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Keks & Drugs & Rock 'n' Roll

Keks & Drugs & Rock 'n' Roll

Titel: Keks & Drugs & Rock 'n' Roll
Autoren: László Virág
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kleinen Bruder hierher gebracht und geht Mittagessen...
    In der Wartehalle befindet sich ein kleines Büro. Ich frage den jungen Kassierer ob es heut wirklich einen Bus nach New York gebe.
    „Ühüm.“ Kein Wort mehr.
    „Der fährt wirklich um ein Uhr los?“
    „Ühüm.“
    „Aber es ist schon nach eins.“
    „Ühüm.“
    Ich sehe, dass andere auch warten und frage ihn: „Dann hat der Bus wohl heute Verspätung?“
    „Ühüm.“
    Mehr kriege ich aus dem gelangweilten Kerl nicht heraus. Ich schiebe ihm das mit sorgfältiger Schlampigkeit zusammengefaltete Ticket unter die Nase, als hätte ich es lange Zeit locker in meiner Hosentasche getragen.
    „Gut, dann stemple bitte das hier ab! Bis nach New York City.“
    Er nimmt es entgegen. Schaut es lustlos an.
    „Man kann das Datum fast gar nicht mehr erkennen “, sagt er in der Erwartung auf Antwort.
    „Ühüm“ sage ich völlig automatisch.
    Er schaut mich an. Das erste Mal! Er füllt das letzte Blatt bis nach Jacksonville aus.
    „Der ist noch fünf Tage gültig“ sage ich ihm.
    „Ühüm. In Jacksonville bekommst du ein anderes Heft für die fünf Tage.“
    „Aha, gut. Danke !“
    „Ühüm .“
     
Florida - New York City Non Stop
     
    Der Bus ist angenehm leer, bessergesagt nur halb voll. Eine wahnsinnige Luftkühlung. Ich friere in meinen kurzen Hosen und T-Shirt. Schnell, lange Hose, und langärmeligen Pullover her! Aber als wir bei Daytona Beach eine halbe Stunde Pause machen, werde ich draußen förmlich von der Hitze erschlagen. Also, nichts wie wieder die kurzärmeligen Klamotten anziehen. Blumen, Kakteen, Palmen. Sommer mitten im November. Ich kann davon nicht genug kriegen. Wieder im Bus, ziehe ich mich nicht mehr um, bleibe so wie ich bin. Stülpe nur den Schlafsack über und setzte mich ans Fenster.
    In Jackson ville tauschen sie ohne weiteres mein volles Ticketheft gegen ein neues aus und eine Seite wird gleich für die nächste Strecke ausgefüllt. Bis Raleigh, Nordkarolina. Wozu müssen die für jede größere Station ein neues Blatt ausfüllen? Warum nicht gleich bis New York City? Aber, `s ist deren Problem. Der Beamte mit dem blauen Hemd war von meinem zerschlissenen, undurchsichtigen Ticketheft nicht gerade begeistert, daher markiert er in dem neuen das Datum nicht mit der Tinte, sondern löchert die Zeitleiste gleich an den entsprechenden Stellen durch. Huch, habe ich Glück, das sie es nicht gleich in New York City so getan hatten. Hehehe...
    Vor dem Fenster des Busses zieht der Sommer vorbei. In Florida wuchern die Pflanzen vor Lebenskraft . Sommer volle Kanne! Zugewucherte Orangen-Haine, lianenbewachsene, wildwüchsige Palmenwälder voller Grün, wie Dschungel. Und die vielen Blumen überall! Kleinere Farmen und Gehöfte baden in der Sonne...
    In Georgia sind die Blätter schon in Herbstfarben getauft. Das Laub wird immer spärlicher. Fa rbenprächtige bunte Wälder...
    In Südkarolina regnet es und die Bäume sind schon nackt. Die Natur hat sich schon entblößt. Der schwere nasse Boden wartet nur noch auf den Winter. Obendrein wird es dunkel...
    Im Bus herrscht eine lockere Atmosphäre. Nach einer Weile fangen die Leute sich zu unterhalten an. Einfach ohne Hemmung. Ich wurde auch gleich, als ich mich hingesetzt hatte, von einer alten Dame angesprochen.
    „Hello, wie geht’s? Wohin denn?“
    Nellie ist siebzig und sie fährt auch nach New York City. Sie erzählt mir von ihrer Kindheit, in den Zwanzigern, als es noch keine Klimaanlagen in den Wohnungen gab.
    „Wir wohnten damals direkt neben dem Central Park und wenn die Nächte im Sommer zu heiß waren, sind wir mit Decken und Kopfkissen runter in den Park gegangen und schliefen dort draußen. Ganze Familien! Das waren schöne Zeiten... Wir Kinder freuten uns jedes Mal, wenn die Hitzewelle kam, und unser Papa zu uns sagte: „Nun Kinder, heute schlafen wir unten.“ Aber wo sind diese Zeiten schon... Heutzutage ist die Gegend dort schon am Tage lebensgefährlich... Trotzdem, New York City ist immer noch mein Lieblingsort. Einmal im Jahr besuche ich meine Tochter und meine Geburtsstadt...“
    Ich spüre gleichfalls schon ein Kribbeln in mir. New York City! Jedoch blutet mein Herz, den Sommer hier zu verlassen. Ich weiß gar nicht mehr, wie das Wetter draußen ist, hier in dem Bus wird jetzt kräftig geheizt. Mein anderer Gesprächspartner, ein junger Kerl aus dem Staat New York, schläft schon hinten in seinem Sitz.
    Wir sehen uns wieder in Nordkarolina, als wir den Bus wechseln
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