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Lakefield House (German Edition)

Lakefield House (German Edition)

Titel: Lakefield House (German Edition)
Autoren: Faith Washington
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die Matratze für das Bett im großen Schlafzimmer.
    Das zwei mal zwei Meter große, extrem teure und angeblich sehr rückenfreundliche Unterbett war zu einer Rolle verschnürt, die nun mühevoll die Treppe hinaufbuxiert wurde. Als Rebecca sie auf der Mitte des Bettes abgelegt hatte und die Plastikschnüre mit ihrer Nagelschere durchschnitt, schossen die Enden auseinander, um wie in den dunklen Holzrahmen des Bettes hineingegossen zu landen. „Perfekt.“
    Wie ein kleines Mädchen nahm sie einige Schritte Anlauf und machte einen Bauchklatscher auf ihr neues Bett. Sie landete weich und nach ein paar federnden, geräuschlosen Bewegungen des Lattenrosts blieb sie regungslos und selig mit ausgestreckten Armen liegen. Zum ersten Mal seit langer Zeit durchflutete sie ein wirklich glückliches Gefühl.
     
    Erst als sie sicher war, dass sie das Muster der Matratze auf der Wange hatte, setzte sie sich wieder auf und notierte sich geistig, dass sie noch ein Laken kaufen musste. Ihr Bett in London war schmal und unter eine Dachschräge gequetscht gewesen. Ganz sicher bot sich keine Gelegenheit, dass ihr neues Bett etwas von ihrem alten aufzutragen hatte.
    Sie ging nach unten und nahm sich den ersten Karton vor. Darin verstaut waren all die Dinge, die in ihrem alten Schreibtisch gelegen hatten. Vieles davon hatte sie seit Jahren nicht in der Hand gehalten: Schulzeugnisse, Urkunden von Sportwettbewerben und Liebesbriefe aus der sechsten Klasse, die sie sich damals mit einem hübschen, aber leider recht unterbelichteten Jungen geschrieben hatte, dessen grausige Rechtschreibfehler schließlich die Beziehung zerstört hatten.
    Unter den Schulsachen war auch der Karton mit den Andenken an ihre Großmutter, ein Poesiealbum aus den Dreißigerjahren, ein Stapel Briefe ihres Großvaters, der mit einem roten Seidenband umwickelt war.
    Rebecca griff im Karton nach einer kleinen Schmuckschatulle. Sie war aus dunklem Holz, das abgegriffen war und eine glänzende Patina am Deckel hatte. Vorsichtig fuhr sie die geschnitzte Rosenintarsie nach, die über dem kleinen Schloss war, und öffnete es mit dem Schlüssel, der darin steckte.
    Auf einem blauen Samtkissen lag das Amulett, das sie als Kind immer getragen hatte. Erst als die Tränen ihren Blick trübten, begriff Rebecca, wie viel es ihr bedeutete.
    Die Kette, die ebenfalls auf dem Kissen lag, war eines Tages gerissen und aus Angst es zu verlieren, hatte Rebecca beschlossen das Amulett sicher zu verstauen. Sie war damals kaum zwölf Jahre alt gewesen, erinnerte sich, dass ihre Großmutter ihr gesagt hatte, sie würde es für sie aufbewahren, und konnte nicht begreifen, dass sie es jemals vergessen hatte.
    Damals als die Kette gerissen war, war zusammen mit dem Wunsch sie zu reparieren das erste Mal in ihr der Gedanke aufgekommen, dass sie gerne Goldschmiedin werden wollte.
    Sie öffnete die kleine goldene Schließe des Anhängers, in dem die Bilder ihrer Eltern waren. Links ihre Mutter, rechts ihr Vater. Rebecca folgte mit dem Finger der Gesichtskontur ihrer Mutter. Sie fand, dass sie einander ähnlich sahen. Die langen dunklen Haare, die vollen Lippen, die beinah herzförmig waren. Leider war auf den kleinen Schwarzweißbildern nicht zu erkennen, von wem sie ihre Augen hatte. Beide waren schon so lange tot, dass sich Rebecca nicht mehr an sie erinnern konnte. Vorsichtig klappte sie das Amulett wieder zu und steckte es in ihre Geldbörse. Sobald ihre Werkzeuge ausgepackt waren, beschloss sie die alte Kette zu reparieren und es wieder zu tragen.
    Nun waren nur noch die violetten Briefumschläge im Karton, deren Absender Rebecca nicht kannte. Ihr fiel auf, dass einer der Briefe noch gar nicht geöffnet war. Er schien alt, die Ecken abgestoßen, die Farbe verblasst. Warum hatte sie ihn nie gelesen?
    Da Rebeccas Großmutter schon über zwei Jahre tot war, hätte sie sicherlich einen Blick in den Brief riskieren können. Aber sie wollte sich nicht als Eindringling fühlen. Als Schnüfflerin.
    Der Stapel blieb also unberührt, und vorsichtig wurde alles, wieder in den Karton gelegt, der wiederum im Schlafzimmersideboard verstaut wurde.
    Rebeccas lautstarkes Magenknurren nahm ihr die Entscheidung ab, was als nächstes ausgepackt wurde: Der Küchenkarton.
    Ihre Besitztümer, was Geschirr, Besteck, Töpfe und Pfannen anging, füllten nicht einmal einen Bruchteil der üppigen Wandschränke. Der leere Karton flog achtlos auf die Terrasse und das Magenknurren verlangte dringend nach einem Pizzaservice.
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