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Killerwelle

Titel: Killerwelle
Autoren: Clive Cussler
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haben musste. Für Cantor sah das Ganze aus, als hätten Diebe eine gesamte gotische Kathedrale gestohlen und nur die obersten zwanzig Meter ihrer Türme und Dächer zurückgelassen.
    Falls die Stadtväter die Absicht gehabt hatten, einen architektonisch noch weniger harmonischen Platz zu gestalten, konnte er sich nicht vorstellen, wie das möglich sein sollte.
    Vielleicht hätten sie noch irgendeinen Zeppelinhangar oder eine russisch-orthodoxe Kirche mit diversen Zwiebeltürmen hinzufügen können, dachte er und musste unwillkürlich grinsen.
    Vom Regen war nur noch ein kaltes Nieseln übrig, aber obwohl Cantor seinen Mantelkragen hochschlug, fanden die eisigen Tropfen einen Weg an seinem Hals entlang und weiter den Rücken hinab. Er sehnte sich nach einer warmen Dusche und einem heißen Grog und hoffte, dass er sich nicht ständig die wunde Nase putzen musste.
    Sein ramponierter Volkswagen parkte in der Newhall Street, und er war gerade in die Colmore Road eingebogen, als das Fenster auf der Fahrerseite einer eleganten Jaguar-Limousine leise nach unten schnurrte.
    »Dr. Cantor, kann ich Sie für einen Moment sprechen?« Die Stimme klang kultiviert und hatte einen kontinentalen Akzent – französisch, deutsch, vielleicht schweizerisch, was für Cantor wie eine Kombination der ersten beiden klang.
    »Oh, ich habe noch nicht promoviert«, stotterte er, als er das schwarze Oberhemd und die schwarze Krawatte des Mannes im dunklen Anzug erkannte, der hinter dem Lenkrad der Luxuslimousine saß.
    »Trotzdem haben Sie einen fesselnden Vortrag gehalten. Ich hätte mir gerne auch noch den Rest angehört, aber ich erhielt einen Anruf, den ich annehmen musste. Ich bitte Sie nur um ein paar Minuten Ihrer wertvollen Zeit.«
    »Es regnet.« Als er sich bückte, um in den Wagen zu blicken, schoss ein scharfer Schmerz durch Cantors überstrapazierte Nasennebenhöhlen.
    »Nicht hier drin.« Der Mann lächelte, oder zumindest verzogen sich seine Lippen, so dass seine Zähne zu sehen waren. »Ich kann Sie zu Ihrem Wagen fahren.«
    Cantor ließ den Blick durch die Straße wandern. Niemand war zu sehen, und sein Wagen war tatsächlich noch fünf Blocks weit entfernt. »Okay.«
    Er ging um die langgestreckte Motorhaube herum und hörte, wie das elektrische Schloss der Beifahrertür mit einem Klicken geöffnet wurde. Er ließ sich auf das weiche Leder gleiten. Das hölzerne Armaturenbrett der Limousine schimmerte im matten Schein der Anzeigeinstrumente.
    Der Fremde legte den Gang ein und lenkte den Wagen vom Bordstein weg. Der Jaguar war so leise, dass Cantor nicht einmal ein Motorengeräusch hörte.
    »Ein Bekannter von mir hat den Vortrag gehört, den Sie in der vergangenen Woche in Coventry gehalten haben, und war so beeindruckt davon, dass er mir davon berichtete. Ich musste ihn mir unbedingt selbst anhören.«
    »Verzeihen Sie, aber Sie sind …?«
    »Oh. Ich muss mich entschuldigen. Tony Forsythe.« Sie wechselten einen umständlichen Händedruck, weil Forsythe unter seinem linken Arm hindurchgriff, um das Lenkrad nicht loslassen zu müssen.
    »Und woher kommt Ihr Interesse für Marco Polo, Mr. Forsythe?«, fragte Cantor.
    Er nahm einige seltsame Schwingungen von dem Mann auf. Er war wohl um die vierzig und hatte ein unauffälliges Dutzendgesicht. Dabei war sein dunkles Haar so dicht, dass es auch ein Toupet sein konnte. Aber da war noch etwas anderes, und Cantor wusste auch, was es war. Seine Hände waren groß und voller Schwielen. Sein Händedruck war nicht besonders kräftig gewesen, aber Forsythes Hand hatte Cantors Hand praktisch verschlungen. Nach seiner Erfahrung hatten Männer in 1.000-Pfund-Anzügen und 60.000-Pfund-Automobilen keine schwieligen Hände.
    »Ich bin so etwas wie ein Amateurhistoriker, könnte man es beschreiben, und ich interessiere mich für dieses alte Buch und seinen Inhalt.«
    William Cantor hatte Ausschau nach einem Fisch gehalten, und nun hatte er plötzlich das Gefühl, als hätte er einen Hai erwischt. »Hm, mein Wagen steht in der Newhall.«
    »Ja, ich weiß«, erwiderte Forsythe, was Cantor misstrauisch werden ließ. Aber der Fremde fügte hinzu: »Wir sind sofort da. Sie erwähnten, dass der Besitzer des Buches nicht die Absicht habe, es zu verkaufen – ist das richtig?«
    »Ja, der Mann ist wohlhabend. Ich denke, er hat mich für einen Blick in seine Bibliothek nur deshalb bezahlen lassen, um mich zu ärgern.«
    »Und wurde nicht über einen Preis gesprochen?«
    »Nein. Ich musste nur
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