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Der Historiker

Der Historiker

Titel: Der Historiker
Autoren: Elizabeth Kostova
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    Ein Hinweis an den Leser
     
     
     
    Die folgende Geschichte wollte ich eigentlich nie zu Papier bringen. Kürzlich jedoch hat mich eine Art Schock dazu gebracht, mir noch einmal zu vergegenwärtigen, was für mich und einige der mir liebsten Menschen zweifellos die beunruhigsten Ereignisse meines Lebens waren. Es ist die Geschichte, wie ich mich als sechzehnjähriges Mädchen auf die Suche nach meinem Vater und seiner Vergangenheit machte, wie er seinerseits nach seinem geliebten Mentor und dessen Vergangenheit suchte und wie wir uns alle auf einem der dunkelsten Pfade in längst vergangene Zeiten wiederfanden. Dieses Buch berichtet darüber, wer diese Suche überlebte und wer nicht – und warum. Als Historikerin habe ich gelernt, dass nicht jeder, der zurück in die Vergangenheit greift, das am Ende auch überlebt. Und es ist nicht nur dieses Sich-Zurückwenden, das uns in Gefahr bringt, manchmal greift auch die Vergangenheit selbst mit ihrer schattenhaften Kralle unerbittlich nach uns.
     
     
    In den sechsunddreißig Jahren, die seit den Geschehnissen, über die hier berichtet wird, vergangen sind, verlief mein Leben in vergleichsweise ruhigen Bahnen. Ich habe meine Zeit der Arbeit und ereignislosen Reisen gewidmet, meinen Studenten und Freunden, dem Schreiben historischer und weitgehend unpersönlicher Bücher sowie den Geschicken der Universität, in der ich am Ende Schutz suchte. Bei meiner Rückschau auf die Ereignisse damals habe ich das Glück, Zugang zu den meisten der fraglichen persönlichen Dokumente zu haben, da sie sich schon seit Jahren
    in meinem Besitz befinden. Wo ich es für angebracht halte, habe ich sie aneinander gereiht, um zu einer fortlaufenden Erzählung zu kommen, die ich von Zeit zu Zeit mit eigenen Erinnerungen auffüllen muss. Obwohl ich die ersten Geschichten meines Vaters so wiedergebe, wie er sie mir erzählte, stütze ich mich dabei doch sehr auf seine Briefe, die viele seiner mündlichen Berichte wiederholen.
    Zusätzlich zu diesen Quellen, die ich fast vollständig wiedergebe, habe ich jeden möglichen Weg der Erinnerung und Nachforschung beschritten, mitunter indem ich an einen Schauplatz zurückgekehrt bin, um die verblassten Bereiche meiner Erinnerung aufzufrischen. Die größte Freude haben mir dabei die Gespräche gemacht – in einigen Fällen die Korrespondenzen –, die ich mit den wenigen verbliebenen Gelehrten, die mit den hier geschilderten Ereignissen zu tun hatten, führen konnte. Ihre Erinnerungen waren Quellen von unschätzbarem Wert. Mein Text profitiert darüber hinaus von Gesprächen mit jüngeren Fachgelehrten verschiedener Spezialgebiete.
    Und es gibt noch eine letzte Quelle, auf die ich mich, wenn nötig, verlassen habe: die Fantasie. Das geschah immer mit größter Sorgfalt, indem ich für meine Leser nur erfunden habe, was aus meiner Sicht wahrscheinlich ist, und dies auch nur, wenn meine sachlich begründeten Vermutungen den vorhandenen Dokumenten in ihren eigenen Kontext beließen. Wo ich Ereignisse oder Motive nicht erklären konnte, habe ich sie aus Achtung vor ihrer verborgenen Wirklichkeit unerklärt gelassen. Die weiter zurückliegende Vergangenheit dieser Geschichte habe ich so sorgfältig recherchiert, wie ich es bei einem akademischen Text zu tun pflege. Die Einblicke in die religiösen und territorialen Konflikte zwischen einem islamischen Osten und einem jüdischchristlichen Westen werden dem heutigen Leser schmerzlich vertraut sein.
    Es ist so gut wie unmöglich, all jenen angemessen zu danken, die mir bei diesem Projekt geholfen haben; dennoch möchte ich wenigstens einige von ihnen nennen. Neben vielen anderen bin ich zutiefst dankbar: Dr. Radu Georgescu vom Archäologischen Museum der Universität Bukarest, Dr. Ivanka Lazarova von der bulgarischen Akademie der Wissenschaften und Künste, Dr. Petar Stoichev von der University of Michigan, dem unermüdlichen Personal der British Library, den Bibliothekaren des Rutherford Literary Museum und der Library of Philadelphia, Bruder Vasil vom Kloster Zographou auf dem Berg Athos und Dr. Turgut Bora von der Universität Istanbul.
    Meine große Hoffnung bei der Veröffentlichung dieses Buches liegt darin, dass es zumindest einen Leser finden wird, der es als das versteht, was es ist: ein cri de cœur. Ihm, diesem verständigen Leser, vermache ich meine Geschichte.
     
    Oxford, England, am 15. Januar 2008

 
     
     
     
    Teil eins
     
     
     
    Wie diese Papiere aneinander gereiht sind, wird bei
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