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0388 - Der Tote mit meinem Gesicht

0388 - Der Tote mit meinem Gesicht

Titel: 0388 - Der Tote mit meinem Gesicht
Autoren: Der Tote mit meinem Gesicht (1 of 2)
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Sorgfältig traf ich die Vorbereitungen für Chas Kormans Ermordung. Ich benötigte einen halben Tag. Dann war das meiste getan. Ich durchdachte noch einmal meinen Plan, prüfte die Einzelheiten, konnte keinen Fehler, kein Versäumnis entdecken und war mit mir zufrieden.
    Der späte Nachmittag ging in den Abend über. Das braune Licht der warmen Augustsonne wich den violetten Schatten der Dämmerung. Im Schlafzimmer des weißgetünchten Bungalows, der mir seit zwei Wochen gehörte, zog ich mich um. Durch die engmaschigen Gardinen blickte ich hinaus in den großen grünen Garten, der das Haus von allen Seiten umgab. Bis zur Straße — dem Garden Grove Boulevard im Süden von Los Angeles — maß der saftige, englische Rasen über zwanzig Schritt.
    Bevor ich den Bungalow verließ, ging ich noch einmal durch alle Räume. Es waren da: mein Schlafzimmer — zur Straße hin gelegen, daneben: das Bad, die Küche, das erste Gästezimmer und die Diele. An der Rückfront des Hauses lagen die Fenster des zweiten Gästezimmers und des großen, holzgetäfelten Wohnraums, der über einen Kamin verfügte und mit breiter Panoramascheibe auf eine Terrasse wies.
    Die Anordnung der Räume war ein wesentlicher Bestandteil meines Mordplans.
    Um 18.38 Uhr schloß ich die Haustür hinter mir und ging hinüber zur Garage, in der mein weißer Chevrolet Sportwagen vom Typ Corvette Sting Ray stand. Im Handschuhfach lag eine 45er Coltpistole. Sie war geladen. Bevor ich auf den‘Boulevard kurvte, schob ich die Waffe in den Hosenbund. Auf eine Schulterhalfter, die bedeutend bequemer gewesen wäre, hatte ich verzichtet Ich wollte nicht den Eindruck eines »Routiniers« erwecken.
    Während der zwei Wochen, die ich bis jetzt in Los Angeles verbracht hatte, war mein Bekanntenkreis klein geblieben. Dennoch hatte ich gleich zu Anfang zwei Leute kennengelernt, die ich jetzt in meinen Plan einbeziehen wollte. Es waren Harry Massa, ein Häusermakler in meinem Alter; und Peter Netti, seines Zeichens Werbefachmann bei einer kleinen Agentur.
    In dem Club-Haus eines Tennis-Vereins waren sie mir über den Weg gelaufen. Ich hatte mit ihnen und einem blauäugigen Girl ein Doppel gespielt, gewonnen, anschließend einer Flasche »Old Grand Dad« den Hals gebrochen und am folgenden Tage mit den beiden gepokert. Heute hatten wir das gleiche vor.
    Der Tennis-Club lag in der Nähe von Disney-Land. Es gab sechs Beton-Plätze. Als ich ankam, wurde nicht mehr gespielt.' Hinter den Fenstern des weißen Club-Hauses zuckte gerade das erste Lampenlicht auf. Ich fuhr auf den kleinen Parkplatz, stellte meinen Corvette neben einem roten Jaguar ab und ging über die Terrasse zur weitgeöffneten Glastür.
    Der Blues, der hinaus in den Abend tönte, brachte einen Hauch von Sentimentalität mit. So ähnlich war auch die Stimmung im Club-Haus. Hinter der Bar stand Johnny, ein Filipino. Mit haselnußbraunen Augen starrte er vor sich auf die Thekenplatte und träumte von den grünen Bergen seiner Heimat.
    Einziger Gast war ein junges, verliebtes Pärchen. Es hockte an einem Fenstertisch, hielt Händchen, tauchte Blick in Blick und schmachtete sich an — nach den Klängen des schmalzigen Blues.
    Ich trat an die Bar und schreckte Johnny aus seinen Träumereien.
    »Guten Abend, Mister Cassidy«, sagte er und lächelte traurig.
    »'n Abend, Johnny. Sind Massa und Netti noch nicht hier?«
    »Nein, Sir. — Einen Whisky?«
    Ich nickte und erhielt einen »Old Grand Dad« — mit zwei exakt geformten Eiswürfeln und einem Schuß Soda-Wasser.
    Ein paar Minuten vergnügte ich mich schweigend mit dem Drink. Der Blues war abgelaufen, und Johnny legte eine andere Platte auf. Sie war flott und schmissig und riß das verliebte Pärchen ziemlich hart aus seiner sanften Stimmung.
    »Hallo, Bob.« Die röhrende Stimme gehörte Massa. Ich drehte mich um und blickte zur Terrassentür.
    Netti und Massa kamen herein. Sie trugen Straßenanzüge und schienen gut gelaunt zu sein. Massa war ein klotziger Mensch mit breitem, rotem Gesicht und den Resten einer ehemals blonden Haarpracht. Er hatte Angst vor einer totalen Glatze und pflegte den verbliebenen Flaum mit allerlei Tinkturen, was ihm das Gespött seiner Freunde einbrachte. —- Netti war schwarzlockig, dunkelhäutig und ziemlich italienisch. Neben Massa wirkte er schlank — fast zart.
    Wir begrüßten uns mit dem üblichen Lärm. Die beiden kletterten neben mir auf die Barhocker. Nach einiger Zeit roch die Luft nicht nur nach Zigarettenqualm.
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