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Von Kühlschrankdrachen, Superhelden, Feen und anderen Normalitäten des Lebens

Von Kühlschrankdrachen, Superhelden, Feen und anderen Normalitäten des Lebens

Titel: Von Kühlschrankdrachen, Superhelden, Feen und anderen Normalitäten des Lebens
Autoren: Sissi Kaiserlos
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Der Drache, der aus dem Kühlschrank kam
    Nach einem feuchtfröhlichen Abend findet Sinja in ihrem Kühlschrank einen Gast: Wolfgang von Hengstenberg, ein Drache, der ihre sauren Gurken liebt und eine Aufgabe hat. Nur welche?
     +++++
    Es war einer dieser Mädels Abende, die in Sinja den dringenden Wunsch nach männlicher Begleitung weckten. Sowohl Anna als auch Emma ließen kein gutes Haar an ihren zuhause gebliebenen besseren Hälften. Ob es nun der nicht getätigte Abwasch oder der nicht rausgebrachte Müll, die dreckigen Socken unter dem Bett oder das heimlich Bohren in der Nase war, egal. Die Kerle schienen rundherum faul, dreckig und unmöglich zu sein. Sinja seufzte leise und wünschte sich, sie könnte auch etwas beitragen.
    Aber dafür brauchte es einen faulen, dreckigen Kerl und den hatte sie nicht. Eigentlich hatte sie gar keinen Mann und das schon seit – mal überlegen – seit Großtante Elviras achtzigstem Geburtstag. Also seit zwei Jahren. Genau diesen Geburtstag hatte sich nämlich Martin ausgesucht, um sie zu verlassen, für eine Jüngere. Sinja schnaubte leise. Dabei war sie erst gerade mal dreißig geworden.
    „Sinja?“ Anna wedelte vor ihrem Gesicht mit der Hand herum. „Erde an Sinja, willst du noch was trinken?“
    Der freundliche Kellner mit den Schlitzaugen lächelte und wartete geduldig, bis Sinja ihre Bestellung aufgegeben hatte. Reisschnaps. Am besten ganz viel und ganz schnell, damit sie ihr Elend vergaß.
    „Du kannst so froh sein, dass du Single bist“, meinte Emma und sah Sinja neidisch an. „Wie schön muss es sein, nach Hause zu kommen und nicht als Erstes über die Schuhe des Hausherrn zu stolpern, der sie natürlich an Ort und Stelle liegengelassen hat, damit seine Frau sie ordentlich wegräumen kann.“
    „Hmpf“, machte Sinja und griff nach dem Reisschnaps.
    Mit einem Zug schluckte sie das Zeug herunter und fühlte sich schon leichter. Es war inzwischen der dritte Schnaps und der zeigte endlich Wirkung. Sinja nahm sich einen Glückskeks aus der Schale, die der Kellner zusammen mit der Rechnung auf den Tisch gestellt hatte. Das ungenießbare Gebäck zerbröselte sie und nahm den Zettel heraus.
    „Ha“, meinte sie und sah ihre Freundinnen an. „Nun hört euch das an: ‚Lade einen Gast in dein Haus und bewirte ihn. Es wird dein Schaden nicht sein.’ Sehr witzig. In meinem Kühlschrank befindet sich ein Glas saure Gurken und ein abgelaufener Joghurt. Als wenn ich damit jemanden bewirten könnte.“
    Emma kicherte und las ihren Zettel vor: „Verzeih die kleinen Sünden. Es könnte schlimmer kommen.“
    „Hm“, machte Anna. “Das kann ja nur bedeuten, dass dein Kerl dich vielleicht auch noch betrügt. Aber nun hört mal das hier: ,Sei deines eigenen Glückes Schmied. Nur du kennst den Schlüssel‘.“
    Anna zerknüllte den Zettel und warf ihn auf den Tisch, während Sinja wieder auf ihren Spruch starrte. Drei Reisschnäpse später verließ sie mit ihren Freundinnen das Restaurant. In angenehmer Betrunkenheit saß Sinja dann in der Bahn und formulierte in Gedanken die Einladung.
Lieber Fremder, der du saure Gurken liebst, sei mein Gast. Ich lade dich ein.
Sie kicherte leise vor sich hin, während sie von der Bahnstation nach Hause wankte.
     
    Als Sinja ihre Wohnung betrat, quietschte es laut unter ihrem Fuß auf. Erschrocken machte sie das Licht an und entdeckte erleichtert den Plüschdrachen, auf den sie versehentlich getreten war. Er musste von der Kommode gefallen sein. Sinja hob ihn auf und setzte ihn zu seinen Artgenossen auf den Schrank. Dann schleuderte sie müde die Schuhe von den Füßen und warf ihre Tasche und Jacke in eine Ecke. Zeit fürs Bett.
     
    Es war ungefähr drei Uhr morgens, als stechender Durst und das Gelüst auf eine saure Gurke Sinja aus dem Bett trieb. Ihr Kopf war immer noch benebelt von dem Reisschnaps, während sie im Halbschlaf in die Küche taumelte und den Kühlschrank öffnete. Sinja nahm dem Drachen das Glas mit den sauren Gurken aus den Pfoten und schloss die Tür. Verdammt, sie musste das Ding dringend mal saubermachen. Aus dem Joghurt war ja wirklich eine neue Lebensform… Äh, wo war denn der Deckel von dem Glas
?
Es klopfte und jemand rief gedämpft: „Hallo.“ Oder so ähnlich.
    Verwirrt sah Sinja von dem Glas zum Kühlschrank und zurück. Wieder dieses Klopfen. Ihre Finger begannen zu zittern. Schnell stellte sie die sauren Gurken auf die Arbeitsplatte und wischte sich die Handflächen an ihrem Pyjama ab. Ihrem
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