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Koks und Karneval

Koks und Karneval

Titel: Koks und Karneval
Autoren: Thomas Ziegler
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Beine, fischte seine Aktentasche aus der Pfütze und befingerte fahrig den Rest seiner Krawatte, als könnte er immer noch nicht fassen, was mit ihm geschehen war.
    Völlig durchnäßt schlich er davon.
    Kaminski schüttelte schockiert den Kopf. »Einfach unglaublich! Ein klarer Fall von Körperverletzung und Sachbeschädigung! Und so was ist hier in Köln wirklich erlaubt?«
    »Dat es Wieverfastelovend [3] , Schäff«, sagte Heppekausen. »Die Lück han sich die janze Zick dadrop jefreut.«
    Kaminski griff unwillkürlich nach seiner eigenen Krawatte.
    »Ene jode Jedanke«, bestätigte Heppekausen. »Bloß wech domit. Die jecken Wiever losse sich prinzipijell op keine Diskösch in, Schäff.«
    »Reden Sie keinen Quatsch, Heppekausen«, knurrte Kaminski. »Ich bin Kriminalbeamter. Mir schneidet keine übergeschnappte Emanze die Krawatte ab!« Er sah zur Bahnhofsuhr hinüber; zwei Minuten vor acht. »Okay, es geht los. Fragen Sie noch mal bei der Zentrale nach, ob die Abhörschaltung von Hoballas Telefon steht. Vielleicht ruft Lorcaz schon vom Bahnhof aus an, und ich möchte nicht, daß es irgendwelche Pannen gibt.«
    »Jot, Schäff.« Heppekausen griff nach dem Funkgerät. »Ävver passe Se bloß op die jecken Wiever op!«
    Kaminski knurrte nur, stieg aus und warf die Autotür zu. Der Wind blies ihm den Regen ins Gesicht. Er schlug den Kragen seines Trenchcoats hoch und eilte zum Eingang, wo ihm Kriminalkommissar Schmöller nervös unter seinem Schirm entgegenspähte.
    »Ist es soweit, Chef?«
    Kaminski nickte. »In ein paar Minuten. Halten Sie sich bereit.«
    Er ließ Schmöller im Regen stehen und betrat die lärmerfüllte Bahnhofshalle. An der U-Bahn-Treppe watschelte ein Mann in einem Pinguinkostüm auf und ab und blies mißtönend auf einer Tröte. Kaminski ging zu den Kästen mit dem Fahrplanaushang hinüber und gab vor, die Fahrpläne zu studieren.
    Es war genau acht Uhr.
    Jorge Gabriel Lorcaz, dachte er, du bist im Arsch.
    »Da steht ein Pferd auf’m Flur, ein echtes Pferd auf’m Flur, ja, ja, ein Pferd auf’m Flur …«
    »Allmächtiger!« sagte Kaminski.
    Ein Mann mit Pappnase und schief sitzender feuerroter Perücke schwankte grölend durch die Halle, rammte fast den Fahrplankasten, bekam im letzten Moment die Kurve – und prallte krachend gegen einen Fahrkartenautomaten. Kaminski wandte sich schaudernd ab. Hinten an den Münztelefonen fielen der blonde Clown und die schwarzhaarige Hexe über einen stämmigen Glatzkopf her. Der Glatzkopf lachte blöde, als ihm die Blondine die Krawatte abschnitt und das rituelle Bützche gab. Die Hexe fummelte währenddessen an ihm herum, als wollte sie ihn vergewaltigen oder ihm die Brieftasche klauen oder beides, aber die Glatze lachte nur noch blöder.
    Kaminskis Walkie-talkie summte.
    Er drehte sich wieder zu den Fahrplänen um und ging auf Empfang.
    Es war Hubschmidt, einer der beiden Kollegen, die auf dem Bahnsteig postiert waren. »Der Zug rollt ein, Chef.«
    »Okay. Einsatzleiter an alle. Halten Sie sich bereit. Wir gehen wie besprochen vor.«
    Er ließ das Walkie-talkie wieder in der Tasche verschwinden und sah zu den Münztelefonen hinüber. Die beiden Weiber hatten sich aus dem Staub gemacht. Der grinsende Glatzkopf stand noch da und wühlte in seinen Taschen nach Kleingeld zum Telefonieren. Dann gefror sein Grinsen. Offenbar vermißte er sein Geld; offenbar hatte ihm die Hexe tatsächlich die Brieftasche geklaut. An der U-Bahn-Treppe kam es zu einem Tumult. Die vier fetten Micky-Mäuse waren wieder da und tanzten mit dem trötenden Pinguin. Vom fröhlichen Treiben angelockt, stieß die singende Pappnase dazu, verlor das Gleichgewicht, hielt sich am Pinguin fest und riß ihn mit die Treppe hinunter. Die Micky-Mäuse kreischten vor Vergnügen. Von unten drangen dumpfe Hilfeschreie herauf, gefolgt vom Gesang der Pappnase.
    »… ja, ja, ein Pferd auf’m Flur …«
    Kaminskis Walkie-talkie summte wieder.
    Es war Heppekausen.
    »Schäff! Schäff! Da bängliche Möp es widder do un dät ene janz widderliche Krawall mache!«
    »Wie? Was?« fragte Kaminski irritiert. »Welcher Möp? Wovon reden Sie überhaupt?«
    »Do leever Jott! Dä Möp, dä jrade vun denne jecken Wievern fädich jemaacht woode es. Die Wiever han dem Tünnes nit bloß sin Krawatt jekläut, die han och sin Jeld jekläut! Wat soll mer do maache, Schäff?«
    »Machen Sie mich nicht wahnsinnig, Heppekausen! Lorcaz kann jeden Moment auftauchen, und Sie belästigen mich mit dieser Scheiße! Wenn der
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