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Keks & Drugs & Rock 'n' Roll

Keks & Drugs & Rock 'n' Roll

Titel: Keks & Drugs & Rock 'n' Roll
Autoren: László Virág
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Horizontale.
    Vor einem Bankautomat steht eine lange Schlange. Meist gut gekleidete Männer , wenige Frauen. Neben dem Automat sitzt ein Bettler mit einem Schild um den Hals: Bitte habt Mitgefühl, ich bin seit dem und dem ohne Arbeit... undsoweiter...
    Die Menschen holen ihr Geld ab und laufen, ohne von dem Kerl Notiz zu nehmen, an ihm vorbei. Dadurch verkommt er auch zu einem Automat. Zu einem Automatendenkmal, das gerne Geld schlucken würde, aber irgendwie ist er jetzt außer Betrieb. Keiner will ihn benutzen und es nützt ihm selber nicht s, dass er in seine Lumpen gewickelt neben dem stählern lächelnden Geldspucker sitzt.
    In dem breiten Gang sitzen einige alten Vagabunden auf ihrer Bagage und unterhalten sich fröhlich, wie jene Familien dort in New Orleans an ihren Kaffeetischen mit Kuchen. Unterschied nur: Die Torte fehlt. Der Kaffee wird sowieso durch den Flachmann, der versteckt die Runde macht, ersetzt. Sie lassen sich nicht durch die hektische Menge aus der Gemütlichkeit bringen. Sie sind die Kinder der Straße. Fühlen sich an jedem öffentlichen Ort Zuhause.
    In der Toilette scheinen sich Andere zuhause zu fühlen. Die Klotür ist vollgekritzelt. Verse, Zeichnungen, Partnersuchanzeigen, falsch verstandene Graffitis, Poeten und Wichser haben ihre, in „Keim“ erstickte Talenten und Nachwüchse an die Wand gebracht... Neben einem geflügeltem Phallus ermutigt ein Gedicht zum masturbieren. Darunter die wissenschaftliche Erklärung: „WEIL ES GESUND IST!“ Rund herum Namen und Telefonnummern. Alle schwören auf das männliche Geschlecht. Ruf mich an... undsoweiter...
    Vielleicht ist es deswegen so schwer, ein freies Telefon zu bekommen. Ich weiß es wirklich nicht. Aber alle Apparate sind belegt. Selbst an der Stelle, wo diese achtmal acht Telefonzellen stehen, in Reih und Glied. Es gibt welche, in denen telefoniert wird, in anderen wiederum wird einfach gepennt. Vor den Telefonreihen läuft ein Schwarzer Kerl auf und ab und erzählt und erzählt. Ein schlanker Kerl mit hübschem Gesicht, trägt Sonnenbrille, wie die Helden und Ganoven in den Action Filmen. Seine weite Khakihose rutscht an seinem Hintern runter, aber das stört ihn nicht, er hat noch eine schwarze Levi’s drunter. Er redet zu einem Typ namens Jack, aber so laut, dass alle mithören sollen.
    „Irgendwann bist du dran, du wirst es sehen Jack. Irgendwann landest du noch im Knast für deine Bescheißerei. Aber das haste verdient, weil du dumm bist. Du spielst dich hier auf! Du denkst wohl, dass du der beste Telefonknacker bist. Dumm bist du, verstehst du! Dumm! Mein Arsch kann mehr, mehr als dein Hirn...“
    Die Menschen bleiben eine Weile stehen und beobachten die Szene. Drei Latino-Kerle recherchieren vor den Telefonzellen an dem Tisch in den Telefonbüchern. Bei dem Wort Arsch lachen sie laut auf. Für einen Moment erscheint der andere Schwarze Typ auch an der äußeren Reihe. Kommt vor bis zu den Telefonbüchern und ve rsucht selber zu lachen:
    „Hehehe, Michael, das war wohl ein toller Witz.“ Er denkt, damit hat sich ’s.
    Apropos , Michael. Bei dem Namen fällt mir ein, ich hatte diesen Typ schon mal gesehen. Klar! So eine klare Nirosta Stimme kann nur er haben. Und sein Stil. Er ist derjenige, der am Ende des Sommers, da in dem Waschraum des Busbahnhofes diesen „Nigger-Weißen“ Monolog rezitierte.
    Er kümmert sich nicht um Jacks Bemerkung und setzt einfach seinen Monolog fort.
    „Du kannst ruhig lachen Jack, aber das hilft dir nicht. Du bist ein Betrüger! Ein Dieb! Du schreibst anderen Leuten die Kartennummern ab und die verkaufst du. Du denkst, du bist der Telefon King. Anderen die Telefonkarten zu klauen , ist keine Kunst. Es ist Raub! Das kann doch das doofste Arschloch auch, den Menschen die Telefonkarten abzugucken.“
    Die Latinos lachen wieder auf. Aber es hört sich sehr gewollt unecht an. Ich weiß! Eins zu eins weiß ich, dass sie auch Telefonganoven sind. Deswegen blättern sie in den Telefonbücher mit Kugelschreiber in der Hand. Tun nur so als, ob sie sich köstlich amüsieren würden. Auf Jack’s Kosten, der sich nicht mehr zu zeigen traut. Er hat sich irgendwo in einer Zelle verdrückt. Die Leute, die neu dazukommen, wissen gar nicht mehr, von wem die Rede ist. Ein dicker Mann jedoch steht die ganze Zeit hier und hört zu. Er hat eine dicke Zigarre im Mund und sieht aus, als wär er gerade aus einem Charley Chaplin Film herausgetreten. Jedoch der grauhaarige Mann, in dieser Gespreizten-Beinen
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