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Lauf, so weit du Kannst!

Lauf, so weit du Kannst!

Titel: Lauf, so weit du Kannst!
Autoren: Tim Bowler
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Bilder.
    Das achte Lebensjahr, und dann die Veränderung, die große Veränderung. Es war davor schon übel, aber nun wird es noch übler. Neue Orte, neue Gesichter, neue Gefahren. Große neue Gefahren. Aber auch ich werde gefährlich. Das kannst du mir glauben. Auch ich werde gefährlich.
    Und es beginnt mir zu gefallen.
    Das neunte Lebensjahr, das zehnte. Weitere Veränderungen. Ich begegne Becky, der lieben Becky. Endlich erfreuliche Bilder, aber auch neue Gefahren, neue Gesichter. Die meisten kann ich nun erkennen. Da sind nicht mehr viele Schatten. Die Erinnerungen vor dem siebten Lebensjahr waren verschwommen. Doch diese späteren Bilder sehe ich klar.
    Und sie gefallen mir nicht.
    Da sind mir die Schatten fast lieber. Sie bedeuten nichts Gutes, aber wenigstens kann ich nicht erkennen, worum es sich handelt. Diese anderen Bilder kann ich nicht übersehen. Jedes ist wie das Messer, mit dem Trixis Bruder mir den Kopf aufgeschlitzt hat.
    Und sie kommen zu schnell. Ich will dem Tod sagen, dass er langsamer machen soll, aber ich traue mich nicht. Wie gesagt, mit ihm ist nicht zu spaßen.
    Das zehnte Lebensjahr. Ja, ich sehe immer noch das zehnte Lebensjahr. Es dauert, bis das durchgelaufen ist, weil darin so viel passiert ist. Zu viel. Es wird zur Qual. Ich will da raus. Ich verliere allmählich den Verstand. Das einzig Gute ist Becky.
    Dann verliere ich auch sie.
    Das elfte Lebensjahr. Die Zeit, in der es hart auf hart kam, in der alles zu viel wurde. Und dann bin ich weg.
    Nur dass ich nicht weg bin. Ich bin fortgelaufen, habe den alten Ort weit hinter mir gelassen. Ich habe mich in die Stadt geflüchtet und tot gestellt. Ich hielt das für eine gute Idee. Aber ich hätte es besser wissen sollen. Es war eine Schnapsidee. Drei Jahre lang ging es gut.
    Aber sie mussten mich irgendwann finden.
    Und bei diesen Typen nützt Totstellen nichts. Der einzige Tod für sie ist der richtige Tod. Und der ist nicht gestellt. Denn der Tod ist kein Spiel. Nicht für diese Typen.
    Es kommen immer mehr Bilder. Je näher ich dem Augenblick komme, in dem mich das Messer getroffen hat, desto besser scheine ich alles zu sehen. Vielleicht liegt das nur daran, dass es noch nicht so lange her ist. Aber das glaube ich nicht. Der Tod achtet nicht darauf, wie er einem was vorsetzt. Er knallt es einem einfach vor den Latz. Und jetzt lässt er den Film so schnell ablaufen, dass ich kaum noch mitkomme.
    Da sind die Plätze in der Stadt, wo ich gepennt habe, als ich noch auf der Straße lebte. Die Verlierer, mit denen ich in Gassen, Hauseingängen, Schuppen und Ruinen herumhing, nachdem ich mitbekommen hatte, wo sie so hingingen.
    Dann fand ich meine eigene Art, mich durchzuschlagen, und meine Hütten.
    Die Häuser, Wohnungen und anderen Räumlichkeiten, in denen ich es mir gemütlich machte. Von allen schießen mir Bilder durch den Kopf. Und von den Leuten, die ich gesehen habe. Von den Schlägern, denen ich in der Stadt aus dem Weg ging. Und von den Gangs, die mich in die Mangel nahmen.
    Wie Trixis Bande.
    Und dann Mary. Die weißhaarige alte Mary mit dem verrückten Hund. Ich sag dir noch was über den Tod, Bigeyes. Er ist unfair. Nun, da er mich bekommen hat, könnte er mir ja sagen, was an jenem Tag in dem Bungalow passiert ist.
    Aber nein.
    Wie gesagt, er ist echt gemein.
    Er zeigt mir noch mal das Haus und die Typen. Ich sehe, wie sie einbrechen. Paddy und sein Kumpel und der dicke, haarige Kerl. Ich sehe mich wegrennen und höre wieder die Schüsse. Zweimal knallt es laut in meinem Kopf.
    Peng! Peng!
    Aber ich kann immer noch nicht sehen, was in dem Bungalow passiert ist. Warum zeigt der Tod mir das nicht?
    Weil er es nicht erwarten kann, mir die nächsten Bilder vorzusetzen. Trixis Leiche auf dem Fußboden. Paddy, der mit einem hämischen Grinsen an der Tür steht. Die panische Becky, die das Fenster einschmeißt, durch das wir beide fliehen.
    Aber ich weiß immer noch nicht, was mit Mary passiert ist. Denn alles bewegt sich wieder. Da sind ich und Bex und nun auch die kleine Jaz. Ich weiß noch nicht, dass sie Trixis Kind ist. Bex hat mir erzählt, Jaz wäre ihr Kind. Aber das war gelogen.
    Der Film läuft weiter. Bex verschwindet, Jaz verschwindet. Ich finde beide wieder. Aber ich treffe auch auf die Mädchenbande. Und auf Riff. Und auf Dig, Trixis Bruder, den Obermacker mit dem Messer.
    Und die Typen sind auch immer noch hinter mir her.
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