hörten zu und waren stets verschwiegen.
    Nach Hause zurück wollte sie auf keinen Fall. Wenn es nicht nach Regen aussah, ließ sie die Fenster den Tag über offen, was allerdings dazu führen konnte, dass Passanten aus purer Bosheit Zigarettenkippen oder Unrat hineinwarfen, den sie abends entsorgen musste. Ihr räumliches Unwohlsein wuchs von Tag zu Tag. Mit Grausen dachte sie an die Winterzeit, die sie in dieser ,Dunkelkammer’ verbringen würde. An warmen Sommertagen hatte sie sich angewöhnt, Rick abends in der Werkstatt abzuholen. Der lange Spaziergang hinaus aus der Stadt, belebte sie, den Rückweg legten sie meist in einem der zur Verfügung stehenden Wagen zurück.
    »Lebst du im Zustand der Promiskuität?«, wollte Gila wissen und hob die Augenbrauen hoch, »oder ist es noch derselbe Partner mit verschiedenen Modellen, das ist sicher schon die vierte Kiste, die du fährst?«
    Louise schmunzelte: »So ist es, er ist bei einer Autofirma tätig und darf auf die Wagen zurückgreifen. Morgen holt er mich nach der Arbeit in der Försterklause ab, dann stelle ich ihn dir vor.«
    Am nächsten Tag musste sie länger auf ihn warten, eine unaufschiebbare Reparatur, deren Erledigung der Chef zugesagt hatte. Sie vertrat sich draußen die Beine, hatte keine Lust den langen Weg bis zu Ricks Wohnung wieder zu Fuß zurückzulegen und ließ sich die letzten Abendsonnenstrahlen auf den Pelz brennen. Ein smarter Mann trat auf sie zu.
    »Sie sind sicher Frau Leblanc? Ich habe schon viel Gutes von Ihnen gehört, schön, dass ich Sie endlich kennenlerne. Entschuldigen Sie, ich habe mich noch nicht vorgestellt: Heinz Mattuschke, der Laden gehört sozusagen mir.«
    »Louise Leblanc, ich freue mich auch.«
    »Frau Leblanc oder darf ich Louise sagen, übrigens ein sehr charmanter Name, der ausgezeichnet zu Ihnen passt, ich bin schuld, dass die Männer noch etwas länger arbeiten müssen. Darf ich Sie zum Ausgleich zu einem Glas Wein auf meine Terrasse einladen? Bei dem schönen Wetter können wir die Zeit angenehm draußen verbringen, wenn Sie einverstanden sind.«
    Ihr war das Angebot etwas peinlich, sie kannte den Mann nicht und sollte mit ihm alleine ins Haus gehen, aber er war charmant und höflich, strahlte etwas Unwiderstehliches aus, und was hätte sie anderes sagen sollen in dieser Situation. Das Firmenareal lag weit außerhalb, hatte eine große Grundstücksfläche, auf der das Dreifache der vorhandenen Karossen hätte untergebracht werden können und war von einem hohen Zaun umschlossen. Dahinter lag zurückversetzt das Wohnhaus, rundherum war Acker-, Brachland und Wald. Er hatte offenbar so viel Land gekauft, dass späteren Expansionen seines Betriebes nichts im Wege stand und genügend Abstand zu künftigen Nachbarn gewährleistet war.
    Also sagte sie: »Gerne, einem guten Wein und charmanter Begleitung kann man schlecht widerstehen.« Er lachte ein sympathisches Lachen, nahm sie mit Schwung am Arm und führte sie elegant die Treppen hinauf zu seiner Terrasse. Der servierte Wein war gut gekühlt, frisch, hatte belebende Kohlensäure, die ihr kitzelnd in die Nase stieg.
    »Er schmeckt ausgezeichnet und erinnert mich an Grapefruit- oder
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