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Mattuschkes Versuchung

Mattuschkes Versuchung

Titel: Mattuschkes Versuchung
Autoren: Rolf Ersfeld
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Stachelbeeraromen«, sagte sie anerkennend und hatte das Gefühl, dass er sich ehrlich über ihr Kompliment freute. Ihr Vater war Weinliebhaber, von dem sie sich einiges abgeschaut hatte, sie trank Wein gerne, ohne allerdings über große Erfahrung zu verfügen. Die würde sich wohl auch so bald nicht einstellen, nachdem er ausgezogen war.
    »Da bin ich aber erleichtert, ich hätte sonst nicht gewusst, wie ich mein schlechtes Gewissen besänftigen könnte«, sagte er augenzwinkernd. Er machte zwar nicht den Eindruck eines Mannes, dem sein Gewissen besonders zu schaffen macht, aber ihr gefiel die Art, wie er mit ihr umging.
    »Wenn Sie sich für Wein interessieren, es ist ein Sauvignon-Blanc aus Neuseeland, ich finde ihn großartig.« Er drehte ihr das Etikett zu, es war ein Cloudy Bay von David Hohn, sie hatte ihren Vater schon anerkennend von ihm sprechen hören.
    Mattuschke hatte aus früheren – oft dubiosen – Geschäften Vermögen angehäuft und war dadurch in der Lage, auch Flautezeiten in seinem Betrieb mühelos zu überbrücken, was ihm innere Sicherheit und aufreizende Gelassenheit verlieh. Er liebte Luxus, wusste Qualität zu schätzen, was für feine Speisen ebenso galt, wie für exquisite Getränke, von denen er einiges verstand, besonders von Weinen und alten Whiskys. In jungen Jahren hatte er lange als rechte Hand eines potenten Magnaten gearbeitet, der an gut florierenden Firmen unterschiedlicher Gewerbe beteiligt war. Dort hatte er ein Gespür für Exquisites entwickeln können. Für elegante Kleidung, italienische handgefertigte Schuhe und schöne Frauen hatte er einen Blick. Und der heftete sich lange und prüfend auf seinen Gast, der ihm auf Anhieb gefiel und, was sehr selten war, seiner weiblichen Idealvorstellung äußerst nahe kam.
    Louise registrierte den interessierten Blick wohlwollend. Es sprach Bewunderung aus ihm, Anerkennung für ihre Erscheinung, Freude, sie zu betrachten, allerdings mit einer angemessenen Distanz, ohne Anzüglichkeit oder Gier im Blick, die sie hätte unsicher werden lassen. Sie empfand sein Interesse eher wie das eines Kunstliebhabers, der mit Genuss und Begeisterung ein Bild betrachtet, ohne darüber nachzusinnen, wie er es schnell in seinen Besitz bringen könnte. Sie musste insgeheim über ihren Vergleich lächeln, entspannte sich, genoss die noch einfallenden Sonnenstrahlen, von leicht würzigem Lufthauch begleitet, der erfrischend über die Terrasse wehte, den hervorragenden Wein und die Gesellschaft dieses Mannes, der ihr fremd war und doch vertraut wirkte.
    »Was machen Sie beruflich, wenn ich fragen darf, Louise?«
    »Ich studiere noch, Wirtschaftswissenschaften im sechsten Semester.«
    »Das ist interessant, sehr klug heute, direkt am Puls des wirtschaftlichen Lebens, dann braucht man Ihnen den Break Even Point jedenfalls nicht zu erklären.«
    Es entspann sich ein munteres Gespräch, er war ein guter Unterhalter und kurzweiliger Gastgeber, so dass die Zeit nicht lang wurde, bis Rick erschien, um mit ihr zurückzufahren.
    »Nun setz dich erst mal hin«, forderte er ihn auf, Platz zu nehmen, »lieber Bier oder ein Glas Wein?«
    »Ich nehme lieber Bier.« Mattuschke kam mit Weizenbier zurück und stellte einen Teller mit Brezeln auf den Tisch. »Damit Sie mir nicht vor Hunger umfallen.« Rick goss das Bier ins Glas und leerte es in wenigen Zügen. »Das habe ich jetzt wirklich gebraucht.«
    Er holte eine zweite Flasche und reichte ihm einen Umschlag mit einigen Scheinen.
    »Das ist der Vorteil unseres übersichtlichen Betriebs«, sagte er zu ihr gewandt, »dass man Sonderleistungen auch mal so honorieren kann, ohne dass unsere Freunde vom Finanzamt gleich die Hälfte davon kassieren, oder nicht, Rick?«
    Rick nickte nur und nahm sich die Hälfte einer Brezel, die andere reichte er seiner Freundin weiter.
    »Es ist unglaublich, welchen Prozentsatz des Gehalts Ledige heute an Abgaben zahlen müssen, man darf sich nicht wundern, dass man Ventile, oder inoffizielle Nebenjobs sucht, um über die Runden zu kommen.«
    Er schaute seine Gäste an, um Zustimmung zu erhalten. »Das Ganze wird in Zukunft noch schlimmer werden bei der demographischen Entwicklung. Wenige junge Leute müssen dann die Rente für immer mehr alte aufbringen, in zwanzig Jahren kommt auf jeden Arbeitnehmer ein Pensionär; das wird einen Rentner-Tsunami, einen Aufstand im Volk geben.«
    »Das ist doch reine Polemik«, unterbrach Rick sein Schweigen, »die Zahlen sind erfunden, um den Leuten Bange
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