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Der Gewinner Geht Leer Aus

Der Gewinner Geht Leer Aus

Titel: Der Gewinner Geht Leer Aus
Autoren: Richard Stark
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EINS
    Als das Telefon läutete, war Parker gerade in der Garage und brachte einen Mann um. Seine Knie drückten auf den Rücken des Eindringlings, die Hände umfassten die Stirn. Er hörte in der Ferne das Klingeln des Telefons, als er ruckartig die Unterarme zurückriss, hörte das Genick brechen, hörte, wie der zweite Klingelton unterbrochen wurde, weil Claire irgendwo im Haus den Anruf angenommen hatte.
    Keine Zeit, die Leiche wegzuschaffen. Parker stand auf und trat von der Garage in die Küche, als Claire ihm schon entgegenkam, das Telefon in der Hand. »Er sagt, er heißt Elkins.«
    Er kannte den Namen. Der Anruf hatte nichts mit dem Eindringling zu tun. Parker nahm den Apparat und sagte: »Ich muss mal eben rausgehen.« Im Esszimmer, durch dessen Fenster man nicht auf den See sah, sondern auf den Wald, aus dem der Fremde gekommen war, sagte er: »Frank?«
    Es war die vertraute Stimme. »Ralph und ich hätten vielleicht was.«
    Parker sah keinen anderen da draußen, zwischen den Bäumen, von wo der Mann geduckt zum Haus gelaufen war, eine langläufige Pistole an das rechte Bein gedrückt; langläufig, weil ein Schalldämpfer aufgeschraubt war. Parker hatte ihn aus diesem Raum gesehen, seinen Weg verfolgt und ihn abgefangen, als er durch das Seitenfenster der Garage gestiegen war. Ohne den Waldrand aus den Augen zulassen, sagte er in den Hörer: »Willst du mich anrufen oder soll ich dich anrufen?«
    »Ist mir egal.«
    Parker gab ihm in umgekehrter Ziffernfolge die Nummer des öffentlichen Telefons an der einige Kilometer entfernten Tankstelle und sagte: »Lass mir ein bisschen Zeit. Ich muss hier noch was erledigen.« Am Waldrand regte sich nichts. Es war Anfang Oktober, und die Bäume standen noch in vollem Laub, das, auch wenn es sich bereits verfärbte, so dicht war, dass er nicht bis zur Straße sehen konnte.
    »Elf?« sagte Elkins.
    »Gut.«
    Parker legte auf, ging wieder in die Garage und durchsuchte die Leiche. Er fand eine Brieftasche, einen Ford-Schlüssel, einen Motelschlüssel, ein Springmesser mit einer vierzehn Zentimeter langen Klinge, eine Sonnenbrille und ein Zippo-Feuerzeug, aber keine Zigaretten. Das Feuerzeug trug ein Emailemblem in Form eines grün-gelben Footballhelms. In der Brieftasche waren etwas über vierhundert Dollar in bar, drei Kreditkarten auf den Namen Viktor Charov und ein in Illinois ausgestellter Führerschein auf denselben Namen, mit einer Adresse in Chicago. Das Bild auf dem Führerschein zeigte den Toten: um die Fünfzig, dünn, kahl bis auf einen schmalen, graumelierten Streifen rings um den Schädel und Augen, die nicht viel preisgaben.
    Parker behielt die Brieftasche und den Wagenschlüssel, steckte die anderen Sachen wieder in die Taschen des Mannes und schaffte die Leiche in den Kofferraum des Lexus. Dann ging er zu dem Knopf neben der Tür zur Küche, der das Schwingtor der Garage öffnete, schob ein Wandpaneel darüber zur Seite und nahm aus dem dahinterliegenden Hohlraum die .38er S&W Chiefs Special, die er dort verwahrte.Schließlich drückte er auf den Knopf und stellte sich so hin, dass der Lexus zwischen ihm und dem sich beständig nach oben weitenden Blick auf die Einfahrt stand.
    Nichts. Niemand.
    Wie der andere hielt er die Hand mit dem Revolver an der Seite, als er hinaus in die sonnige Kühle trat und in normalem Tempo die Einfahrt hinunter zur Straße ging, wobei er den Wald rechts und links im Auge behielt. Es standen noch andere Häuser am See, doch sie waren von hier nicht zu sehen, und die meisten hatte man bereits winterfest gemacht. Parker und Claire gehörten zu den wenigen, die auch im Winter hier wohnten. Im Sommer, wenn die Stadtleute in ihre Ferienhäuser kamen und auf dem See die Motorboote dröhnten, zogen sie anderswohin.
    Die Straße war leer. Fünfzig Meter weiter rechts stand ein roter Ford Taurus. Parker ging hin und sah den Aufkleber der Mietwagenfirma auf der Stoßstange.
    Der Schlüssel des Toten passte. Parker ließ den Wagen an, wendete, fuhr zurück zum Haus und bog in die Einfahrt neben dem Briefkasten mit der Aufschrift WILLIS.
    Das Garagentor war noch immer offen, und im Halbdunkel stand der dunkelgrüne Lexus. Parker wendete den Ford, fuhr rückwärts vor die Garage und stellte den Motor ab. Er stieg aus, steckte den Revolver ein, nahm ein Paar Gummihandschuhe aus dem Handschuhfach des Lexus und zog sie an. Dann öffnete er beide Kofferräume und lud die Leiche in den Ford.
    Der Revolver des Toten war ein .357er Colt Trooper
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