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Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben

Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben

Titel: Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben
Autoren: Beate Sommer
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zu schützen. Immer wieder verfingen sich die spitzen Dornen von wild wuchernden Brombeerranken in den Hosenbeinen der Männer. Ein paarmal mussten sie auch über umgestürzte Baumstämme steigen, die noch vom letzten Sturm herumlagen. Hackenholt fragte sich, was wohl ein Obdachloser in dieser unwirtlichen Gegend gesucht haben mochte. Er hing dem Gedanken noch nach, als sie plötzlich eine kleine Lichtung betraten, auf der auf einem umgestürzten Baumstamm ein grauhaariger Mann saß, das hagere Gesicht Richtung Sonne gewandt. Zu seinen Füßen lag ein angeleinter Schäferhund, der aufsprang, als sich die Beamten näherten.
    »Sie sind von der Mordkommission?«, fragte der Rentner sichtlich verwirrt, nachdem der ältere der beiden Uniformierten Hackenholt vorgestellt hatte. »Ja, ist der Mann denn ermordet worden?« Unwillkürlich drehte er sich um und sah in die Richtung, in der hinter einigen Baumstämmen die Kollegen von der Spurensicherung in ihren weißen Overalls zu erkennen waren.
    »Nein, nein«, wiegelte Hackenholt schnell ab, »unsere Dienststelle heißt eigentlich Tote und Vermisste. Nur im Volksmund werden wir Mordkommission genannt.« Den bohrenden Blick ignorierend, den ihm der Streifenpolizist zuwarf, fuhr der Kriminalist fort: »Wären Sie jetzt so nett, die Kollegen zu ihrem Fahrzeug zu begleiten? Sie würden gerne Ihre Aussage zu Protokoll nehmen. Und ich möchte mich auch noch kurz mit Ihnen unterhalten, sobald ich hier fertig bin.«
    Wortlos drehten sich die Streifenpolizisten um und schritten dem Mann voraus zurück zu den abgestellten Wagen. Hackenholt seufzte und überquerte die Lichtung, an deren Ende Christine Mur bereits auf ihn wartete.
    »Reizende Bürschchen, nicht wahr?«, fragte sie statt einer Begrüßung. Mit zusammengekniffenen Augen blickte sie den entschwindenden Rücken der Streifenkollegen nach. »Haben den Mann mitsamt seinem Hund hier neben der Leiche alleine herumstehen lassen, während sie im Auto gesessen sind und auf uns gewartet haben. Aber denen habe ich es heimgezahlt.« Ein schiefes Lächeln umspielte ihre Lippen. »Ich habe sie unsere gesamten Ausrüstungskoffer zum Fundort der Leiche schleppen lassen. Einen nach dem anderen. Und immer, wenn sie geglaubt haben, fertig zu sein, habe ich sie mit einem Koffer zurückgeschickt und dafür einen anderen holen lassen.«
    Hackenholt seufzte erneut. Die Kollegen als Laufburschen zu missbrauchen, war auch nicht gerade die feine englische Art. Vielleicht würde er sich doch nicht über die Beamten beschweren. Als ahnte Mur seine Gedanken, machte sie eine wegwerfende Handbewegung. »Ich frage mich manchmal wirklich, was die heutzutage überhaupt noch auf der Polizeischule lernen! Aber mal ganz abgesehen davon, man braucht sich nicht zu wundern, wie wenig sie dazulernen, wenn man sie mit den unwilligsten Kollegen als Bärenführer losschickt.«
    Hackenholt wurde ihres Monologs überdrüssig. »Was ist eigentlich Sache?«, fragte er.
    Mur musterte ihn einen Moment lang mürrisch, dann entspannten sich ihre Gesichtszüge wieder. »Du hast ja recht«, murmelte sie, wandte sich um und ging ein paar Schritte in den Wald. »Ich bin froh, dass du hergekommen bist«, sagte sie über ihre Schulter. »Inzwischen habe ich nämlich ein paar Ungereimtheiten festgestellt.«
    Sie ging neben dem Leichnam in die Hocke. Der Tote lag bäuchlings, der Länge nach ausgestreckt, im Laub des vergangenen Herbsts, das sich in einer grabenförmigen Senke im Waldboden angesammelt hatte. Von seinem Gesicht war nur wenig zu erkennen. Was nicht durch das strähnig herabhängende Haar verdeckt wurde, verbargen die Blätter. An der ausgestreckt daliegenden Hand erkannte Hackenholt, dass die Waldtiere den Toten schon geraume Zeit vor dem Spaziergänger entdeckt hatten.
    »Wie lange liegt er schon hier?«
    Mur zuckte mit den Schultern. »Wir warten noch auf den Gerichtsmediziner. Und bevor du fragst, wer kommt: Natürlich hat Dr. Puellen heute mal wieder Bereitschaft. Allmählich hätte ich schon gerne gewusst, ob er auch irgendwann mal frei hat. Na ja, vielleicht verirrt er sich ja im Wald, und wir sehen ihn nie wieder«, murmelte sie hoffnungsvoll.
    »Christine!« Hackenholt klang ungeduldig. Zwar wusste er, wie wenig sie den Mediziner mochte, doch was sie gerade von sich gegeben hatte, ging eindeutig zu weit.
    »Ist ja schon gut.« Sie holte tief Luft. »Wie du selbst siehst, ist das keine frische Leiche. Wahrscheinlich liegt er schon ein paar Tage. Vielleicht
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