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Man lebt nur zweimal

Man lebt nur zweimal

Titel: Man lebt nur zweimal
Autoren: Heiner Lauterbach
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is.«
    »Aber du stehst doch so auf Kartoffelbrei«, sagte jetzt ein anderer Kollege, der, wie ich gerade bestimmte, auch nicht zu meinen zehn Lieblingskollegen gehörte.
    »Aber nich zum Hackbraten« beendete ich die Diskussion und beobachtete Kollege eins beim Verzehr meiner Speise. Ich war nicht gerade stolz auf mich. Aber andererseits – was hatte ich schon Großartiges gemacht? Ich hatte meinem Kollegen meinen Hackbraten überlassen. Ich sah, wie er sich genüsslich einen Bissen in den Mund schob und guckte weg. Ich werde ihn zu diesem Hackbraten einladen, beschloss ich. Ich sah in die Runde. Ach was, ich werde sie alle einladen.
    Meine Frau nennt mich ja oft Monk. Nach dem amerikanischen Detektiv der gleichnamigen Serie. Der mit den vielen Spleens. Und ich muss gestehen – ganz unrecht hat sie nicht.
    Monk hat eine Assistentin. Die beiden sind ein eingespieltes Team. Sie kennt seine Macken und hilft ihm, diese Eigenarten möglichst unauffällig auszuleben.
    Ich habe eine Frau. Wir beide sind ein eingespieltes Team. Monks Assistentin hat zum Beispiel immer Hygienetücher dabei, die sie automatisch rausholt, nachdem Monk jemandem die Hände schütteln musste.
    Das machen wir normalerweise nicht. Aber – um auf den Münchner Filmball zurückzukommen – da hat meine Assistentin, pardon, meine Frau schon mal das eine oder andere Tuch dabei. Nur so. Für alle Fälle.
    Ich bin sowieso kein Freund vom Händeschütteln. War ich noch nie. Entweder Kuss mit Zunge oder gar nix. Wenn’s nach mir ginge, würden wir das wie die Japaner halten. Die Hände falten und in gebührendem Abstand (Spuckzone) leicht verneigen. Ende.
    Man glaubt ja gar nicht, wie viel Milliarden Bakterien und Keime bei einmal Händeschütteln den Wirt wechseln. (Für die im Medizinischen nicht ganz so fitten: Das heißt wirklich Wirt und ist nicht etwa eine von mir, in Bezug auf mein altes Leben, erfundene Wortkreation.) Die Menschen waschen sich überhaupt viel zu wenig die Hände. Ich muss zugeben, dass ich aber auch erst mit zunehmendem Alter einen Hang zur Handhygiene entwickelt habe.
    Als Kind habe ich mir nur die Hände gewaschen, bevor ich mein neues Fahrrad angefasst habe. Später dann hin und wieder mal vor dem Essen, wenn wir irgendwo fein eingeladen waren. Als junger Mann dann nach dem Klo und vor der Liebe. Eigentlich sage ich immer Toilette, aber das hätte hier irgendwie nicht gepasst. Heute wasche ich mir tausend Mal am Tag die Hände. (Aus Angst vor Ansteckung.) Das hat Viktoria letztlich auch dazu bewogen, sich auf dem Filmball in die Rolle meiner Assistentin drängen zu lassen. Sie hat sich gesagt, bevor sie den Abend ohne mich verbringt (weil ich nur unten auf der Toilette beim Händewaschen bin), reicht sie mir lieber diskret die Desinfektionstücher nach dem Händeschütteln.
    Ich genieße diese Momente sehr. In denen sie sich ganz bewusst und fast schon offiziell dazu herablässt, meine Assistentin zu sein. Vor fünfzig Jahren wäre das wohl das ganz normale Verhalten einer ganz normalen Ehefrau gewesen. Aber heute? Mit dem ganzen Gleichberechtigungskram? Da wird solche Tätigkeit mit Frondienst gleichgesetzt. Und der ist ja verboten unter Eheleuten.
    Jedenfalls koste ich das sehr aus, dass ich sie da in der Hand habe. Ich sage ihr dann schon in der Limousine auf dem Weg zum Bayerischen Hof:
    »Also Schnuffi, für heute Abend bist du wieder meine Assistentin. Du weißt, woher das Wort kommt?«
    Sie verdreht die Augen und guckt mich genervt an. Sie weiß es, will es nur nicht artikulieren. Aber ich schone sie nicht und bringe das zu Ende.
    »Von assistieren. Das kommt aus dem Lateinischen und heißt, Du tust was ich sage.« Ich liebe den Filmball.
    MEINE DREI ARABER
    Ich sprach ja schon davon, dass meine Kinder die Schreisucht meiner Frau geerbt haben. Nun könnte man sagen: Vito und Maya sind auch von mir (zumindest sprechen viele Indizien dafür) – sie müssten also auch einen Teil meines dezenteren Kölner Gemüts mitbekommen haben. Dennoch scheinen die europäischen Gene machtlos gegenüber den Arabischen, denn ich muss immer wieder feststellen, dass meine Kinder typisch orientalische Verhaltensmuster an den Tag legen. So feilschen sie zum Beispiel wahnsinnig gerne.
    Wenn Viktoria und ich mal gemeinsam mit unseren Kindern einkaufen gehen und wir eine Metzgerei betreten, spielt sich ungefähr folgende Szene ab.
    Wir sind noch nicht ganz durch die Tür, da brüllt mein Sohn in arabischer Grundlautstärke:
    »Metzger, gib
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