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Kein Job fuer schwache Nerven

Kein Job fuer schwache Nerven

Titel: Kein Job fuer schwache Nerven
Autoren: Heyne
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Als Erstes begannen wir, großflächig zu desinfizieren. Bei Alkoholkranken kann man nie wissen. Und dann reinigten wir den Vorraum von den Hinterlassenschaften der Freiwilligen Feuerwehr. Das verdreckte Bergetuch, die verschmutzten Styroporplatten, auf denen sie die Leiche abgelegt hatten, Handschuhe, Bretter, alles. Manchmal frage ich mich wirklich, ob man das nicht irgendwie besser lösen könnte.
    Nicht, dass ich den Kollegen da irgendwelche Vorwürfe machen will – es war schon ein Wahnsinn, wie sie den Toten überhaupt nach vorne hatten bringen können, ohne Platz. Und wie mir der Sohn erzählte, hatten die Feuerwehrleute wegen des Gestanks auch noch Atemschutzgeräte dabei, die sind also mit Schutzmasken und Atemlufttanks dahinten herumgekrochen, keine Ahnung, wie sie das geschafft haben. Und als sie die Leiche vorgeholt hatten und sie dann dalag, verwest und stinkend – im Vergleich dazu sind Bergetuch, Styroporplatten, Handschuhe, all diese Dinge natürlich ein Klacks. Auch der Bestatter, der den Leichnam holt, packt das Zeug selbstverständlich nicht ein, und dann bleibt es zurück und wirkt beinahe anklagender als die Leiche selbst. Aber vielleicht bilde ich mir das auch ein und die Angehörigen trifft das nicht mehr als die blutverschmierte Wand mit den Hautfetzen dran. Vielleicht denke ich mir überhaupt viel zu viel.
    Wir mixten eine Eiweißreinigerlösung und trugen sie mit einer Sprühflasche auf die verkrustete Blutschicht auf. Und dann machte ich mich mit dem Schrubber ans Anlösen. Es blieb mir gar nichts anderes übrig, weil Helga aufgrund ihrer weiblichen Anatomie noch weniger hinter die Tanks passte als ich. Ich versuchte mich dabei so dünn zu machen wie möglich, ich hielt den Schrubber senkrecht vor mich, das obere Ende des Stiels praktisch vor meiner Nase und unten mit der anderen Hand etwa auf Höhe meines Schritts, ungefähr die dämlichste Haltung, wenn man etwas effizient schrubben will, weil man praktisch keinen Druck auf den Bürstenkopf ausüben kann. » Ftt-ftt-ftt « , schrubbte ich, ungefähr fünf Zentimeter vor und fünf zurück, » ftt-ftt-ftt « . Ich hätte genauso gut einen Rasierpinsel nehmen können. Wir mussten wohl auf die Einwirkungskraft des Reinigers hoffen.
    Einstweilen organisierten wir die Wasserversorgung, einen Gartenschlauch von oben, den man direkt an den Hochdruckreiniger anschließen konnte. Helga nahm den E-Sauger, ich krabbelte wieder hinter die Tanks und griff mir zuerst den Schrubber. Der Schmodder fing an, sich großflächig zu lösen.
    Sehr schön.
    Und dann nahm ich mir den Hochdruckreiniger.
    Ich will hier nichts schlimmer darstellen, als es ist: Ein guter Hochdruckreiniger ist was Tolles. Aber richtig toll ist er eben nur unter einer Voraussetzung – dass man auch da hinsprühen kann, wo man hinsprühen will. Die 30 Zentimeter zwischen Tank und Wand zum Beispiel, das war richtig effektiv. Aber unterhalb der Tanks, da konnte ich nur raten, was ich grade machte. Also versuchte ich, systematisch vorzugehen, doch das war halt nur eine Systematik auf Verdacht und nach Gefühl. Anfangs war das noch nicht so problematisch, da half ja jeder Strahl – und den Erfolg unserer Arbeit konnten wir auch gut auf der anderen Seite ablesen, da wo Helga das Schmutzwasser wieder mit dem E-Sauger wegschlürfte. Das war zu Beginn eine furchtbare Dreckbrühe, aber nach einiger Zeit war das Wasser auch minutenlang klar, doch just in dem Moment, in dem man sich schon überlegte, die Arbeit einzustellen, erwischte man wieder einen jener Blutklumpen, und dann dauerte es wieder zehn Minuten, bis man sicher sein konnte, dass man den Klumpen und seine zähklebrigen Ränder ausgeschwemmt hatte. Ich habe zwei, drei Stunden versucht, den Sprühkopf in immer neuen Varianten unter die Tanks zu halten, eingekeilt – das war nichts für Leute mit Platzangst. 15 Liter Wasser passen in den E-Sauger, Helga hat das Ding mindestens 20 Mal ausleeren müssen, und ob wir nun vollständig fertig waren, ließ sich nur anhand der Sauberkeit des von ihr aufgesaugten Wassers ablesen.
    Nachdem wir 20 Minuten lang nichts mehr vorgespült hatten, beschloss ich, das für ein gutes Zeichen zu halten. Wir behandelten den gesamten Raum zum Abschluss mit Chlorbleichlauge, um sicherzugehen, und deren leicht miefigen Geruch neutralisierten wir hinterher nochmals.
    Ich besah mir den Keller. Ich war richtig zufrieden. Den Bodenanstrich würden die Hausbesitzer allerdings erneuern müssen. Diese Ölwannen
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