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Mattuschkes Versuchung

Mattuschkes Versuchung

Titel: Mattuschkes Versuchung
Autoren: Rolf Ersfeld
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geliebte Auto überlassen, müssen sie blind vor Liebe, Lust oder beidem sein.«
    Louise protestierte und touchierte beim Abbiegen leicht den Bordstein. »Ich fahre zum ersten Mal damit, es ist alles noch ungewohnt«, sagte sie entschuldigend.
    »Na, habe ich recht oder recht?«, beharrte Gila auf einer Antwort. Sie sagte nichts mehr und konzentrierte sich aufs Fahren.
    Nach erneuten Streitigkeiten, die in ungerechten Vorwürfen ihrer Mutter gipfelten, zog sie zwei Wochen später endgültig aus und nahm Ricks Angebot an. Peer weilte gerade mit einem Stipendium in England, so dass Mutter Leblanc nun das Haus für sich alleine hatte. »Endlich heraus aus diesem Jammertal, endlich mein eigener Herr«, rief Louise, während heiliger Zorn in ihr kochte.
    In den nächsten Tagen holten sie während der Arbeitszeit ihrer Mutter die wichtigsten Sachen heraus, denn viel war in der beengten Bude nicht unterzubringen. Sie arrangierte sich so gut wie möglich mit den Verhältnissen, allerdings musste sie sich jedes Mal zum Toilettengang überwinden, in der Befürchtung, einem der anderen Bewohner, vor allem dem lüsternen Penner zu begegnen.
    Obwohl Rick fachlich gute Leistungen erbrachte und über eine schnelle Auffassungsgabe verfügte, war das angesehene Autohaus, in dem er seine Lehre abschloss, damals nicht bereit, ihn weiter zu beschäftigen. »Dir steht dein Querkopf im Weg, dein ständiges Auflehnen und Missachten unserer Richtlinien, das ist wirklich eine Schande, aus dir könnte ein erstklassiger Techniker werden«, meinte sein Ausbilder resigniert. Rick Messer weinte dem Haus keine Träne nach, cool bis ans Herz verließ er seinen Arbeitsplatz, ohne sich zu verabschieden.
    Auf Umwegen kam er zu Heinz Mattuschke, einem charismatischen, etwas windigen Gebrauchtwagenhändler Ende Vierzig, mit dunkelbraunem Haar, von einigen grauen Streifen durchzogen, der aus früheren Jahren einiges auf dem Kerbholz hatte. Betrug, Urkundenfälschung und Hausfriedensbruch brachten ihm Verurteilungen ein, die sein kriminelles Know-how perfektionieren halfen. Der Laden brummte, er verdiente gut, obwohl günstiger als die Konkurrenz, nicht zuletzt wegen eingebauter gebrauchter Teile, die als neue deklariert und berechnet wurden; hinzu kamen Schwarzarbeiten an der Steuer vorbei. Er war seit Jahren Witwer, seine Frau starb bei einem Autounfall, böse Zungen behaupteten, eine Manipulation am Fahrwerk hätte dazu geführt, nachdem er herausfand, dass sie ihn betrog. Seither lebte er allein in seinem großen Haus ohne feste Partnerin.
    Gut aussehend, immer gebräunt, geschmackvoll gekleidet, mit streng gescheiteltem Haar, gepflegtem Schnauzer, mittelgroß und schlank, repräsentierte er den Typ des charmanten Filous. Die neunundvierzig Lenze hätte man ihm nicht gegeben, er wirkte deutlich jünger. Seine Überredungskünste waren legendär, und schon mancher Kunde hatte sich beim Verlassen des Büros gefragt, wie es dazu kommen konnte, ein Auto zu kaufen, das er eigentlich nie haben wollte. Auf der anderen Seite versuchte er Irritationen mit einem kostenlosen Sonderservice oder Geschenk im passenden Augenblick auszugleichen, so dass man ihm selten böse sein konnte. Gegen Polizisten, die ihm zum Verhängnis wurden, hegte er keinen Groll, sie machten ihren Job, wie er den seinen, natürlich nicht im wahrsten Wortsinne, einige wurden Kunden und erfreuten sich seiner besonderen Pflege.
    Rick Messer prüfte er lange, bevor er ihn einstellte; die fachlichen Qualitäten überzeugten ihn, aber auch seine bisherige Vita, die Bereitschaft, Vorschriften zu ignorieren, seine querköpfige Konsequenz, Verschlossen- und Verschwiegenheit. Außerdem hatte er das Bedürfnis, etwas für diesen jungen Mann zu tun. Das Betriebsklima seines Unternehmens war unvergleichlich, eine seltsam verschworene Gemeinschaft, die für Firma und Chef durchs Feuer ging, nicht nach Arbeitszeiten oder Tarifen fragte und ihm ebenso verschwiegen wie bedingungslos ergeben war. Und das nicht ohne Grund. Nahezu alle seiner vierzehn Leute waren ehemalige Knackis, die ein unsichtbarer Kodex miteinander verband. Für die meisten war Mattuschke die letzte Chance auf regelmäßige Arbeit und Hilfe in Notfällen. Jeder wusste, dass er sich auf ihn verlassen konnte, wenn er Geld, Autos, ein getürktes Alibi, Unterschlupf oder sonstige Hilfe brauchte. »Meine Leute gehen für mich in den Tod«, ließ er Rick wissen, »es hätte keinerlei Sinn gegen mich zu intrigieren«. Rick war das Ganze zwar
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