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0777 - Die dritte Tafelrunde

0777 - Die dritte Tafelrunde

Titel: 0777 - Die dritte Tafelrunde
Autoren: Dario Vandis
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»He, was hast du hier zu suchen?«
    Das grüngeschuppte, fettleibige Ungeheuer fuhr herum und zog mit verlegener Geste die Knubbelfinger aus dem Honigbecher. »William, huch… was machst du denn in der Küche…?«
    »Die Frage ist doch, was machst du hier, Mister MacFool?« Der verärgerte Unterton in der Stimme des Butlers war nicht zu überhören.
    Foolys Gestalt straffte sich. »Ich wollte nur einen Blick auf die dringen de Nachricht werfen, die ich Zamorra überbringen soll. Und da mein Magen knurrt, weil der Mund immer mitliest…«
    »Du meinst, weil die Augen immer mitessen…«
    »…da dachte ich, dass ein Schlecken der Augen… ich meine, ein Blick der Zunge in den Honigtopf… äh…« Fooly schwieg betreten.
    Williams sah den Zettel in der Hand des Jungdrachen. »Ist das diese ominöse Nachricht, die so dringend sein soll? Zeig mal her.« Er warf einen Blick darauf. »Das ist ja nur ein unlesbares Buchstabengewirr.«
    »Nein, das stimmt nicht«, beharrte Fooly.
    Er hatte Recht. William hielt eine Nachricht in Händen, die die Welt verändern sollte.
    ***
    Vincent Baxter schäumte vor Wut. Mit weit ausholenden Schritten stapfte er durch den Wald. Das Gewicht des zusammengerollten Teppichs auf der rechten Schulter spürte er kaum. Er war Tischler und hatte gelernt, seine Hände zu gebrauchen.
    »Dir hab ich’s gezeigt, Ellen. Hab dich gezähmt, damit du endlich mal weißt, wo’s langgeht im Leben«, murmelte er. »Verdammtes, blödes Weib! Musste ja so kommen. Ist alles deine eigene Schuld!«
    In der Achselpartie seines Holzfällerhemdes sammelte sich der Schweiß. Das bullige Gesicht war zu einer Grimasse verzerrt, die Augen glühten in den Höhlen. Aber er war hart im Nehmen, er ließ sich so leicht nichts gefallen. Schon gar nicht von dieser Schlampe.
    Ellen hatte sich von Anfang an für etwas Besseres gehalten. Er hatte sie trotzdem geheiratet, die verwöhnte Göre, weil sie ein liebenswürdiges Mädchen gewesen war und weil sie seinen Sinn fürs Praktische und seinen Körper bewunderte. Er hatte wissen müssen, dass sie sich auf Dauer nicht damit zufrieden gab.
    Der blöde alte Sack war’s gewesen, ihr Vater, der ihr alles Schlechte eingeredet hatte. Bist du verrückt, diesen hirnlosen Tischler zu heiraten, Liebes? Er konnte förmlich hören, wie der Alte seine Tochter bekniete. Ein steinreicher Industrieller, der sich von Zimmermädchen das Silberbesteck polieren ließ. Was wusste der schon vom Leben?
    Vincent schnaufte und packte den Teppich fester. Je tiefer er in den Wald eindrang, desto stiller wurde es um ihn herum. Das Auto hatte er an der Straße stehen gelassen. Hierher würde ihm niemand folgen.
    Ein Reh hob den Kopf und flüchtete ins Unterholz.
    »Ja, verschwindet bloß!«, schrie Vincent. »Ich will nichts von euch wissen!«
    Ein kaum hörbares Echo verfing sich zwischen den Baumkronen, wie ein spöttisches Wispern.
    Der Schweiß rann inzwischen in Strömen. Warum musste es auch ein so verdammt heißer Tag werden? Es war schließlich erst März. Hätte Ellen doch gestern ihren Ausraster bekommen, da war es kühl gewesen. Aber nein, sie musste sich ja verdammt noch mal einen wolkenlosen Tag aussuchen, an dem die Sonne vom Himmel lachte. Typisch Ellen. Immer gute Laune. Aber damit war es jetzt vorbei.
    Seine Gedanken verloren sich in der Vergangenheit.
    Ellen hatte nicht auf ihren Vater gehört. Sie hatte ihn, Vincent, geheiratet, und tatsächlich waren sie am Anfang ein fröhliches Paar gewesen. Er hatte als Geselle gearbeitet und Pläne geschmiedet, eine eigene Tischlerei zu eröffnen. Tagträume eines Narren!, hallte ihm die keifende Stimme seines Schwiegervaters im Ohr.
    Wie würde der Alte glotzen, wenn er ihn jetzt sehen könnte!
    Nach einem Jahr etwa war Ellen immer wählerischer geworden. Nichts konnte er ihr mehr recht machen. Vincent, tu dies, Vincent, tu das. Warum arbeitest du solange? Unser Geld reicht nicht mal für einen Urlaub!
    Sie hatte sich ein neues Auto gewünscht, weil der klapprige Vauxhall irgendwann im letzten Herbst den Geist aufgegeben hatte. Wie oft sollte er ihr noch sagen, dass dafür im Augenblick kein Geld da war? Sollte doch ihr Vater die Kohle rüberschieben, dem taten ein paar tausend Pfund nicht weh. Aber der Herr Schwiegerpapa zeigte sich zugeknöpft bis zum Kragen.
    Nur seine Sprüche verteilte er wie Goldmünzen. Wer hart arbeitet, wird es irgendwann von selbst zu etwas bringen.
    Pah! Er arbeitete doch hart, und trotzdem reichte das Geld nicht.
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