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Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition)

Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition)

Titel: Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition)
Autoren: Mark Hodder
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Das Nachspiel von Afrika
    Alles, was dir das Leben in den Weg legt,
    ist eine Gelegenheit.
    Ganz gleich, wie schwierig.
    Ganz gleich, wie verstörend.
    Ganz gleich, wie undurchschaubar.
    Ganz gleich, wie du es wertest.
    Eine Gelegenheit.
    LIBERTIN-PROPAGANDA
    B ei Gott! Er hat sich umgebracht!«
    Sir Richard Francis Burton taumelte zurück und ließ sich auf seinen Stuhl fallen. Die Nachricht, die Arthur Findlay ihm überreicht hatte, flatterte zu Boden. Die anderen Männer wandten sich ab, setzten sich, begutachteten ihre Fingernägel und zupften an ihren Hemdkragen; kurz: Sie taten alles, um den Blick auf ihren ergriffenen Kollegen zu vermeiden.
    Von ihrem Platz auf der Schwelle zum Ankleideraum, verborgen durch die halb geschlossene Tür, konnte Isabel Arundell sehen, dass sich die sonst so dunklen und eindringlichen Augen ihres Geliebten vor Entsetzen geweitet hatten. Verwundbarkeit sprach aus ihnen. Seine Kieferknochen mahlten, als versuche er verzweifelt, etwas Unverdauliches zu zerkauen und hinunterzuschlucken. Sie sehnte sich danach, zu ihm zu eilen, um ihm Trost zu spenden und zu erfragen, welche Botschaft ihn so getroffen hatte; doch vor der kleinen Versammlung wäre ein solches Verhalten unschicklich gewesen und hätte Richard zudemin Verlegenheit gebracht. Im Vergleich zu den anderen verlor er nie den Boden unter den Füßen, ganz gleich wie düster die Lage war. Allein Isabel war sich seiner Empfindsamkeit bewusst; und niemals wollte sie Grund dafür sein, diese vor anderen zu entblößen.
    Viele Leute – zumeist diejenigen, die ihn »Dick, den Schläger« nannten – betrachteten Burtons martialisch gutes Aussehen als Manifestation seiner inneren Stärke. Dass er an sich zweifelte, hätten sie sich niemals vorstellen können. Doch nun, da sie ihn so erschüttert sahen, kam ihnen vielleicht doch in den Sinn, dass er nicht ganz der Teufel war, der er zu sein schien, trotz des scharfen Oberlippen- und gespaltenen Kinnbartes.
    Es war schwierig, an einer solch mächtigen Fassade vorbeizuschauen.
    Das Komitee hatte sich gerade erst um den Tisch versammelt, doch nach einem kurzen Blick auf Burtons qualvollen Gesichtsausdruck traf Sir Roderick Murchinson, Präsident der Royal Geographical Society, eine Entscheidung.
    »Wir wollen einen Moment unterbrechen«, murmelte er.
    Burton stand auf und hob protestierend die Hand.
    »Bitte, Gentlemen«, flüsterte er heiser, »setzen Sie die Versammlung fort. Die vorgesehene Diskussion wird zwar, das versteht sich von selbst, abgesagt werden müssen, doch wenn Sie mir eine halbe Stunde einräumen, könnte ich vielleicht meine Notizen durchgehen und einen kurzen Vortrag über das Indus-Tal vorbereiten, um das Publikum nicht zu enttäuschen.«
    »Das ist außerordentlich entgegenkommend, Sir Richard«, erwiderte eines der Komiteemitglieder, Sir James Alexander. »Aber wahrhaftig, dies muss ein schrecklicher Schlag für Sie sein. Sollten Sie es vorziehen …«
    »Gestatten Sie mir nur dreißig Minuten zur Vorbereitung. Die Leute haben schließlich Eintritt bezahlt.«
    »Nun gut. Wir danken Ihnen.«
    Burton wandte sich ab und ging unsicheren Schrittes zur Tür,trat hindurch, schloss sie hinter sich und stand vor Isabel. Er schwankte leicht.
    Mit einer Körpergröße von einsneunundsiebzig bedauerte er persönlich den fehlenden Zentimeter, der ihn zum Einsachtzig-Mann gemacht hätte, doch auf andere wirkte er, seinen breiten Schultern, dem Umfang seiner Brust, der schlanken und doch muskulösen Gestalt sowie seinem überwältigendes Charisma zum Dank, wie ein Riese, selbst neben viel größeren Männern.
    Das kurze schwarze Haar trug er nach hinten gekämmt. Seine Haut war dunkel und wettergegerbt, was seinen kantigen Gesichtszügen etwas Arabisches verlieh. Betont wurde dieser Eindruck noch durch die markanten Wangenknochen, die Haut darüber von Narben entstellt. Auf der linken Wange prangte eine kleinere, aber über die rechte zog sich eine lange, tiefe und gezackte Narbe, die sein unteres Augenlid leicht nach unten zog. Es waren die Ein- und Austrittswunden eines somalischen Speers, der ihm während einer verhängnisvollen Expedition nach Berbera, am Horn von Afrika, das Gesicht durchbohrt hatte.
    Für Isabel waren diese Narben Zeugnis einer verwegenen und furchtlosen Seele. Burton war in jeder Hinsicht der Mann ihrer Träume. Er war eine wilde, leidenschaftliche und romantische Person, ganz im Gegensatz zu den biederen und gefühlskalten Männern, die sich auf dem
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