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Keks & Drugs & Rock 'n' Roll

Keks & Drugs & Rock 'n' Roll

Titel: Keks & Drugs & Rock 'n' Roll
Autoren: László Virág
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man mir das abnimmt, fahre ich mit dem Bus, wenn nicht, dann trampe ich. Ist doch einfach. Der Bus fährt um Eins los. Bis dahin haben wir noch drei Stunden. Vielleicht können wir Alligatoren anschauen.
    „Gut“ meint Toby. „Komm ich zeige dir die Gegend.“
    Abschied von Mam. Wir umarmen uns und sie küsst mich auf die Wange. Es stört sie nicht, dass mein Gesicht immer noch rot ist. Wie zwei Brüder laufen wir zum Wagen. Einer bringt den Anderen zum Bahnhof. Und Mam winkt uns hinterher.
    Orangenplantagen begleiten unsere Straße runter zu den Lagunen. Wir rollen über Brücken. Palmen beugen sich in den kleinen Buchten über den parkenden Booten und Yachten. An der kleinen Siedlung, wo ich gestern die Bananen gekauft hatte, parken wir vor dem Supermarkt ein.
    „Ich habe hier eine kleine Arbeit“ sagt Toby. „Komm lass uns diese erstmal erledigen.“
    Die Haitianer Jungs sind dort und zwei ärmlich aussehende Frauen. Auch aus Haiti. Sie verteilen den Dünger, den wir gestern auf den Anhänger geladen hatten. Es sind insgesamt acht Leute.
    „Nun, das ist eine meiner Kolonnen“ zeigt er auf sie. „Die besten Arbeiter, sie schuften sich zwar nicht kaputt, aber sie machen alles, wie ich es wünsche. Wir haben zweihundert verschiedene Pflanzen und zwanzig Wohngebiete. Mal arbeiten wir hier, mal da. Hier ist alles machbar. Schau, dieses Wohngebiet hier, es ist gerade mal zwei Jahre alt. Wir haben alles fertig angepflanzt.
    „Die großen Palmen auch?“ frage ich mit Skepsis.
    „Oh, die sind die einfachsten. Die haben kurze Wurzeln. Einen blühenden Lavendel auszupflanzen ist viel heikler. Aber, wie gesagt, wir finden für alles eine Lösung. Siehst du dort den kleinen Teich? Der wurde auch mit dem Bagger ausgehoben.“
    In der Mitte des Teiches ist ein Springbrunnen. Der Rasen wird nicht vom Wasser unterbrochen, sondern rennt weiter mitten durch den Teich und setzt sich auf der anderen Seite fort. Der Boden ist auch ganz grün.
    „Siehst du. Letzte Woche zogen sogar die Alligatoren ein.“
    Na endlich! Freue ich mich, aber zu früh (oder zu spät), denn im Moment ist nicht mal ein einziger drin.
    „Das ober ste Prinzip bei jedem Neubau, bei dem man die Sümpfe trocken legt, oder Wälder rodet, ist, dass es dort nachher mehr Pflanzen geben soll als vorher. Eine ganz clevere Baupolitik.“
    „Ja, ja. Aber wo sind die Alligatoren?“
    „Weiß ich nicht. Vielleicht ist das Wasser hier viel zu sauber für sie.“
    Wir setzen uns mit drei Haitianern, zwei Männern und einer Frau, in den Wagen und fahren zu einer anderen Stelle.
    „Na, wie sehen wir denn so zusammen aus? Wie ein Haufen Gypsys hahaha“ sagt Toby und die ganze Bagage lacht. „Diese Kerle hier sind richtig Meister im Sparen. Stimmt’s Jungs?“
    „Hihihi“ kichern sie.
    „Von zweihundert in der Woche legen sie hundertfünfzig weg“ prahlt Toby.
    „Nich imme... gibs mal auch nur hundert.“ Kichern sie.
    - Ist gar nicht so schwer, sie zu verstehn. Muttu nur rittig zuhörn. -
    D ie nächste Siedlung ist noch schöner und kitschiger. Bunte Häuser. Eins von denen ist mit blauen Dachziegeln bedeckt. Wie ein Märchenhaus. Das Schloss des Blauen Prinzen. Oder sowas. Ein Kanaan. Voller Blumen, blühenden Bäumen, Palmen, duftenden Rasenteppichen und bunten Bürgersteigen. Und der Himmel dazu! Mensch, der Himmel! Blau, dass man ihn schöner nicht malen könnte. Alles ist perfekt. Nur die Haitianer stechen aus dem harmonischen Bild heraus. Zerrissene Schuhe, verschlissene Klamotten. Sogar die Frau trägt zerlöcherte Schuhe. Sie packt mit ihren rissigen Händen die Werkzeuge genau wie die Jungs an. Aber fröhlich und zufrieden sind sie alle. Und tun, was Toby ihnen sagt. So kann man sie ruhig alleine lassen.
    „Es gibt hier in Florida eine Menge Arbeiter aus Haiti “, erklärt mir Toby. „Es muss bei denen zu Hause eine wahnsinnige Armut herrschen. Sie sind hier vier-fünf Jahren lang weit weg von ihren Familien. Die beiden Jungs sind auch verheiratet und so ernähren sie ihre Kinder und noch einen Haufen Verwandter. Sie schicken monatlich ein-zweihundert Dollar nach Hause und ihre Familien dort können davon leben. Sie sparen an allem. Sie wohnen zu viert in einem Zimmer. Es gibt welche, die zu acht wohnen. Aber sie sind nette Menschen. Die dankbarsten Leute...“
     
    Lagunen, kleinere Häfen, Brücken, Orangenbäume… Letzter Tango in Florida. Zweiunddreißig Grad Celsius und Toby umarmt mich in der Bushaltestelle, als hätte er seinen
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