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Das dunkle Universum 2 - Schwarze Welt

Das dunkle Universum 2 - Schwarze Welt

Titel: Das dunkle Universum 2 - Schwarze Welt
Autoren: Peter F. Hamilton
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    Halran, Investigator zweiten Ranges, stand in der offenen Tür des Tresorraums und schaute auf das Chaos, das im Inneren herrschte. Jede Oberfläche – Wände, Fußboden, Decke, Leichen – war von einem dichten Teppich aus blaugrauen, hauchdünnen Fäden bedeckt, als hätten unzählige Spinnen über Nacht ihre Netze miteinander verknüpft. Tatsächlich handelte es sich bei dem zarten Geflecht um semiorganische Fasern, die drei volle Stunden benötigt hatten, um das aus kinetischen Projektilen entwichene Nervengift zu neutralisieren und die nicht minder tödlichen Energiestöße einzudämmen, die von der aus dem Feuergefecht übrig gebliebenen Munition herrührten.
    Halran war ein wenig überrascht gewesen, dass die St-Mary’s-Klinik Nervengas einsetzte, aber andererseits hatten ihre zahlenden Kunden ein durchaus berechtigtes Interesse daran, ihre sicheren Erinnerungsspeicher auch in Sicherheit zu wissen. Und so hatte Halran dem Klinikleiter gesteckt, dass man erst am Nachmittag deren amtliche Erlaubnis, toxische Waffen einzusetzen, prüfen würde. Das verschaffte der Einrichtung genügend Zeit, ein paar Anrufe auf höchster Ebene zu tätigen und sich die erforderliche Lizenz zu beschaffen. Nicht zuletzt Halrans Bereitschaft, Vorschriften auch einmal großzügig auszulegen, hatte ihm seine letzten beiden Beförderungen eingebracht. Er scherte sich einen Teufel um sie; die Großen lenkten so oder so die Geschicke der Welt, und es brachte nun mal nichts ein, es sich mit ihnen zu verderben. Genau aus diesem Grund hatte der Police Commissioner auch ihm diesen Einsatz anvertraut. Gleich darauf hatte sich der stellvertretende Bürgermeister bei ihm gemeldet und Halran gewisse politische Erwägungen auseinandergesetzt. Das Gespräch war natürlich darauf hinausgelaufen, dass die totale Vernichtung einer halben Million Memorycells, die den wohlhabendsten und einflussreichsten Menschen des Commonwealth gehörten, »niemals stattgefunden« hatte. Wenn es aufgrund einer Betriebsstörung des Stromgenerators der Klinik zu »kurzfristigen kleinen Problemen bei der Wiederherstellung von Kubusdaten« kam, so war das zwar bedauerlich, aber keineswegs ein Grund zur Besorgnis – und schon lange kein Grund für irgendein übertriebenes Medieninteresse. Die Presse sollte gefälligst über die Waldschäden berichten; im Klinik-Verwaltungstrakt und seinen Untergeschossen jedenfalls war sie nicht erwünscht.
    Halrans U-Shadow beendete die Analyse der Spinnfäden und meldete den Abschluss der Dekontaminierung. »Okay«, sagte er zu dem achtköpfigen Team, das hinter ihm im Korridor stand, »ich will eine komplette Tatortuntersuchung, bis hinunter auf die molekulare Ebene. Was das kostet, spielt keine Rolle; das hier hat oberste Priorität. Col, Angelo – Sie rekonstruieren für mich den Tathergang. Darval – sehen Sie zu, ob Sie mir den Namen der Memorycell beschaffen können, hinter der dieser Bastard namens Telfer her war.«
    Darval spähte über Halrans Schulter. Die Notbeleuchtung im Türdurchgang schuf einen silberblauen holographischen Schein im Tresorraum, der alle Schatten eliminierte und das Gazegewebe schimmern ließ. Das Ganze glich der sich kräuselnden Oberfläche eines mondbeschienenen Sees, dessen Wellen die erstarrten Splitter einer halben Million Kuben bedeckten. »Wie in Ozzies Namen soll ich das machen, Boss?«
    Halran schenkte ihm ein niederträchtiges Grinsen. »Naja, eine sollte fehlen. Sie brauchen also bloß die Fragmente von denen wieder zusammenzusetzen, die noch da sind. Dann wissen wir, welche er mitgenommen hat.«
    »Ja, klar, Sie mich auch …«
    »Guter Einwand. Okay, Plan B: Gehen Sie die Kunden in der Registrationsdatenbank durch und prüfen Sie, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass jemand ein Interesse daran haben könnte, deren Erinnerungen zu stehlen. Checken Sie die Kandidaten erst mal auf ihren politischen, kriminellen und wirtschaftlichen Hintergrund ab.«
    Darval nickte unwillig.
    »Die Kraftfelder bitte die ganze Zeit eingeschaltet lassen«, befahl Halran. »Hier liegt so einiges an extrem hässlicher Munition rum, und ich möchte kein Risiko eingehen.«
    Vorsichtig betrat das forensische Team den Tresorraum. Mit ihnen huschten die Examiner herein – winzige Bots, die auf schwarzen elektromuskulären Beinen umherkrabbelten wie eine Kakerlakenvorhut, strotzend von sensorischen Fühlern, die sich durch das Fasergeflecht schlängelten, um die Oberflächen darunter zu erreichen. Mehr
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