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Koks und Karneval

Koks und Karneval

Titel: Koks und Karneval
Autoren: Thomas Ziegler
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Mann tatsächlich bestohlen worden ist, soll er sich ans nächste Revier wenden.«
    »Dat han ich em och jesaat, ävver dä dät wie jeck nach sin Jeld schreie un …«
    »Heppekausen! Noch ein Wort, und Sie können über Karneval die Asservatenkammer fegen! Haben Sie mich verstanden?«
    »Secher, Schäff. Ich kann Se jot verston. Ävver dä Tünnes kütt …«
    Kaminski fluchte und schaltete ab.
    »Mein Geld! Die verdammten Schlampen haben mir mein Geld geklaut!«
    Der kleine Dicke kam wutschnaubend in die Halle gestürmt und blickte sich wild um. Einen Atemzug später begann auch der Glatzkopf an den Münztelefonen loszuschreien.
    »Mein Geld! Ich bin bestohlen worden!«
    Kaminski spürte den unwiderstehlichen Wunsch, seinen Dienstausweis zu zücken und den ganzen Bahnhof für verhaftet zu erklären. Er mußte die Nerven behalten. Wenn Lorcaz bemerkte, daß die Polizei im Bahnhof war …
    Lorcaz!
    Dort kam er!
    Nadelstreifenanzug, protziger Zobelmantel, maßgefertigte Lederschuhe und mit einem Kilo Schmuck behangen: Brillantringe, Goldkettchen, diamantbesetzte Krawattennadel, Manschettenknöpfe aus Platin, Rolexuhr. Eine Narbe zog sich von seinem linken Auge bis zum Kinn und verlieh ihm ein verwegenes Aussehen. Er grinste so frech und breit, wie nur ein kriminelles Arschloch mit drei Kilo Koks im Koffer grinsen konnte.
    Den Koffer hielt er locker in der rechten Hand; es war ein kleiner, kompakter Aktenkoffer, wie ihn Millionen Geschäftsleute besaßen. Im Abstand von zehn Schritten folgten ihm die Kollegen Hubschmidt und Weber.
    Jorge Gabriel Lorcaz, dachte Kaminski, du bist im Arsch.
    Von der U-Bahn-Treppe näherten sich die kreischenden Micky-Mäuse. Lorcaz stutzte, schüttelte den Kopf, rückte seine Krawatte zurecht und ging weiter.
    Kaminski starrte die Krawatte an.
    Hoffentlich kamen die übergeschnappten Weiber nicht …
    Die Mäuse stürzten sich auf Lorcaz. Eine hatte plötzlich eine Schere in der Hand und grabschte nach seiner Krawatte. Der Kolumbianer wich entsetzt zurück, und das einzige Ergebnis war, daß er sich selbst strangulierte; die fette Maus hielt ihn gnadenlos an seinem Binder fest.
    »Oh, nein!« sagte Kaminski.
    Der Kolumbianer holte mit dem Koffer aus und schmetterte ihn der scherenschwingenden Maus an den Kopf. Sie röchelte und klappte mit glasigen Augen zusammen. Die anderen Mäuse quiekten vor Wut und fielen gemeinsam über ihn her.
    Eine kreischte wie von Sinnen: »Was hast du mit Anna gemacht? Was hast du kleiner Scheißer mit Anna gemacht?«
    Lorcaz holte wieder mit dem Koffer aus, aber bevor er zuschlagen konnte, wurde ihm ein spitzes Mäuseknie zwischen die Beine gerammt. Sein Gesicht wurde grau, und er krümmte sich zusammen. Eine besonders aggressive Maus riß ihn an der Krawatte hoch und versetzte ihm einen Kinnhaken, der einem weniger zähen Burschen den Kiefer gebrochen hätte. Lorcaz ließ den Koffer fallen und sank röchelnd zu Boden.
    Kaminski entschied, daß die Zeit zum Eingreifen gekommen war. Er stürzte los und packte eine der Mäuse an der Schulter.
    »He, Sie, sehen Sie denn nicht, daß …«
    Sie sprang ihn an. Kaminski wurde von der Wucht des Aufpralls umgeworfen und schlug hart mit dem Hinterkopf auf den Steinboden. Ihm wurde schwarz vor Augen. Benommen blieb er liegen.
    Die Maus setzte sich auf seine Brust und schrie: »Anna, schnell! Ich hab’ ihn! Ich hab’ ihn!«
    »Runter mit Ihnen!« keuchte Kaminski. »Sie wissen nicht, wen Sie …«
    Die Maus zerrte an seiner Krawatte und schnürte ihm die Luft ab.
    »Schnell, Anna! Der Kerl bewegt sich wieder!«
    Kaminski röchelte, holte mit der Faust aus und erwischte sie dicht unter dem Ohr. Die Maus kippte zur Seite, aber ehe Kaminski aufstehen konnte, war Anna mit der Schere über ihm.
    »Du kleiner Scheißer!« schrie sie. »Ich sollte dir die Eier abschneiden!«
    Die Schere klapperte. Aber zum Glück schnitt ihm Anna nur die Krawatte ab. Sie heulte triumphierend auf und machte sich mit der Trophäe davon. Kaminski rappelte sich auf – und wurde von der singenden Pappnase gerammt. Sein Kopf prallte krachend gegen den Fahrplankasten. Stöhnend sackte er zusammen.
    »… ja, ja, ein Pferd auf’m Flur … «
    »Mein Geld! Rück mein Geld raus, du Schlampe!«
    »Meine Brieftasche! Her mit meiner Brieftasche!«
    »Au, verdammt, hören Sie auf, mich zu beißen. Ich bin Polizist!«
    »Mach ihn fertig, Anna!«
    »Zu Hilfe, Chef! Sie kratzt mir die Augen aus!«
    »Zorras! Fulanas! Mi maleta! Mi maleta!«
    »Chef, Chef,
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