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Lauf, so weit du Kannst!

Lauf, so weit du Kannst!

Titel: Lauf, so weit du Kannst!
Autoren: Tim Bowler
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richtig. Ich sehe auch noch dauernd diese anderen Gesichter. Alle. Mehr als ich zählen kann. Sie gehen mir nicht aus dem Kopf.
    Noch mehr verdammte Tränen. Ich wische mir mit dem Ärmel über die Augen. Die Wunde tut wieder weh, Gott sei Dank. Denn ich will lieber an sie oder sonst was denken. Ich fasse an das Pflaster. Es ist nass, aber es hält noch, gerade so. Ich bin inzwischen zum Umfallen müde.
    Ich muss mich auf meinen Plan konzentrieren. Ich muss Jaz und alle anderen vergessen und mich nur auf meinen Plan konzentrieren. Ich muss ihn durchziehen. Das ist jetzt das Wichtigste. Ich muss mich zum Versteck durchschlagen, essen, ausruhen und warten, bis es dunkel wird. Und dann zur Autobahn laufen und verschwinden.
    Ich hebe das Messer auf, klappe es zu und stecke es weg. Meine Taschen sind jetzt ganz vollgestopft. Ich setze die Kapuze auf, schleiche zur Seite der Kirche und schaue mich um. Keine Spur von irgendwem. Zurück zum Ausweichfriedhof und zwischen die Bäume. Ich laufe quer durch das Wäldchen auf die Straße zu. Jetzt höre ich wieder einen Wagen.
    Ich kauere mich hin und spähe durchs Gebüsch.
    Ein Van fährt zurück in die Stadt. Sein Motor klingt genau wie der, den ich vorhin gehört habe. Und ich hatte recht. Es ist die Bande. Ich erkenne Tammy auf dem Beifahrersitz und Riff am Steuer. Ich sehe ihnen nach, bis sie weg sind.
    Ich denke wieder an Jaz. Sie sitzt in diesem Van, außer Sicht. Und ich kann nicht mit ihr reden, Bigeyes. Ich kann nichts in Ordnung bringen. Los, komm. Wir müssen hier raus. Diese Stadt bedeutet nur noch Schmerz.
    Ich laufe nach links, zum Zaun runter, und schaue mich um. Die Luft ist rein. Über den Zaun auf die Wiese. Wir müssen zu der kleinen Straße da drüben, aber wir halten uns von der Hauptstraße fern, okay? Wir überqueren die Wiese. Dieser Teil ist der beste. Hier ist das Gras am höchsten. Aber wir müssen aufpassen. Wir sind immer noch leicht zu sehen, wenn jemand von der Anhöhe hinter uns runterschaut.
    Der Schmerz in meinem Kopf wird schlimmer, während ich durch die Wiese laufe. Ich mache eine Verschnaufpause. Ich fühle mich jetzt total schwach, wie ein Wrack voller Probleme, die mich fertigmachen. Es ist nicht nur Jaz. Es ist der ganze Mist, der mir einfällt, wenn ich an sie denke. Ich weiß nicht, warum. Sie kann nichts dafür. Sie ist bloß ein Kind. Sie hat kein Wort gesagt. Sie hat mich nur mit diesen Elfenaugen angeschaut. Aber sie hat etwas in mir geöffnet.
    Und ich habe Angst vor dem, was da drin ist.
    Weiter, verdammt, ich muss in Bewegung bleiben. Vielleicht hilft mir das dabei, mit dem Denken aufzuhören. Die halbe Wiese ist geschafft und dort ist die kleine Straße. Siehst du die Mauer? Die Straße ist dahinter. Aber wir können sie noch nicht benutzen. Nicht bei Tag. Wir müssen warten, bis es dunkel wird. Aber ich weiß ein Versteck.
    Rauf zur Mauer. Ich schaue mich um. Keine Spur von irgendwem, der uns beobachten könnte. Jetzt müssen wir besonders vorsichtig sein. Wir müssen außer Sicht bleiben. Kein Mensch darf uns sehen. Wir bleiben auf dieser Seite der Mauer und folgen der Straße nach links.
    Nur ein Stück. Das Versteck ist nicht weit von hier. Dort können wir uns ausruhen, bis es dunkel wird. Aber wir müssen uns ducken, unterhalb der Mauer bleiben. Es ist eine ruhige Straße, aber wir gehen kein Risiko ein. Nicht jetzt, wo wir so nahe dran sind.
    Weiter, dicht an der Mauer entlang. Duck dich tiefer, Bigeyes. Bleib unten. Die Wiese ist auch gefährlich. Das Gras wird bald dünner. Aber ich hoffe, dass wir hier trotzdem einigermaßen sicher sind. Die Wiese wird weiter vorne breiter, sodass wir vom anderen Ende aus wohl kaum zu sehen sind.
    Jetzt wird die Wiese immer breiter. Schau nach vorn, ein paar Kilometer. Siehst du die Anhöhe dort? Unterhalb davon verläuft die Autobahn. Diese kleine Straße führt unter ihr durch und von dort ist es nur ein Katzensprung bis zur Raststätte. Aber da gehen wir erst später hin. Jetzt schau vor dich. Dichtes Gebüsch, und dann macht die Mauer einen Bogen nach rechts, siehst du? Okay, lauf weiter, dicht an der Mauer entlang – und jetzt schau da.
    Eine kleine Bogenbrücke.
    Und darunter ein Graben.
    Das ist das Versteck. Unter der Brücke. Ich habe da schon mal geschlafen. Und da können wir jetzt wieder unterkriechen. Ich folge der Mauer um die Kurve, bleibe an
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